Wohin driftet der Maklermarkt?

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Zum 1. Oktober 2024 verzeichnete das Versicherungsvermittlerregister schon wieder 120 mehr Makler als im Vorquartal. 46.666 Versicherungsmakler soll es in Deutschland geben. Im langjährigen Vergleich seit 2011 hat dieser Berufsstand ein Plus von sechs Prozent erzielt, wohingegen die Vertreter mit Gewerbeerlaubnis um elf Prozent und die gebundenen, vom Versicherer eingetragenen Vertreter sogar um 44 Prozent zurückgegangen sind.

Aber diese Zahlen sind irreführend, so wie das sonst nur die üblichen, abschätzigen Sprichwörter über Statistiken behaupten. Tatsächlich gibt es mit Sicherheit keine über 46.000 Maklerbetriebe hierzulande. Sehr viele der als Makler Registrierten sind tatsächlich Versicherungsvertreter, die ihren Vertretervertrag aber nicht mit einem Versicherer, sondern mit einem Makler abgeschlossen haben.

Verschleierter Vertreterstatus

Die Folge ist eine gewerberechtliche Registrierungspflicht als Makler. Das ist einerseits verwirrend, weil der Vertreterstatus verschleiert wird, andererseits aber auch korrekt, denn der Untervertreter eines Maklers tritt in dessen Namen am Markt auf und repräsentiert ihn - da wäre der Kunde noch mehr in die Irre geführt, würde er fälschlich als Vertreter (eines oder mehrerer) Versicherungsunternehmen im Vermittlerregister erfasst.

Trotzdem kann es nicht zufriedenstellen, dass zwar jeder Eingeweihte um diese Tatsache weiß, aber niemand die genaue Zahl dieser Untervertreter zu beziffern weiß, denn die Industrie- und Handelskammern erfassen dazu nichts. Dasselbe gilt für eine vermutlich stark steigende Zahl von Kleinstmaklern, die altersbedingt im Ruhestand sein müssten. Aber sie finden oft keine Nachfolge, weder in der Familie noch im Markt der Aufkäufer.

Konsolidieren als Lösung?

Die Konsolidierer hingegen sehen immer noch einen offenen Markt mit viel Potenzial für ihr oft durch Investoren finanziertes Geschäftsmodell, war am Rande der DKM zu hören. Sie kaufen gerne, aber nur, wenn sich der Kaufgegenstand als werthaltig darstellt. Und das sind Faktoren wie eine gewisse Mindestgröße und inhaltliche Fokussierung des Bestands, eine professionelle Bestandsverwaltung, saubere Kundenakten mit unterschriebenen Maklerverträgen und regelmäßig angefertigten Beratungsdokumentationen.

Genau daran hapert es bei den vielen Kleinstmaklern in Deutschland. Da wird immer noch nach Alt-Väter- und -Mütter-Sitte das Handschlagsgeschäft mit dem netten Bekannten aus dem örtlichen Vereinsleben gemacht, der irgendwie auch Versicherungen makelt. Wofür Papier befüllen: Man kennt sich doch und glaubt zu wissen, was der Kunde will und braucht. Betreuen heißt zudem oft genug abwarten, bis der Kunde von sich aus aktiv wird und einen Schaden meldet. Dann kann man immer noch einmal beiläufig auf die Altverträge schauen, wie ungepflegt diese mittlerweile sind.

Personal ist der Schlüssel

Das größte Hindernis, so berichten es Fachleute aus dem Aufkäuferbereich, sind aber die fehlenden Personalkapazitäten. Der typische Kleinstmakler hat kein oder sehr wenig Personal. Oft sind es nur Familienangehörige oder preiswerte Geringfügigkeitskräfte, die spätestens mit dem Altmakler mit in den Ruhestand streben. Ein gewichtiges Kriterium für einen gelungenen Aufkauf ist jedoch, ob man mit dem Kundenbestand auch Personal "kaufen" kann, also qualifizierte Mitarbeiter vorfindet, die auch unter neuer Eigentümerschaft bereit sind, Kundenberatungen und Bestandspflege zu betreiben.

Nicht am Kuchen-Beispiel verschlucken

Das unschöne Ergebnis ist eine wachsende Zahl von mehr oder weniger schlecht gepflegten kleineren Beständen, deren Inhaber sich in den Ruhestand sehnen, aber nicht so richtig können. Es fehlen Ideen seitens sowohl der Versicherer als auch der Aufkäufer, wie man dieses Klientel einsammeln und die brachliegenden Bestände wieder produktiv machen kann.

Häufig hört man vor allem von Verbandsvertretern, die demografische Entwicklung sei gar nicht so schlimm, denn dafür werde der Kuchen für die übrigbleibenden Makler um so größer. Dieses Bild geht davon aus, dass Kunden voller Verzweiflung über ihren in Ruhestand gegangenen Makler alles unternehmen und an den Türen der verbliebenen Maklerhäuser betteln werden, um wieder eine Beratung und Betreuung zu erhalten. Wer will so etwas glauben?

Zweigeteilter Markt

Tatsächlich splittet sich der Markt zunehmend in einen immer noch gut umsorgten Kunden, den man als Industrie-, Großgewerbe- und vermögenden Privatkunden charakterisieren kann. Auf der Strecke bleibt dagegen die Masse der Privat- und der Kleingewerbekunden.

Wer kümmert sich um diese Kunden? Vielleicht ist der Ansatz mehrerer Versicherer, ihre Ausschließlichkeitsvertriebe zu entweder echten Mehrfachvertretern oder zu Exklusivvertretern mit verbesserten Ventillösungen weiterzuentwickeln, ein Lösungsansatz. Denn Ausschließlichkeitsvertriebe könnten motivierter sein, diese betreuungslosen Kunden zu finden, umzudecken und auszubauen. Einem ehemaligen Maklerkunden aber nur das begrenzte Produktangebot eines Hauses anzubieten, ist kein Erfolgsrezept. Etwas Auswahl ist nötig. Es muss und sollte aber gar nicht einmal die verwirrende Vielzahl von Angeboten sein, wie sie von Vergleichsplattformen offeriert werden. Der Mehrfachvertreter könnte genau diese Lücke zwischen dem schrumpfenden Maklermarkt und dem an Wachstumsgrenzen gestoßenen Vergleichergeschäft auf der einen und dem beschränkten klassischen Ausschließlichkeitsangebot auf der anderen Seite schließen.

Die Makler und ihre Interessenvertreter sollten sich deshalb nicht zu sicher sein, dass ihre Wachstumsstory im Vermittlerregister auf eine goldene Zukunft des Vertriebswegs schließen lässt. Sie werden sich mehr anstrengen müssen, Antworten auf die demografischen Herausforderungen zu finden.

Autor(en): Matthias Beenken

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