Laut dem Rechtswissenschaftler Manfred Werber weist der Versicherungsberater eine "ambivalente Natur" auf und sollte mit dem Makler verschmolzen werden. Der Bundesgerichtshof hat jüngst mit einem Urteil die Verwirrung noch erhöht.
In seinem Beitrag "Versicherungsberater zwischen Rechtsdienstleistung und Vermittlung" in der Zeitschrift "Versicherungsrecht" (Heft 24/2020, S. 1553-1559) erinnert Werber an die Historie des Berufsstands als "kleiner Rechtsanwalt", der mit einer eigenen Rechtsberatungserlaubnis nach dem früheren Rechtsberatungsgesetz tätig wurde. Im Zuge der Umsetzung der EU-Vermittlerrichtlinie ins deutsche Recht 2007 wurde er allerdings in die Gewerbeordnung übernommen. Seitdem benötigt der Versicherungsberater einer Gewerbeerlaubnis, vergleichbar derjenigen der Versicherungsvermittler.
Berater dürfen vermitteln - aber sich nicht danach bezahlen lassen
Das führt zu Abgrenzungsfragen, die mit der Umsetzung der EU-Vertriebsrichtlinie 2018 noch drängender geworden sind. Denn seitdem umfasst die Erlaubnis des Versicherungsberaters ausdrücklich auch die Erlaubnis, Versicherungsverträge zu vermitteln oder sogar abzuschließen. Der Versicherungsberater teilt sich mit dem Versicherungsvermittler nun einen gemeinsamen Paragrafen in der Gewerbeordnung, vorher hatte er noch einen eigenen.
Dazu passt ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 6. Juni 2019 (Az. I ZR 67/18) so gar nicht. Darin kamen die obersten Richter zum Schluss, dass ein als Tarifoptimierer für private Krankenversicherungen tätiger Versicherungsberater kein Erfolgshonorar in Höhe einer achtfachen Monatsersparnis durch den von ihm herbeigeführten Tarifwechsel nehmen dürfe. Der Versicherungsberater war von einem Krankenversicherer auf Unterlassung verklagt worden.
Nach Meinung des BGH dürfe sich ein Versicherungsberater nur wie ein Rechtsanwalt nach den entsprechenden Vorschriften honorieren lassen. Dass Versicherungsberater aber nicht mehr reine Rechtsdienstleister sind, sondern auch vermittelnd tätig werden dürfen, sei "schlicht für unbeachtlich" erklärt worden, so Werber.
Alleinstellungsanspruch der Versicherungsberater beseitigt
Der Hamburger Rechtswissenschaftler findet es "erstaunlich", dass der BGH zu einer solchen Auffassung gelangt sei. Das Gericht habe sich auf den § 4 Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz (RDGEG) berufen, wonach für "registrierte Erlaubnisinhaber" das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz gilt. Nach Werbers Ansicht "ergeben Wortlaut und Sinnzusammenhang" gerade nicht, dass Versicherungsberater noch in das Rechtsdienstleistungsgesetz unmittelbar einbezogen sind, sondern bewusst aus diesem ausgeschlossen und in die Gewerbeordnung übernommen worden sind. Der Gesetzgeber habe den Beruf des Versicherungsberaters "einerseits aufrechterhalten, ihn zugleich aber auch in einen grundlegend anderen Regelungszusammenhang gestellt".
Werber weist darauf hin, dass schon mit der EU-Vermittlerrichtlinie alle Versicherungsvermittler eigenständige Beratungspflichten erhalten haben, auch der Versicherungsvertreter, für den das neu war. Umgekehrt hätten Versicherungsberater "keinen Alleinstellungsanspruch" mehr auf die Rechtsberatung rund um Versicherungen. Denn dazu wurden Versicherungsmakler ebenfalls befugt, wenn auch beschränkt auf bestimmte Kundenzielgruppen. "Schon dies stellt eine grundlegende Angleichung der Berufsbilder der Vermittler und des Versicherungsberaters dar."
Eigene Erlaubnis dient der Förderung der Honorarberatung
Übrig geblieben ist damit bis auf kleinere Unterschiede wie der fehlenden Beschränkbarkeit der Beratungsgrundlage im Prinzip nur noch das Verbot, Provisionen oder andere wirtschaftliche Vorteile eines Versicherers in Anspruch zu nehmen, durch das sich Versicherungsberater vom ansonsten wesensverwandten Versicherungsmakler unterscheiden. Werber bezeichnet dies als "wichtiges Stilmittel einer Förderung rechtspolitisch gewollter und präferierter Honorarberatung". Es gebe keine Vorschriften zur Gestaltung des Honorars, es bestehe also "Vertragsfreiheit, und in deren Rahmen kann das Vermittlungsentgelt auch ein Erfolgshonorar sein".
