Prämieneinhebungsverfahren
1. Begriff: Ausgestaltung des quantitativ-zeitlichen Zusammenhangs zwischen den entstehenden Kosten für das Versicherungsprodukt und den zu ihrer Deckung vom Versicherungsunternehmen erhobenen Prämien.
2. Arten: a) Nach der gewählten Bezugsgröße kann die Prämieneinhebung zwei verschiedenen Prinzipien folgen. (1) Auszahlungsdeckungsprinzip: Die Prämie dient zur Deckung der in einer Rechnungsperiode gezahlten (Auszahlungen) Versicherungsleistungen – unzweckmäßiges Prinzip. (2) Aufwandsdeckungsprinzip: Die Prämie dient zur Deckung der in einer Rechnungsperiode aufgewendeten (Aufwand), d.h. erfolgswirtschaftlich abgegrenzten Versicherungsleistungen (Auszahlungen +/- Erhöhungen/Verminderungen von Rückstellungen) – zweckmäßiges Prinzip.
b) Nach der zeitlichen Fälligkeit können ebenfalls zwei Prinzipien unterschieden werden. (1) Vorschüssiges Prämieneinhebungsverfahren (Prämienvorauszahlung): (i) Prämieneinhebungsverfahren mit nachträglicher Korrekturmöglichkeit: Kombination einer vorschüssigen Prämieneinhebung mit erfolgsabhängigen Prämienrückerstattungsrechten (Beitragsrückerstattung) und/oder Nachschusspflichten des Versicherungsnehmers. Varianten der Prämienrückgewähr kommen in der Lebensversicherung und privaten Krankenversicherung sowie in der Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückzahlung vor, und sind zudem das übliche Verfahren für eine Überschussbeteiligung der Mitglieder eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit (VVaG). Im Fall der Nachschusspflicht (nur beim VVaG möglich, wenn in der Satzung bestimmt) wird das versicherungstechnische Risiko teilweise oder ganz (unbegrenzte Nachschusspflicht) auf die Versicherungsnehmer zurückverlagert (in der Praxis selten). (ii) Prämieneinhebungsverfahren ohne nachträgliche Korrekturmöglichkeit: Das gesamte versicherungstechnische Risiko verbleibt beim Versicherungsunternehmen; dies stellt den Regelfall in der Schaden‑/Unfallversicherung dar. (2) Nachschüssiges Prämieneinhebungsverfahren: Vorfinanzierung der Schäden durch das Versicherungsunternehmen oder Stundung der Ansprüche des Versicherungsnehmers bis zum Prämieneingang (selten bei sehr kleinen VVaG).
3. Prämieneinhebungsverfahren für Spar- und Entspargeschäfte: a) Spargeschäfte: Erhebung von (laufenden) Prämien in Höhe der Barwerte künftiger Versicherungsleistungen (Anwartschaftsdeckungsverfahren).
b) Entspargeschäfte: Erhebung von (Einmal‑)Prämien in Höhe der Barwerte künftiger Rentenzahlungen (Kapitaldeckungsverfahren).
Autor(en): Prof. Dr. Fred Wagner, Renata Elert, Jiying Luo