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Krankenkasse

1. Begriff und Merkmale: Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), in Deutschland in der Form von öffentlich-rechtlichen Körperschaften geführt, die aufgrund des SGB V tätig werden und Leistungen der GKV über Verträge mit Leistungserbringern organisieren und finanzieren. Die Krankenkassen sind organisatorisch und finanziell unabhängig und unterstehen der Aufsicht von Bund oder Ländern.

2. Gliederung: Die GKV ist in Deutschland durch eine Vielzahl von einzelnen Krankenkassen gekennzeichnet. Daher lassen sich die Krankenkassen verschiedenen Kassenarten zuordnen, das sind insbesondere Allgemeine Ortskrankenkassen (AOK), Betriebskrankenkassen (BKK), Innungskrankenkassen (IKK), landwirtschaftliche Krankenkassen (LKK) und Ersatzkassen (EK); außerdem gibt es die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (KBS). Dieses „gegliederte System“ der Krankenversicherung ist historisch gewachsen und hat sich bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts herausgebildet, wobei die Gliederung ein politisch befürwortetes Grundprinzip der GKV darstellt. Die traditionelle Zuweisung der Mitglieder zu den einzelnen Krankenkassen wurde mit dem Gesundheitsstrukturgesetz von 1992 zugunsten weitgehender Kassenwahlmöglichkeiten abgeschafft. Unter dem Wettbewerb verlieren die kassenartenspezifischen Merkmale an Bedeutung.

3. Organe: Organe der Krankenkassen sind der (ehrenamtliche) Verwaltungsrat und der von ihm für sechs Jahre gewählte (hauptberufliche) Vorstand. Der Verwaltungsrat wird im Rahmen der Sozialwahlen ebenfalls für sechs Jahre gewählt. Bei AOK, BKK und IKK ist er paritätisch von Arbeitgeber- und Versichertenvertretern besetzt, bei Ersatzkassen grundsätzlich nur aus Versichertenvertretern; der Verwaltungsrat der LKK besteht aus Vertretern der selbstständigen Landwirte. Bei der KBS sind die Organe – (ehrenamtliche) Vertreterversammlung und Vorstand sowie eine hauptamtliche Geschäftsführung – auch für die Rentenversicherung zuständig.

4. Leistungen: Die Krankenkassen stellen den Versicherten Leistungen zur Verfügung, soweit diese nicht der Eigenverantwortung der Versicherten obliegen. Dabei haben Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen (Sachleistungsprinzip), soweit gesetzlich nichts anderes vorgesehen ist. Dies bedeutet, dass die Leistungen, anders als in der privaten Krankenversicherung (PKV), nicht zunächst vom Versicherten bezahlt und dann vom Versicherungsunternehmen erstattet werden (Kostenerstattungsprinzip). Regelmäßig können die Leistungen nach Vorlage der elektronischen Gesundheitskarte in Anspruch genommen werden. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen Verträge mit den Erbringern von medizinischen Leistungen ab. Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, dass die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer (z.B. Ärzte und Zahnärzte) nicht bewirken und Krankenkassen nicht bewilligen. Lange Zeit waren die Leistungen allein auf das Vorliegen einer Krankheit ausgerichtet. In heutiger Zeit hingegen können bestimmte Leistungen im Rahmen der Prävention bereits dann in Anspruch genommen werden, wenn Risiken zum Erkranken erkennbar werden. Daneben werden Leistungen nicht nur im Zusammenhang mit einer Erkrankung, sondern auch bei Vorliegen einer Schwangerschaft oder Mutterschaft erbracht. Hinzu kommen Präventionsleistungen (Prävention). Die Leistungen der Krankenkassen sind heute zum größten Teil (ca. 95 %) im SGB V festgeschrieben. Sind die spezifischen Leistungsvoraussetzungen erfüllt, besteht auf die Leistungen regelmäßig ein Rechtsanspruch. Die Leistungen lassen sich im Wesentlichen unterteilen in: a) Leistungen zur Verhütung von Krankheiten und ihrer Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch. Dazu zählen Prävention und Selbsthilfe, betriebliche Gesundheitsförderung, Prävention arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren, Förderung der Selbsthilfe, primäre Prävention durch Schutzimpfungen, Gruppen- und Individualprophylaxe zur Verhütung von Zahnerkrankungen, medizinische Vorsorgeleistungen, Empfängnisverhütung, Sterilisation und Schwangerschaftsabbruch.
b) Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten. Dazu zählen Gesundheitsuntersuchungen und Kinderuntersuchungen.
c) Leistungen zur Behandlung einer Krankheit. Dazu gehört sowohl die Krankenbehandlung als auch das Krankengeld. Ein Anspruch auf Krankenbehandlung besteht, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Leistungen der Krankenbehandlung umfassen: Ärztliche Behandlung einschl. Psychotherapie, zahnärztliche Behandlung, Versorgung mit Zahnersatz einschl. Zahnkronen und Suprakonstruktionen, Versorgung mit Arzneimitteln, Heilmitteln, Hilfsmitteln und Verbandmitteln, häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe, Krankenhausbehandlung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verloren gegangen war. Neben den Leistungen der Krankenbehandlung kann zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage Krankengeld gezahlt werden. Unabhängig von einer vorliegenden oder drohenden Erkrankung werden Leistungen auch bei Schwangerschaft und Mutterschaft erbracht. Die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft umfassen ärztliche Betreuung und Hebammenhilfe, Versorgung mit Arznei-, Heil-, Hilfs- und Verbandmitteln, stationäre Entbindung, häusliche Pflege, Haushaltshilfe und Mutterschaftsgeld.

