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Unternehmensbewertung

1. Begriff: Ermittlung des Werts von Unternehmen bzw. einzelner Anteile daran. Nach den in der betriebswirtschaftlichen Theorie und Praxis entwickelten Grundsätzen bestimmt sich der Wert eines Unternehmens durch seine Fähigkeit, ausschüttungsfähige Überschüsse zu erzielen. Unter finanziellen Leitmotiven ergibt sich der Wert eines Unternehmens aus dem künftigen Nutzen, den es in erster Linie aufgrund seiner im Bewertungszeitpunkt (Stichtagsprinzip) vorhandenen materiellen Substanz, seiner Innovationskraft, seiner Produktgestaltung und Positionierung am Markt, seiner inneren Organisation sowie seines disponierenden Managements in der Zukunft erbringen kann.

2. Grundlagen: Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat mit dem IDW Standard 1 „Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen“ vor dem Hintergrund der in Theorie, Praxis und Rechtsprechung entwickelten Standpunkte die Grundsätze entwickelt, nach denen Wirtschaftsprüfer Unternehmen bewerten. Bewertungsanlässe ergeben sich im Zusammenhang mit unternehmerischen Initiativen (z.B. Kauf eines Unternehmens, Fusionen, Börsengänge), aus Gründen der externen Rechnungslegung (z.B. Impairmenttest), aufgrund gesellschaftsrechtlicher oder anderer gesetzlicher Vorschriften (z.B. bei Eingliederungen oder bei einer Demutualisierung eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, kurz: VVaG) oder aus sonstigen Gründen. Bei der Abgrenzung des Bewertungsobjekts ist die Gesamtheit aller zusammenwirkenden Bereiche eines Unternehmens zu erfassen, dazu gehören bei Versicherungsunternehmen u.a. der Vertrieb, das Underwriting, die Rückversicherung und das Kapitalanlagenmanagement, da alle Unternehmensbereiche gemeinsam zu den zukünftigen finanziellen Überschüssen beitragen (Gesamtbewertung). Das Bewertungsobjekt muss jedoch nicht zwangsläufig mit der rechtlichen Abgrenzung des Unternehmens identisch sein.

3. Methoden: Zur Unternehmensbewertung können marktorientierte (Multiplikatorenverfahren), substanzorientierte und kapitalwertorientierte Methoden unterschieden werden. Lediglich die kapitalwertorientierten Methoden können die (künftige) Ertragskraft eines Unternehmens modelltheoretisch ableiten. Demgegenüber können die anderen beiden Methodengruppen zur Plausibilisierung bzw. als Annäherungen verwendet werden.

4. Bewertungsparameter: Kernstück der Bewertung ist die Prognose der entnahmefähigen zukünftigen Überschüsse. Zu den wesentlichen Wertreibern in der Prognoserechnung zählen bei Versicherungsunternehmen die Prämienerträge, die Schadenaufwendungen, die Provisionsaufwendungen, die Verwaltungsaufwendungen, der Rückversicherungserfolg und der Kapitalanlageerfolg. Bei der Bewertung von Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen ist der Prognose der Bestandsentwicklung, der Entwicklung der Deckungsrückstellung sowie der zukünftigen Überschussbeteiligung eine besondere Bedeutung beizumessen. Bei der Bewertung insbesondere von Schaden‑/Unfallversicherungsunternehmen zählen die versicherungstechnischen Rückstellungen zu den besonders häufig diskutierten Themenkreisen. Der Vorrang der Funktion „Sicherheit“ verlangt von den Versicherungsunternehmen den Aufbau von Garantiemitteln, die wiederum für den Anteilseigner eine Ausschüttungssperre darstellen.

5. Bedeutung in der Rechnungslegung: Aus bilanzieller Sicht ergibt sich der Marktwert eines Unternehmens aus dem Überschuss des Marktwerts der bilanzierten Vermögensgegenstände gegenüber dem Marktwert der Verpflichtungen. Der Saldo ist das ökonomische Eigenkapital. Ergänzt wird dieser Bilanzwert um den Marktwert der nicht bilanzierten Vermögenswerte (z.B. selbsterstellte Software) und um den „Franchise Value“ als den Barwert der künftig erwarteten Wertschaffung (z.B. aus dem Neugeschäft).

6. Probleme: Die mit der Bewertung verbundenen Probleme ergeben sich insbesondere aus der Gefahr der subjektiven bzw. willkürlichen Schätzung. Sowohl bei der Prognoserechnung als auch bei der Wahl der Bewertungsparameter hat der Bewertende ein akzeptables Maß an Objektivität und Glaubwürdigkeit sicherzustellen. Dies setzt voraus, dass die unterstellten Daten beschrieben und begründet werden.

Autor(en): Dr. Frank Ellenbürger, Dr. Joachim Kölschbach

 

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