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Disease Management

Disease-Management-Programm, Chroniker-Programm.

1. Begriff:
Strukturierte Behandlung zur Verbesserung der medizinischen Versorgung spezieller chronischer Erkrankungen. Abgestimmte medizinische Behandlung eines definierten Krankheitsbilds auf der Grundlage wissenschaftlich abgesicherter Leitlinien. Bezieht sich damit auf die Krankheit als solche, nicht auf den einzelnen Krankheits- bzw. Patientenfall. Anders: Case Management. Siehe auch Managed Care.

2. Merkmale: Disease Management bietet einen integrativen Ansatz, bei der die Behandlungs- und Betreuungsprozesse von Patienten über den gesamten Verlauf der chronischen Erkrankung und über die Grenzen der einzelnen Leistungserbringer hinweg im Sinne einer systematischen, evidenzbasierten, sektorübergreifenden und kontinuierlichen Versorgung koordiniert werden sollen. Diagnostik und Therapie sollen auf der Basis von medizinischen Leitlinien und gesicherten medizinischen Erkenntnissen erfolgen. Durch die koordinierte Behandlung und Betreuung sollen langfristig die Lebensqualität chronisch Kranker steigen und Folgekrankheiten vermieden werden.
3. Wirkungsrichtungen: Einflussnahme auf die a) Leistungserbringer: Abstimmung aller Beteiligten am Behandlungsprozess (z.B. Hausarzt, Krankenhaus, Pflegepersonal);
b) Leistungsempfänger: Bewirkung der von den Leistungserbringern empfohlenen Verhaltensänderungen und Behandlungen; Sensibilisierung der Leistungsempfänger für Abweichungen von vereinbarten Zielgrößen (bspw. bei Herzinsuffizienz von einem bestimmten Gewicht).

4. Historie: Disease-Management-Programme wurden in Deutschland mit dem Gesetz zur Reform des Risikostrukturausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 10.12.2001 eingeführt.

5. Umsetzung: Disease-Management-Programmen liegt eine Standardisierung des Behandlungsprozesses unter Berücksichtigung der individuellen Patientencharakteristika zugrunde. Da chronisch Kranke überdurchschnittliche Ausgaben verursachen, wurden bis 2008 für Patienten, die in Disease-Management-Programmen eingeschrieben sind, eigene Ausgabenprofile im Risikostrukturausgleich (RSA) gebildet. Dadurch erhielten die Krankenkassen für diese Versicherten höhere Zahlungen aus dem RSA. Seit Einführung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs im Jahr 2009 erhalten die Krankenkassen nur noch eine Programmkostenpauschale für eingeschriebene Versicherte zur Finanzierung ihrer administrativen Mehraufwendungen. Für die Auswahl geeigneter chronischer Erkrankungen zwecks Bildung von Chroniker-Programmen sind nach dem Gesetz folgende Kriterien zu berücksichtigen: Krankheitshäufigkeit, Krankheitskosten, sektorübergreifender Behandlungsbedarf, Verfügbarkeit evidenzbasierter Leitlinien sowie Beeinflussbarkeit des Krankheitsverlaufs durch Eigeninitiative des Versicherten. Der gemeinsame Bundesausschuss hat bisher folgende chronische Erkrankungen zur Zulassung als Chroniker-Programme empfohlen: Diabetes mellitus Typ 1 und 2, Brustkrebs, koronare Herzkrankheit sowie chronisch obstruktive Atemwegserkrankungen (Asthma bronchiale und chronisch obstruktive Lungenerkrankung, COPD). Will eine Krankenkasse ihren Versicherten ein Chroniker-Programm anbieten, schließt sie im Regelfall Verträge mit einer kassenärztlichen Vereinigung. Die Verträge müssen vom Bundesversicherungsamt (BVA) genehmigt werden. Inzwischen sind über sechs Millionen Versicherte in Chroniker-Programmen der Krankenkassen eingeschrieben. Um die Qualität der Durchführung der Chroniker-Programme transparent zu machen, müssen die Ärzte regelmäßig Dokumentationsbögen ausfüllen, die zentral ausgewertet werden. Sie dienen auch der Evaluation der Programme.

6. Auswirkungen: Nach ersten Erkenntnissen hat sich die Behandlungsqualität bei eingeschriebenen Patienten verbessert. Die Evaluationen deuten insbesondere auf eine leitliniengerechtere Behandlung, eine geringere Mortalität, die Vermeidung von Folgekomplikationen und Kostenvorteile hin.

7. Probleme: Die Verknüpfung der Chroniker-Programme mit dem RSA hat die bürokratischen Anforderungen deutlich erhöht, was zu vielfältiger Kritik insbesondere der Ärzteschaft geführt hat. Zudem gibt es Zweifel an der Aussagefähigkeit der vorliegenden Evaluationsstudien, weil diese keine randomisierte Zuordnung der Versicherten in Interventions- und Kontrollgruppen vornehmen konnten.

8. Ausblick: Die große Koalition aus CDU/CSU und SPD hat im Koalitionsvertrag Ende 2013 die Aufnahme von zwei weiteren Indikationen (psychiatrische Erkrankungen und Rückenerkrankungen) als Disease-Management-Programme beschlossen.

Autor(en): Prof. Dr. Stefan Greß

 

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