5. Entwicklungen: a) Die Zahl der Krankenkassen hat sich von rd. 1.200 Anfang der 1990er Jahre auf rund 120 (Stand Ende 2015) reduziert, insbesondere aufgrund von Fusionen unter dem Druck des Wettbewerbs – Tendenz weiter abnehmend.
b) Knapp 90 % der Bundesbürger sind bei einer Krankenkasse versichert, davon ca. 53 Mio. als beitragzahlende Mitglieder und 18 Mio. als familienversicherte Personen.
c) Auf die AOK und die Ersatzkassen entfallen jeweils mehr als ein Drittel der Versicherten. Der „Marktanteil“ der BKK liegt derzeit bei rund 18 %, der der IKK bei 8 %. Daneben weist die GKV noch einige Sondersysteme für Seeleute, Landwirte und Bergleute auf, deren Versicherungsträger die LKK und die KBS sind.
d) Grundsätzlich ist jede Krankenkasse von jedem Versicherten frei wählbar, und es besteht ein sog. Kontrahierungszwang, d.h. die Krankenkasse muss den Versicherten unabhängig von dessen Gesundheitszustand aufnehmen.
e) Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz 2007 wurde die Beschränkung, dass Krankenkassen nur innerhalb ihrer Kassenart fusionieren dürfen, mit Wirkung ab dem 1.4.2007 aufgehoben. Gleichzeitig wurde ein Spitzenverband Bund der Krankenkassen geschaffen, der seit dem 1.7.2008 die Aufgaben der bisherigen Spitzenverbände übernimmt.
f) Der Gesetzgeber greift inzwischen in die Finanzautonomie der Krankenkassen ein, da er mit Einführung des Gesundheitsfonds seit dem 1.1.2009 den (allgemeinen) Beitragssatz gesetzlich fixiert. Lediglich der Zusatzbeitragssatz wird von der Krankenkasse selbst in ihrer Satzung geregelt.

6. Abgrenzungen: Private Krankenversicherungsunternehmen als die Träger der PKV werden als Aktiengesellschaften (AG) oder Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG) tätig. Im Rahmen der Zusatzversicherung für gesetzlich Krankenversicherte bestehen seit 2004 (Inkraftreten von § 194 Ia SGB V) zahlreiche Kooperationen zwischen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungsunternehmen.

Autor(en): Prof. Dr. Jürgen Wasem

 

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