Risikomarge
Risk Margin.
1. Begriff: Bei der Dotierung einer versicherungstechnischen Rückstellung im Versicherungsunternehmen der Aufschlag zur Berücksichtigung des Risikos von Abweichungen der tatsächlichen Aufwendungen für einen Versicherungsvertrag vom Erwartungswert.
2. Ziele und Merkmale: Die Risikomarge berücksichtigt insbesondere das Risiko höherer Auszahlungsströme für Schäden bzw. Versicherungsleistungen (Zufallsrisiko, Irrtumsrisiko) und für den Versicherungsbetrieb. Sie wird in einer Höhe geschätzt, mit der planmäßig die Kapitalkosten verdient werden können. Die Berücksichtigung der Risikomarge bewirkt, dass der erwartungsgemäß von den Prämien nicht benötigte Teil zum Bilanzstichtag nicht in Gänze als Gewinn gezeigt wird, sondern teilweise als Entgelt für die Risikotragung zurückgestellt wird. Die Risikomarge realisiert sich planmäßig über die Vertragslaufzeit, d.h. über die Zeit der Risikotragung.
3. Internationale Rechnungslegung: Im Jahr 2010 hat das International Accounting Standards Board (IASB) einen Standardentwurf (Exposure Draft) veröffentlicht, der auf die Bewertung von Versicherungsverträgen eingeht. Auch hier wird für die Bestimmung der Rückstellungen zusätzlich zu den erwarteten Auszahlungsströmen eine Risikomarge zur Abbildung des Risikos und der Unsicherheit gefordert. Das IASB sieht eine explizite Bestimmung der Risikomarge vor. Die Risikomarge soll aber weder ein Mittel zur Ergebnisglättung sein, noch eine gewisse Sicherheit gewährleisten, dass die Rückstellungen der Höhe nach ausreichen, um die Verpflichtungen zu erfüllen. Eine bestimmte Technik zur Ermittlung der Risikomarge ist nicht festgelegt. Die Vorgabe ist insofern prinzipienorientiert; die Bestimmungsmethode ist im Einzelfall adäquat zu wählen.
4. Probleme: a) In der Risikomarge werden zwar positive wie negative Abweichungsmöglichkeiten berücksichtigt, doch gewichtet nach der Risikoaversion (Risikopräferenz) von Marktteilnehmern. Die Bewertung stellt damit keine neutrale Darstellung der zukünftigen Auszahlungsströme mehr dar.
b) Risikomargen sind nicht beobachtbar und auch nicht nachträglich verifizierbar und können daher nicht zuverlässig ermittelt werden.
c) Die Schätzungen der Risikomargen müssen zwar laufend aktualisiert werden, aber dennoch bleibt es bei einer hohen Subjektivität der Bewertung.
d) Schon die Quantifizierung von Änderungs- und Irrtumsrisiken ist kaum möglich. Für die nachfolgende Bewertung unter Einbezug der Risikoaversion von Marktteilnehmern stehen in der Praxis kaum Informationen zur Verfügung.
5. Solvency II: Nach Solvency II ist die Risikomarge ein Risikozuschlag auf den geschätzten Erwartungswert für eine Rückstellung, die bei der Bestimmung der Available Solvency Margin (siehe Anrechnungsfähige Eigenmittel) zu berücksichtigen ist. Für Zwecke der Bewertung in der Solvabilitätsübersicht schreibt § 78 VAG eine Bestimmung anhand der Kosten vor, die für die Bereitstellung der anrechnungsfähigen Eigenmittel erforderlich sind.
Autor(en): Dr. Frank Ellenbürger, Dr. Joachim Kölschbach