Werber weist zudem darauf hin, dass es eine Wettbewerbsungerechtigkeit darstellt, wenn ein Versicherungsmakler und sogar auch Versicherungsvertreter durch BGH-Rechtsprechung anerkannt gegen (Erfolgs-) Honorar vermitteln dürfen, der Versicherungsberater aber nicht.
Makler dürfen gegen Erfolgshonorar optimieren
Auch hält er dem BGH vor, dass dieser selbst in einer früheren Entscheidung (Urteil vom 28. Juni 2018, Az. I ZR 77/17) davon ausgegangen ist, dass eine Tarifoptimierung eine Vermittlung darstellt, auch wenn dadurch kein neuer Versicherungsvertrag zustande kommt, sondern nur zu einer Veränderung des bestehenden. Dass ein Versicherungsmakler dafür ein Erfolgshonorar berechnet, hatte der BGH für zulässig gehalten - denselben Sachverhalt im Fall des Versicherungsberaters ein Jahr später nicht mehr. Sogar der Gesetzgeber hatte in der Begründung zum IDD-Umsetzungsgesetz ausdrücklich von Erfolgshonoraren gesprochen, die neben einer Tätigkeitsvergütung möglich sein soll.
Werber schlägt als Konsequenz vor, den eigenständigen Berufsstand Versicherungsberater aufzugeben und wie im österreichischen Recht mit demjenigen des Versicherungsmaklers zu verschmelzen. Die "artifizielle und anstrengende Unterscheidung der beiden Berufsbilder" sei überflüssig. Die vom Gesetzgeber angestrebte Förderung der Honorarberatung sei gescheitert, nur knapp über 300 Erlaubnisträger seien kein Erfolgsnachweis dieses Modells. Und eine verfassungsrechtlich gebotene Garantie des Berufsbildes sei auch in einem mit dem Versicherungsmakler verschmolzenen Berufsstand gewährleistet.
"Österreichisches Modell" schafft neue Probleme
Allerdings setzt sich Werber in seinem Plädoyer nicht näher mit dem Grund auseinander, weshalb der Gesetzgeber 2007 Versicherungsmaklern keine umfassende Erlaubnis zur Versicherungsberatung erteilt hatte, wie es der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler damals forderte.
2016 hatte der Gesetzgeber bei der Vorbereitung der IDD-Umsetzung erwogen, ob er analog den Honorar-Finanzanlagenberatern nach § 34h GewO auch den Versicherungsberatern erlauben soll, die Vermittlung zu erleichtern, indem sie flexibel zwischen Vergütungsmodellen wechseln können und beispielsweise Honorare vereinbaren, parallel aber auch Provisionen für die Vermittlung von Bruttotarifen kassieren und an den Kunden auskehren können.
Einfache Lösungen gibt es nicht
Eine eindeutige Trennung zwischen rein rechtlicher Beratung ohne Vermittlungsabsicht und einer Vermittlung, die eine rechtliche Beratung notwendigerweise einschließt, ist nämlich auch nach Werbers Meinung kaum sinnvoll möglich. Damit besteht aber das Risiko einer Übervorteilung geschäftsunerfahrener Kunden, denen ein und dieselbe Leistung doppelt in Rechnung gestellt werden kann: durch ein Honorar und eine aus der Prämie finanzierte Provision, deren Höhe der Kunde nicht kennt und deren vollständige Auskehrung er kaum wirksam durchsetzen kann. Jedenfalls Verbraucher werden diesen Sachverhalt kaum durchschauen können. Deshalb ist die Honorarberatungserlaubnis der Versicherungsmakler beschränkt auf das Geschäft mit Firmenkunden.
Eine Gewährleistung des Verbraucherschutzes bei einem fusionierten Berufsstand Versicherungsmakler und -berater wäre noch zu entwickeln. Eine Möglichkeit wäre das vom Verbraucherzentrale Bundesverband wiederholt geforderte Provisionsverbot. Das wiederum führt allerdings zu einer Wettbewerbsungerechtigkeit zwischen Maklern auf der einen und Vertretern und Versicherungsangestellten auf der anderen Seite, ganz zu schweigen von der Wettbewerbsverzerrung zugunsten der Verbraucherzentralen, die bisher nicht derselben Regulierung unterworfen sind wie die von ihnen kritisierten Vermittler. Übrigens gehört es zu den zentralen Zielen der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie, für Wettbewerbsgerechtigkeit zwischen verschiedenen Vertriebskanälen zu sorgen. Einfache Lösungen wird es wohl weiter nicht geben.
