Der Maklervertrag hat einen Dienst höherer Art zum Inhalt: Durch ihn erbringt der Makler in seiner Vermittlungstätigkeit den Nachweis der Möglichkeit eines Vertragsabschlusses. Der Maklervertrag ist nur rudimentär in §§ 652 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und in §§ 93 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt. Nebenpflichten existieren in gesetzlicher, spezifischer Regelung nicht, sodass auf die allgemeinen Bestimmungen des BGB zurückzugreifen ist. Für die Betrachtung der Schutzpflichten und Nebenpflichten bedarf es deshalb einer Vertragsauslegung im Einzelfall.
Ferner wird in den Lehrbüchern und wissenschaftlichen Literatur auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zur so genannten Sachwalterhaftung verwiesen, um nachvertragliche Pflichten des Maklers zu generieren, was jedoch für die nachvertragliche Haftung nicht korrekt ist. Denn der BGH (Urteil vom 22. Mai 1985 - IVa ZR 190/83 - BGHZ 94, 356, 359) hat zwar geurteilt, dass der Makler eine Pflicht der laufenden Überwachung des Vertragsverhältnisses haben sollte und ungefragt tätig werden müsse, soweit ihm bekannt sei, dass sich das Vertragsverhältnis nachteilig entwickeln könnte. In der Folge hat der BGH den Makler daher als treuhänderischer Sachwalter des Versicherungsnehmers bezeichnet. Ohne Not wurde die Haftung des Maklers ausgeweitet.
Nachvetragliche Treuepflicht besteht laut Urteil nicht
Eine nachvertragliche Treuepflicht des Maklers ist jedoch dem Urteil nicht entnehmbar. Entgegen der landläufigen Meinung entfällt damit eine generelle Pflicht des Maklers, den Vertrag auch nach Beendigung zu betreuen und regelmäßig zu prüfen. Maßgeblich für die Pflichten des Maklers nach Kündigung des Vertrages (egal durch wen und aus welchem Grund) ist der Inhalt des desselben und dessen Interpretation. Soweit ersichtlich, verlangt daher auch die ständige Rechtsprechung eine Vertragsauslegung und nicht eine pauschale Erweiterung der Haftung.
Gleichzeitig existiert aber eine nachvertragliche Pflicht zur Wahrnehmung der Interessen des Sicherungsnehmers. Diese folgt jedoch nicht der Natur des Maklervertrages an sich, sondern vielmehr den Grundsätzen der culpa post contrahendum finitum und ergibt sich aus den Grundsätzen von § 242 BGB (Treu und Glauben). Danach ist der Makler verpflichtet, schädliche Handlungen gegen den Versicherungsnehmer zu unterlassen (vgl. BGH, Urt. vom 24. Oktober 1999 - XI ZR 8/89, NJW-RR 1990, 141; Urt. vom 28. April 1982 - IVa ZR 8/81, NJW 1983, 998; Urt. vom 19. Oktober 1977 - VIII ZR 42/76, NJW 1978). Die zeitliche Dauer der nachvertraglichen Haftung hängt maßgeblich vom Maklervertrag ab: Auch nach Herbeiführung des primären Leistungserfolgs sind die Parteien nach Treu und Glauben zumindest für eine Übergangszeit gehalten, alles zu unterlassen, was den Vertragszweck des anderen Teils nachträglich geradezu vereiteln oder ernsthaft gefährden würde. Insbesondere müssen sich die Vertragspartner solchen Handlungen enthalten, durch die der dem Vertragspartner gewährte Vorteil wieder entzogen oder wesentlich geschmälert würde (Saarländisches OLG, Urteil vom 19. Juli 2005 - 4 U 122/04 – 24).
Nebenpflicht für eine begrenzte Zeit
Kommt der Makler seinen nachvertraglichen Pflichten nicht nach, ist eine Haftung aus §§ 241 II, 311 II BGB denkbar. Er ist demzufolge verpflichtet, über das Vertragsverhältnis Stillschweigen zu bewahren, und alles Erforderliche zu unternehmen, einen offensichtlichen Schaden vom ehemaligen Versicherungsnehmer fernzuhalten, soweit dies dem Makler zumutbar ist.
Das Risiko des Eintritts eines Schadens muss für den Makler objektiv ersichtlich sein; deshalb kann man sich lediglich am Maklervertrag und nicht an der Natur des Vertrages orientieren. Anderenfalls würde der Makler überbordend mit Haftungsfragen belastet werden. Der Maklervertrag kennt per se keine besonderen Rücksichtnahmepflicht. Diese ist vertragsimmanent, wohnt also jedem Vertrag inne. Das bedeutet, dass der Makler vor Vertragsschluss auf die Interessen des Versicherungsnehmers achten muss. Diese Pflicht zur Erhaltung des status quo mündet in einer Nebenpflicht des Maklervertrages und bleibt eine Nebenpflicht des Vertrages auch nach Beendigung desselben für eine begrenzte Zeit.
Versicherungsnehmer muss Vertrag selbst beobachten
Es handelt sich bei dieser Pflicht nicht um eine lebenslängliche Pflicht des Maklers sondern lediglich um eine Pflicht, die den Makler temporär aus dem Vertrag trifft. Es muss dabei für den Makler erkennbar sein, dass er selbst tätig werden muss, um weiteren Schaden vom (ehemaligen) Versicherungsnehmer abzuwenden. Dies ersetzt insbesondere nicht die Pflicht des Versicherungsnehmers, seinen Vertrag selbst zu beobachten. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung zu § 6 VVG herleiten - gleiches gilt für die Normen des HGB und BGB.
Fazit: Ist aus gegebenem Anlass objektiv für den Makler erkennbar, dass für den (ehemaligen) Versicherungsnehmer ein Schaden eintreten könnte, so trifft den Makler eine Pflicht zur Aufklärung und Schadensabwendung innerhalb eines engen Zeitrahmens seit Beendigung des Vertrages. Diese Nebenpflicht kann der Makler nicht über seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 307 BGB ausschließen.
Thomas Schmallowsky ist als Fachanwalt für Steuerrecht und Fachanwalt für Sozialrecht, als zugelassener Rentenberater sowie als ordentlicher Professor für Wirtschaftsrecht und Steuerrecht an der NBS in Hamburg tätig.
Autor(en): Thomas Schmallowsky