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Insolvenz des Versicherers

1.Begriff: Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit des Versicherers. Es bestehen insoweit keine Besonderheiten im Vergleich zu Gesellschaften aus anderen Wirtschaftsbereichen. Besonderheiten gibt es nur im Hinblick auf einige Verfahrensregeln, Meldepflichten und Vorrechte der Versicherungsgläubiger.

2. Verfahren: Das Insolvenzverfahren richtet sich nach der Insolvenzordnung (InsO). Es wird nur auf Antrag eröffnet. Den Antrag kann nur die Aufsichtsbehörde stellen (§ 312 I VAG), nicht etwa ein Gläubiger oder der Versicherer. Die Aufsichtsbehörde soll die Möglichkeit behalten, bis zuletzt zu versuchen, das Insolvenzverfahren durch andere Maßnahmen zu vermeiden (Bestandsübertragung, Änderung der Geschäftsgrundlagen, Herabsetzung der Leistungen in der Lebensversicherung etc.). Zuständig für die Eröffnung des Verfahrens ist das Insolvenzgericht. Liegt Insolvenz vor und deckt das Vermögen des Versicherers mindestens noch die Verfahrenskosten, muss das Verfahren eröffnet werden. Mit der Eröffnung wird ein Insolvenzverwalter bestellt. Die Versicherungsaufsicht ruht bis zum Abschluss des Verfahrens. Die Aufsichtsbehörde kann aber jederzeit vom Gericht oder dem Insolvenzverwalter Auskunft über den Stand des Verfahrens verlangen. Zur Wahrung der Interessen der Versicherten im Insolvenzverfahren hat das Insolvenzgericht einen Pfleger zu bestellen (§ 317 VAG). Wegen der Beteiligung ausländischer Behörden bei grenzüberschreitender Tätigkeit des Unternehmens vgl. § 312 II–IV, VI VAG.

3. Meldepflicht des Versicherers: Der Vorstand des Versicherers (bei Niederlassungen von Drittlandversicherern der Hauptbevollmächtigte) hat der Aufsichtsbehörde die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit anzuzeigen (§ 311 VAG). Die Anzeigepflicht tritt an die Stelle der in anderen Gesetzen allgemeinen Pflicht des Vorstands, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Die Unterlassung der Anzeige ist strafbar (§ 331 II Nr. 3 VAG).

4. Vorrechte der Versicherungsgläubiger: Die Versicherungsgläubiger haben in Höhe ihres Anteils am vorgeschriebenen Mindestumfang des Sicherungsvermögens ein absolutes Vorrecht auf Befriedigung vor allen anderen Gläubigern (§ 315 VAG). Bevorrechtigt sind Forderungen der Versicherten, Versicherungsnehmer, Begünstigten und Drittgeschädigten, soweit sie einen Direktanspruch haben, sowie Ansprüche auf Prämienrückzahlung, wenn der Vertrag vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zustande gekommen ist oder aufgehoben wurde. In der Lebens- und Krankenversicherung (soweit sie nach Art der Lebensversicherung betrieben wird), der privaten Pflegepflichtversicherung und der Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückzahlung erlöschen mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Versicherungsverträge. Dasselbe gilt für die Allgemeine Haftpflicht-, die Kraftfahrzeug-Haftpflicht-, die Allgemeine Unfall- und die Kraftfahrzeug-Unfallversicherung, soweit Renten geleistet werden. In allen diesen Fällen geht der primäre Leistungsanspruch der Berechtigten unter; an seine Stelle tritt der Anspruch auf den entsprechenden Anteil am Mindestbetrag des Sicherungsvermögens (§ 316 VAG). In allen anderen Versicherungszweigen endet der Vertrag nach der allgemeinen Vorschrift des § 16 I VVG mit dem Ablauf eines Monats seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Autor(en): Dr. Helmut Müller

 

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