GKV: Die staatsgemachte Beitragssteigerung

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Die gesetzlichen Krankenkassen sind sauer – zu Recht. Denn unter anderem steigen die Beiträge, weil der Staat zu wenig Geld für die Bürgergeld-Bezieher rausrückt. Nicht in Ordnung, aber die GKV sollte auch selbst sparen.

Dass die Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ab 2025 explodieren, hat viele Ursachen: Wir werden alle älter und sind dadurch öfter krank. Neben dem medizinisch-technischen Fortschritt kommen die damit verbundenen höheren Kosten bei den medizinischen Leistungsausgaben dazu, die zu höheren Beiträgen führen. Größter Kostentreiber ist dabei der Krankenhausbereich, da Klinikaufenthalte einen hohen Anteil an pflegerischer Versorgung beinhalten. Und: Durch den demografischen Wandel verteilen sich immer höhere Lasten auf immer weniger Schultern.

Bund zahlt zu wenig

So weit, so klar. Die Krankenkassen beklagen, dass die Beiträge auch deshalb steigen müssen, weil die Beitragspauschalen vom Bund für die 5,6 Millionen Bürgergeldempfänger viel zu niedrig seien. Damit seien die Kosten bei weitem nicht abgedeckt. Laut Verband der Betriebskrankenkassen bekommen die Kassen 119 Euro pro Monat pro Bürgergeld-Empfänger. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Beitrag eines Mindestlohnempfängers liege jedoch bei 350 Euro (zur Hälfte vom Arbeitgeber bezahlt). 9,2 Milliarden Euro fehlen deshalb in diesem Jahr, errechnete das Forschungsunternehmen IGES. Dieses Finanzloch müsse von Beitragszahlern gestopft werden.

GKV-Beitrag so hoch wie noch nie

Dabei hatten Experten des so genannten Schätzerkreises vor Kurzem einen historischen Anstieg der Krankenkassenbeiträge bekanntgegeben. Demnach müsste der durchschnittliche Zusatzbeitrag der Krankenkassen 2025 auf 2,5 Prozent steigen und somit um 0,8 Prozent angehoben werden. Dieser Anstieg hätte ohne diesen Effekt nur bei 0,2 oder 0,3 Prozentpunkten gelegen, wird DAK-Chef Andreas Storm in Medienberichten zitiert.

Systematische Unterfinanzierung

In den kommenden Jahren wird dieses Finanzloch noch größer werden. Es werden mehr als zehn Milliarden Euro jährlich erwartet. Der Verband der Gesetzlichen Krankenkassen spricht davon, dass der GKV durch die „systematische Unterfinanzierung“ Milliarden entgehen würden. Die Zahlungen des Staates an die GKV seien nachweislich nicht kostendeckend, betont Storm. Werde dagegen ein Privatversicherter zum Bürgergeldempfänger, zahle der Staat der Versicherung dafür 420 Euro monatlich im Basistarif. „Das ist dreieinhalbmal so viel“, so der DAK-Chef.

Koalitionsvertrag nicht erfüllt

Trotz Kritik der Krankenkassen hat sich bislang offenbar wenig getan. Im Koalitionsvertrag von Anfang Dezember 2021 hieß es, dass die Ampel „höhere Beiträge für die Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II aus Steuermitteln“ finanzieren will. „Das ist ein milliardenschwerer Betrug an den Beitragszahlern“, meint Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. Auf Anfrage der „Bild“ verwies ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in dem Zusammenhang auf die „angespannte Haushaltslage des Bundes“ und auf die „Vorgaben der Schuldenbremse.“

GKV muss selbst sparen

Dass der Staat sparen muss, ist hinlänglich bekannt. Über 2,6 Billionen Schulden sind es bereits. Zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland betrug im Jahr 2023 rund 4,12 Billionen Euro. Klar ist aber auch: Der Bund darf nicht Aufgaben abwälzen und die Finanzierung anderen überlassen. Die GKV muss jedoch selbst sparen. Denn auch ohne die Finanzierungslücke beim Bürgergeld würden die Beiträge steigen. In der GKV muss man wieder auf eine einnahmeorientierte Ausgabenpolitik kommen, wie es Ulrike Elsner fordert, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen. Seit 2017 betragen die regulären Staatszuschüsse 14,5 Milliarden Euro pro Jahr, moniert der Verband der privaten Krankenversicherung.

In der Corona-Pandemie wurde der Bundeszuschuss massiv aufgestockt, im Jahr 2022 sogar auf 28,5 Milliarden Euro. Und selbst 2023 gab es mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz noch einmal zwei Milliarden Euro zusätzlich. Ab 2024 beläuft sich der Bundeszuschuss daher erstmals seit 2019 wieder auf den regulären Wert von 14,5 Milliarden Euro. Dabei ist zu beachten, dass auch Privatversicherte als Steuerzahler zur GKV-Finanzierung beitragen (müssen).

Symbolpolitik der Bundesregierung

Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geplante Streichung der Homöopathie kann unter Finanzierungsaspekten allenfalls als Symbolpolitik gewertet werden, denn die Ausgaben für homöopathische Arzneimittel machen gerade einmal etwa 0,008 Prozent der Gesamtausgaben der GKV aus. Und in der Pflegeversicherung wurde der Leistungsanspruch sogar noch deutlich erweitert.

Und warum brauchen wir in Deutschland eigentlich 96 Krankenkassen mit 96 Verwaltungsapparaten, die zu über 95 Prozent identische, da gesetzlich vorgeschriebene Leistungen anbieten?

 

 

 

Autor(en): Bernhard Rudolf

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