Wer vom neuen Höchstrechnungszins profitiert

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Der Höchstrechnungszins ist zum 1. Januar 2025 von 0,25 Prozent auf 1 Prozent gestiegen. Diese Anhebung führt bei manchen Verträgen zu höheren Garantieleistungen und besseren Rentenfaktoren. Dies zeigt eine Analyse des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Es ist die erste Anhebung seit 30 Jahren.

Insgesamt 232 Tarife von Berufsunfähigkeits- (BU), Risikolebens- und sofort beginnenden Rentenversicherungen hat der Verband anhand von elf Modellfällen analysiert, um zu sehen, wie sich der erhöhte Höchstrechnungszins auf die Vorsorgeprodukte auswirkt. Die drei Versicherungssparten wurden separat unter Berücksichtigung unterschiedlicher Modellfälle analysiert. Im BU- und Risikolebenssektor wird sich die Erhöhung in der Praxis aber nur bei Neuverträge niederschlagen.

„Die Garantieleistungen in der Berufsunfähigkeitsversicherung steigen um bis zu neun Prozent und in der Risikolebensversicherung um bis zu sechs Prozent“, betontet Moritz Schumann, stellvertretender GDV-Hauptgeschäftsführer, bei einem Pressegespräch. In der Rentenversicherung hat der Verband zudem bis zu rund 12 Prozent höhere Rentenfaktoren festgestellt. In der Risikolebensversicherung soll der Zinsanstieg für Kunden diverse positive Folge haben. So dass die Neukunden höhere Garantieleistungen erhalten, sprich höhere Todesfallleistungen. 

Fußnote: Lebensversicherer müssen Berufsunfähigkeitsrenten so kalkulieren, dass sie über viele Jahre hinweg sicher gezahlt werden können. Bei den Kapitalrücklagen dürfen die Versicherer den Höchstrechnungszins nicht überschreiten. Folglich führt eine Zinserhöhung zu steigenden Garantieleistungen für Neuverträge.

Risikolebensversicherung: Garantieleistungen um rund drei bis sechs Prozent gestiegen 

Wie bei der Berufsunfähigkeitsversicherung beeinflusst der Höchstrechnungszins auch die Kalkulation von Garantien in der Risikolebensversicherung. In seiner Analyse hat der GDV festgestellt, dass die Garantieleistungen je nach Modellfall im Mittel um rund drei bis sechs Prozent gestiegen sind. Ein Beispiel mit fünf Prozent höheren Garantien liege in der Mitte: „Hinterbliebene sind noch besser geschützt. Bei unserem Modellfall bedeutet der neue Höchstrechnungszins fast 10.000 Euro mehr“, skizzierte Schumann. Ausgegangen wurde dabei von einer Versicherungssumme in Höhe von 200.000 Euro vor der Anhebung des Höchstrechnungszinses.

Wie es sich bei der Rentenversicherung verhält

Bei Rentenversicherungen wirke sich die Anhebung des Höchstrechnungszinses insbesondere auf die Rentenfaktoren aus. Rentenfaktoren bestimmen die Höhe der monatlich garantierten Rente pro 10.000 Euro angespartem Kapital. Ein Rentenfaktor von 30 bedeutet zum Beispiel bei einem angesparten Kapital in Höhe von 10.000 Euro eine lebenslange Rente von 30 Euro pro Monat.

Bei vielen Rentenversicherungen ist der Rentenfaktor bis zum Rentenbeginn flexibel. Später wird er, basierend auf dem dann gültigen Höchstrechnungszins, für den gesamten Rentenbezug festgelegt. Durch den neuen Höchstrechnungszins soll sich die Garantierente auch bei Bestandskundinnen und Bestandskunden, die noch in der Sparphase sind, erhöhen. „Die Rentenfaktoren steigen – im Mittel sogar um zwölf Prozent. Das ist ein klarer Gewinn für Versicherte“, kommentiert Michael Fauser, Vorsitzender des Ausschusses Mathematik und Produktfragen im GDV und unter anderem Vorsitzender des Vorstands der Ergo Vorsorge Lebensversicherung AG, die Ergebnisse der Analyse.

