Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm sollte die Leistungsablehnung durch einen Berufsunfähigkeits-Versicherer rückgängig machen.
Mit seinem Beschluss vom 4. März 2020 (Az. 20 U 3/20, VersR 20/2020, 1300-1301; Oberlandesgericht Hamm, 20 U 3/20 ) des OLG Hamm ist die Berufung eines Versicherten gescheitert. Diese nahm er anschließend zurück. Vorausgegangen war ein Urteil des Landgerichts (LG) Bielefeld (Landgericht Bielefeld, 18 O 18/19). Das verhandelte den Fall einer Berufsunfähigkeits-Versicherung mit einer versicherten Monatsrente von 1.500 Euro.
Arthrose und andere Erkrankungen verschwiegen
Der Kunde betrieb eine Herren- und Damenbekleidungsboutique. Ursprünglich hatte er sogar 1.750 Euro Monatsrente beantragt, aber nur ein Einkommen von 24.000 Euro nachweisen können. Der Kläger wollte die Rente wegen psychischer und orthopädischer Beschwerden erhalten. Dadurch sei er nicht in der Lage gewesen, den Beruf weiter auszuüben.
Der Versicherer allerdings wendete eine arglistige Täuschung ein und trat vom Vertrag zurück. Grund war, dass alle Gesundheitsfragen im Antrag mit "nein" beantwortet worden waren. Tatsächlich litt der Kunde bereits bei Antragstellung unter einer Arthrose mit Impingement-Syndrom (Impingement-Syndrom (Schulter), also Schmerzen in der Schulter. Außerdem hatte er eine vollstationär durchgeführte Hernienoperation (Hernien - Definition, Symptome & Behandlung ), einen Nabelbruch, verschwiegen. Das war noch nicht alles. Man konnte ihm auch noch nachweisen, dass er schon in psychiatrischer Behandlung befand und Psychopharmaka erhalten hatte.
Makler an Falschangaben beteiligt
Der Kunde machte allerdings seinen als Zeugen geladenen Versicherungsmakler für die falsche Beantwortung der Gesundheitsfragen verantwortlich. Er habe dem Makler von den Krankheiten berichtet. Der aber habe ihm das Formular nicht gezeigt, sondern selbst ausgefüllt und ihn nur allgemein nach der Gesundheit gefragt. Auch seien die Vorerkrankungen nach seiner Meinung "belanglose Alltagserkrankungen" gewesen.
Das OLG Hamm stellt in seinem Beschluss fest, dass die Klageabweisung durch das LG Bielefeld rechtmäßig war. Der Antrag, der auch von dem Makler unterzeichnet worden war, enthalte unstreitig objektiv falsche Angaben zum Gesundheitszustand des Kunden. Der Makler hatte wohl auch eingeräumt, von den medizinischen Problemen des Kunden gewusst zu haben.
Ohne die Täuschung wäre der Antrag so nicht angenommen worden. Das sah das Gericht als erwiesen an. Kritik gab es am Verhalten des Maklers: "Macht ein in Versicherungssachen geschulter - noch dazu ein hier seit Jahrzehnten als solcher tätiger - Makler in Kenntnis der Umstände derart falsche Angaben, steht völlig außer Zweifel, dass er nicht nur vorsätzlich handelt, sondern auch arglistig."
Zurechnung des Maklerverhaltens
Dieses arglistige Verhalten muss sich der Kunde aber zurechnen lassen. Der Makler ist nach außen als "Verhandlungsgehilfe" beziehungsweise als "Vertrauensperson" des Kunden aufgetreten. Der Makler hatte den Antrag mit seiner Vermittlernummer versehen und einen Hinweis angebracht, dass die Provisionszahlung ratierlich erfolgen solle. Schließlich hat er den Antrag unterschrieben.
Die Berufsunfähigkeits-Versicherung ist eine Sparte, die häufig Kritik auf sich zieht und in Verbrauchersendungen vorgeführt wird. Dabei geht es meistens um Leistungsverweigerung, die den Versicherern vorgehalten wird. Dass aber Versicherte selbst wie in diesem Fall eine umfangreiche Krankengeschichte verschweigen und arglistig täuschen, passt nicht in das "David gegen Goliath"-Schema solcher Geschichten.
Versicherungsmakler sollten daher sorgfältig darauf achten, keine Angriffsflächen zu bieten und sich auf keinen Fall - aus welchen Gründen auch immer - an einer solchen vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung beteiligen. Auch gehört eine ordentliche Beratungsdokumentation hinzu, um später leichter klären zu können, wer wem was mitgeteilt hat.
Autor(en): Matthias Beenken