Vorvertragliche Anzeigepflicht
1. Begriff: Pflicht des Versicherungsnehmers i.S.e. Obliegenheit, dem Versicherungsunternehmen vor Abschluss des Vertrags die zur Risikobeurteilung und tariflichen Einstufung relevanten Informationen mit dem Versicherungsantrag zur Verfügung zu stellen. Die vorvertragliche Anzeigepflicht ist gesetzlich im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) geregelt (§ 19 VVG).
2. Details: Als wichtig und "gefahrerheblich" für die Risikobeurteilung gelten prinzipiell alle Daten, nach denen im Versicherungsantrag gefragt wird. Dazu zählen z.B. in der privaten Krankenversicherung (PKV) Angaben über den Gesundheitszustand, den Beruf, das Lebensalter sowie über anderweitig beantragten oder bestehenden Versicherungsschutz. Die vorvertragliche Anzeigepflicht endet mit der Abgabe des Antragsvordrucks an den Versicherer, genauer: mit der Abgabe der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung. Dies bedeutet: Nach Antragstellung besteht keine Nachmeldepflicht mehr für ärztliche Behandlungen und Veränderungen im Gesundheitszustand. Dies ist eine Neureglung gegenüber der alten Fassung des VVG, nach der bis Ende 2007 solange eine Nachmeldefrist galt und die vorvertragliche Anzeigepflicht fortbestand, bis der Antragsteller den Versicherungsschein oder eine Annahmeerklärung des Versicherers erhalten hatte.
3. Hintergrund: Die vorvertragliche Anzeigepflicht dient der Reduktion der unterschiedlich verteilten Informationen zwischen dem Versicherer und dem Antragsteller. Bspw. könnte der Versicherer in der PKV ohne Kenntnis des Krankheitsrisikos keinen oder ggf. nur einen unzureichend risikoäquivalent kalkulierten Versicherungsschutz anbieten. Die vorvertragliche Anzeigepflicht dient also unmittelbar der Funktionsfähigkeit einer Versicherung.
4. Konsequenzen bei Nichtbeachtung: Die im Zuge der vorvertraglichen Anzeigepflicht gegebenen Informationen müssen der Wahrheit entsprechen. Bei wissentlich falsch gegebenen Informationen kann der Vertragspartner eine arglistige Täuschung annehmen und den Vertrag anfechten (§ 123 BGB). Auch kann der Versicherer für den Fall, dass der Versicherungsnehmer ihm bekannte erhebliche Umstände bei Vertragsschluss nicht angezeigt hat, binnen Monatsfrist vom Vertrag zurücktreten (§§ 19 II, 21 VVG). Der Rücktritt des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn die Anzeige ohne Verschulden des Versicherungsnehmers unterblieben ist. In diesem Fall steht dem Versicherer ein Kündigungsrecht binnen Monatsfrist zu (§§ 19 III, 21 VVG). Der Rücktritt und auch eine Kündigung des Versicherers sind allerdings dann ausgeschlossen, wenn der Versicherer den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte (§ 19 IV VVG). Das Recht zur Kündigung bzw. Anfechtung erlischt generell nach fünf Jahren bzw. nach zehn Jahren bei arglistiger Täuschung (§ 21 III VVG).
Autor(en): Uwe Laue