Wer von steigenden Überschüssen profitiert

Abgesehen vom neuen Höchstrechnungszins profitieren Rentenversicherte zudem von dem seit 2021 insgesamt verbesserten Zinsumfeld. „94 Prozent der erwirtschafteten Kapitalerträge fließen an Kundinnen und Kunden. Durch die bessere Lage gehen wir, wie in den vergangenen Jahren von einer weiter steigenden Gesamtverzinsung aus”, so Fauser. Von steigenden Überschüssen profitieren insbesondere auch Bestandskundinnen und Bestandskunden.

Überschussbeteiligungen sind wichtig für die Gesamtleistung der Rentenversicherung, die sich aus der garantierten Rente plus Überschussbeteiligung ergibt. Bei den aktuellen Tarifen und Überschüssen dauert es etwa 21 Jahre, bis das Anfangskapital der Modellkundin voll ausgezahlt ist. 

Kunden setzen in jüngster Zeit deutlich weniger auf Garantien 

GDV-Mann Schumacher betonte im Kontext des Pressegespräches noch, dass die meisten Kunden in jüngster Zeit deutlich weniger auf Garantien setzen und weitaus seltener nach diesen fragen würden, da sie verstanden hätten, dass so ihre Kapitalmarktchancen steigen würden. Die Kunden hätten erkannt, dass Anlagen wie Aktien weitaus ertragsträchtiger seien. Selbstverständlich könnte man für besonders sicherheitsbewusste Kunden noch 100-prozentige Garantien aussprechen. Dies sei aber eher selten der Fall.

Künftig weiter steigende Überschussbeteiligungen möglich

Michael Fauser zeigte sich überzeugt, dass, obwohl dies ein Blick in die Glaskugel sein, man künftig von weiter steigenden Überschussbeteiligungen ausgehen könne. Ein Grund dafür sei, dass die Versicherer langfristig orientierte seien. Dies zeige sich auch darin, dass die Branche in jüngster Zeit verstärkt in Infrastrukturprojekte wie Mobilitätsprojekte wie Straßenbau, Eisenbahnverkehr und Telekommunikation investieren würden.

Grundsätzlich glaubt Fauser an die Schlagkraft der Lebensversicherung als Vorsorgeprodukt. Er unterstrich mehrfach, dass „die Lebensversicherung eine sehr sichere Anlage ist. Unter Risiko-Rendite-Gesichtspunkten gibt es nichts Besseres als die Lebensversicherung“. Wissenschaftliche Untersuchungen würde dies auch immer wieder beweisen.

Zinsanhebung macht die Produkte sicher attraktiver

Und wie wird sich der neue Höchstrechnungszins auf das Neugeschäft in der Versicherungsbranche auswirken? Fauser wollte hier keine Prognosen und Einschätzungen liefern, äußerte aber: „Das ist schwierig zu beurteilen. Die Nachfrage ist auch abhängig von den weiteren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Aber sicher ist, dass es die Produkte sicher attraktiver macht“.

Und wie wird sich das Angebot und die Nachfrage nach Riester-Produkten in naher Zukunft entwickeln? Fauser und Schumann schätzen die Lage ähnlich ein und sind sich einig, dass einige Versicherer schon wieder Riester-Policen anbieten und in diesem Jahr sicher weitere Angebote folgen werden. Zudem hoffen sie hier auf klare politische Signale, die durch das Ampel-Aus ausgebremst wurden.  Denn der enorme Verwaltungsaufwand, der bis dato Riester-Verträge auszeichnen würde, müsse endlich reduziert werden.

Quelle: GDV

 

Autor(en): Meris Neininger

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