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Selbstverwaltung

1. Begriff: Prinzip im Gesundheitswesen. Der Begriff bezeichnet in institutioneller Sicht zugleich die nicht-staatlichen Einrichtungen als Träger der Selbstverwaltung, denen wesentliche Steuerungsaufgaben im Gesundheitswesen zukommen.

2. Erscheinungsformen: Zu unterscheiden sind: a) die Selbstverwaltung bei den Krankenkassen, insbesondere durch die aus den Sozialwahlen hervorgegangenen Organe (Verwaltungsrat, Vorstand), näheres s.u.,
b) die Selbstverwaltung bei den Leistungserbringern, insbesondere durch die verkörperschafteten Kassenärztlichen Vereinigungen, Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und Bundesvereinigungen,
c) die gemeinsame Selbstverwaltung von Krankenkassen und Leistungserbringern, die sich durch Vertragsabschlüsse (z.B. Gesamtverträge zwischen Krankenkassenverbänden und Kassenärztlichen Vereinigungen) und die Wahrnehmung von Aufgaben in gemeinsamen Gremien äußert. Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) von 2003 hat der Gesetzgeber den Gemeinsamen Bundesausschuss als zentrales sektorübergreifendes Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung installiert. Sein Beschlussgremium setzt sich aus fünf Vertretern des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen, zwei Vertretern der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, zwei Vertretern der Deutschen Krankenhausgesellschaft, einem Vertreter der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern zusammen. Ferner nehmen fünf Patientenvertreter mit beratender Stimme an den Sitzungen des Gemeinsamen Bundesausschusses teil.

3. Aufgaben: Schwerpunkte der Selbstverwaltung liegen bei der Bestimmung des Leistungsumfangs der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und bei der Ausgestaltung der Vergütung der Leistungserbringer.

4. Wirkungen: Im Vergleich zu einem staatlich organisierten Gesundheitswesen sind den Beteiligten im deutschen Gesundheitswesen weitgehende Gestaltungsspielräume gegeben. Der Gesetzgeber hat in den vergangenen Jahren einerseits immer wieder eingegriffen und den Akteuren Regelungen vorgeschrieben, andererseits neue Aktionsräume eröffnet.

5. Selbstverwaltung bei den Krankenkassen (Details): Prinzip in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die Krankenkassen sind „rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung“. Selbstverwaltungsorgan ist der Verwaltungsrat, dessen Mitglieder im Rahmen der Sozialwahlen alle sechs Jahre von den Versicherten und Arbeitgebern gewählt werden. Für die Besetzung des Verwaltungsrats gilt der Grundsatz der Parität, d.h. jeweils die Hälfte der Sitze entfällt auf die beiden Gruppen der Versicherten und der Arbeitgeber. Abweichungen gibt es bei den Ersatzkassen. Bei zwei von den sechs Ersatzkassen besteht der Verwaltungsrat ausschließlich aus Versichertenvertretern. Der Grund liegt im Ursprung dieser Kassenart als berufsständisch geprägte Selbsthilfeeinrichtung, die ursprünglich keine Arbeitgeberbeteiligung in der Selbstverwaltung kannte. Der ehrenamtliche Verwaltungsrat einer Krankenkasse entspricht in etwa dem Aufsichtsrat einer privatwirtschaftlich tätigen Aktiengesellschaft. Er beschließt die Satzung und sonstiges autonomes Recht der Krankenkasse, wählt und überwacht den hauptamtlichen Vorstand, trifft Entscheidungen, die für die Krankenkasse von grundsätzlicher Bedeutung sind, stellt den Haushaltsplan fest und beschließt über die Entlastung des Vorstands (§ 197 SGB V). Demgegenüber ist der Vorstand, der seine Tätigkeit hauptamtlich ausübt, für das gesamte operative Geschäft und alle Verwaltungsangelegenheiten zuständig. Er besteht je nach Größe der Krankenkasse aus einem, zwei oder drei Mitgliedern. Die Wahl eines Vorstandsmitglieds erfolgt für sechs Jahre und setzt bestimmte berufliche Qualifikationen voraus. Der Verwaltungsrat kann ein Vorstandsmitglied vor Ablauf seiner Amtszeit abberufen, wenn es sich als unfähig zu ordnungsgemäßer Geschäftsführung erweist oder das Vertrauen des Verwaltungsrats verloren hat.

Autor(en): Dr. Eckhard Bloch, Prof. Dr. Jürgen Wasem

 

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