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Versicherbarkeit

1. Begriff: Nicht trennscharf abgrenzbare Einordnung von Risiken nach dem Kriterium, ob sie von einem Versicherungsunternehmen übernommen und getragen werden können oder nicht. Die Frage nach der Versicherbarkeit ist unter theoretischen und/oder faktisch-wirtschaftlichen Kriterien zu beurteilen.

2. Theoretische Kriterien der Versicherbarkeit: a) Zufälligkeit: Ungewissheit über die Realisierung eines Risikos, d.h. über den Schadeneintritt dem Grunde, der Höhe oder dem Zeitpunkt nach. Es reicht die Ungewissheit nach einer dieser drei Kategorien. Um das moralische Risiko (moral hazard) auszuschalten, muss die Ungewissheit bei beiden Vertragspartnern (Versicherungsnehmer und Versicherungsunternehmen) vorliegen bzw. ähnlich hoch ausgeprägt sein. Siehe auch Zufallsrisiko.
b) Schätzbarkeit: Fähigkeit zur Bestimmung von Erwartungswert und Streuung der zu versichernden Schadenverteilung. Im Regelfall sollten für eine objektive Schätzung hinreichend zuverlässige empirische Datengrundlagen vorliegen. Andernfalls kommt auch eine subjektive Risikoschätzung in Betracht, bei der allerdings das Irrtumsrisiko erhöht ist. Siehe auch Änderungsrisiko.
c) Eindeutigkeit: Möglichkeit, die Merkmale des Versicherungsfalls (versicherte Gefahren, versicherte Personen (siehe Versicherter), versicherte Sachen), der versicherten Schäden und der Versicherungsleistungen klar zu definieren.
d) Unabhängigkeit: Wirkungslosigkeit einer Schadenrealisation im Sinne des Eintritts eines Versicherungsfalls bei einem gegebenen Risiko auf die Wahrscheinlichkeit einer gleichzeitigen (Kumulrisiko) oder etappenweisen (Ansteckungsrisiko) Schadenrealisation bei weiteren versicherten Risiken.
e) Größe: Einhaltung einer bestimmten Obergrenze für das Schadenpotenzial aus einem versicherten Risiko, so dass es im gegebenen Versicherungsbestand noch ausgleichsfähig ist (Risikoausgleich). Damit hängt die versicherbare Obergrenze des Schadenpotenzials eines Risikos individuell von der Größe und Zusammensetzung des Versicherungsbestands eines Versicherungsunternehmens ab. Siehe auch Großschadenrisiko. Die Kriterien der Versicherbarkeit müssen im Einzelnen nicht zwingend vollständig erfüllt sein; es genügt ein Maß, mit dem der Risikoausgleich im Rahmen der Versicherungstechnik hinreichend gewährleistet ist. Eine trennscharfe Grenze kann dafür bei keiner der Kriterien der Versicherbarkeit gezogen werden.

3. Faktisch-wirtschaftliche Kriterien der Versicherbarkeit: Ein Versicherungsvertrag kommt zustande, wenn sowohl der Versicherungsnehmer als auch das Versicherungsunternehmen unter Nutzen-Missnutzen-Erwägungen einen Nettonutzen aus dem Risikotransfer erzielen. a) Versicherungsnehmer: Nutzen durch die Abgabe der Schadenverteilung an das Versicherungsunternehmen; Missnutzen durch die Pflicht zur Prämienzahlung.
b) Versicherungsunternehmen: Nutzen durch die Erwirtschaftung der Versicherungsprämie und durch den Beitrag des neuen Risikos zum Risikoausgleich (Diversifikation); Missnutzen durch die Übernahme der Schadenverteilung.

Autor(en): Prof. Dr. Fred Wagner, Renata Elert, Jiying Luo

 

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