Makler dürfen gegen Erfolgshonorar optimieren
Auch hält er dem BGH vor, dass dieser selbst in einer früheren Entscheidung (Urteil vom 28. Juni 2018, Az. I ZR 77/17) davon ausgegangen ist, dass eine Tarifoptimierung eine Vermittlung darstellt, auch wenn dadurch kein neuer Versicherungsvertrag zustande kommt, sondern nur zu einer Veränderung des bestehenden. Dass ein Versicherungsmakler dafür ein Erfolgshonorar berechnet, hatte der BGH für zulässig gehalten - denselben Sachverhalt im Fall des Versicherungsberaters ein Jahr später nicht mehr. Sogar der Gesetzgeber hatte in der Begründung zum IDD-Umsetzungsgesetz ausdrücklich von Erfolgshonoraren gesprochen, die neben einer Tätigkeitsvergütung möglich sein soll.
Werber schlägt als Konsequenz vor, den eigenständigen Berufsstand Versicherungsberater aufzugeben und wie im österreichischen Recht mit demjenigen des Versicherungsmaklers zu verschmelzen. Die "artifizielle und anstrengende Unterscheidung der beiden Berufsbilder" sei überflüssig. Die vom Gesetzgeber angestrebte Förderung der Honorarberatung sei gescheitert, nur knapp über 300 Erlaubnisträger seien kein Erfolgsnachweis dieses Modells. Und eine verfassungsrechtlich gebotene Garantie des Berufsbildes sei auch in einem mit dem Versicherungsmakler verschmolzenen Berufsstand gewährleistet.
"Österreichisches Modell" schafft neue Probleme
Allerdings setzt sich Werber in seinem Plädoyer nicht näher mit dem Grund auseinander, weshalb der Gesetzgeber 2007 Versicherungsmaklern keine umfassende Erlaubnis zur Versicherungsberatung erteilt hatte, wie es der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler damals forderte.
2016 hatte der Gesetzgeber bei der Vorbereitung der IDD-Umsetzung erwogen, ob er analog den Honorar-Finanzanlagenberatern nach § 34h GewO auch den Versicherungsberatern erlauben soll, die Vermittlung zu erleichtern, indem sie flexibel zwischen Vergütungsmodellen wechseln können und beispielsweise Honorare vereinbaren, parallel aber auch Provisionen für die Vermittlung von Bruttotarifen kassieren und an den Kunden auskehren können.
Einfache Lösungen gibt es nicht
Eine eindeutige Trennung zwischen rein rechtlicher Beratung ohne Vermittlungsabsicht und einer Vermittlung, die eine rechtliche Beratung notwendigerweise einschließt, ist nämlich auch nach Werbers Meinung kaum sinnvoll möglich. Damit besteht aber das Risiko einer Übervorteilung geschäftsunerfahrener Kunden, denen ein und dieselbe Leistung doppelt in Rechnung gestellt werden kann: durch ein Honorar und eine aus der Prämie finanzierte Provision, deren Höhe der Kunde nicht kennt und deren vollständige Auskehrung er kaum wirksam durchsetzen kann. Jedenfalls Verbraucher werden diesen Sachverhalt kaum durchschauen können. Deshalb ist die Honorarberatungserlaubnis der Versicherungsmakler beschränkt auf das Geschäft mit Firmenkunden.
Eine Gewährleistung des Verbraucherschutzes bei einem fusionierten Berufsstand Versicherungsmakler und -berater wäre noch zu entwickeln. Eine Möglichkeit wäre das vom Verbraucherzentrale Bundesverband wiederholt geforderte Provisionsverbot. Das wiederum führt allerdings zu einer Wettbewerbsungerechtigkeit zwischen Maklern auf der einen und Vertretern und Versicherungsangestellten auf der anderen Seite, ganz zu schweigen von der Wettbewerbsverzerrung zugunsten der Verbraucherzentralen, die bisher nicht derselben Regulierung unterworfen sind wie die von ihnen kritisierten Vermittler. Übrigens gehört es zu den zentralen Zielen der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie, für Wettbewerbsgerechtigkeit zwischen verschiedenen Vertriebskanälen zu sorgen. Einfache Lösungen wird es wohl weiter nicht geben.
Autor(en): Matthias Beenken