Fehler und Schäden führen immer wieder zu Verzögerungen bei Bauvorhaben. Doch wie entstehen diese Schäden und wie können sie verhindert werden? Antworten liefert der VHV-Bauschadenbericht Hochbau 2023/24.
Der fünfte Band zum Thema „Bauen neu denken“ skizziert, wie durch Digitalisierung, Qualifikation von Fachkräften, verbesserte Kommunikation und klimaangepasstes Bauen Schäden vermieden werden können.
Das Institut für Bauforschung e.V. (IFB), Hannover, hat gemeinsam mit der VHV Allgemeine Versicherung AG für den Bericht mehr als 48.000 Schadenfälle aus den Jahren 2012 bis 2022 wissenschaftlich ausgewertet und aufbereitet.
Verbesserte Zusammenarbeit der Baubeteiligten steigert Effizienz
Auch bei der Schadenprävention werden immer häufiger digitale Technologien eingesetzt. Die Digitalisierung der Bauwirtschaft - das sogenannte Bauen 4.0 - hilft unter anderem Produktivitäts- und Effizienzsteigerungen mithilfe optimierter (Bau-)Prozesse zu erzielen sowie eine verbesserte Zusammenarbeit der Baubeteiligten durch schnelleren Datenaustausch in Echtzeit zu erreichen.
Durch Anwendungen wie BIM (Building Information Modeling)-basierte Planungsprozesse, Kollisionsmanagement und Echtzeit-Reporting werden Projektinformationen ständig aktualisiert. Alle Akteure können jederzeit und von überall auf die gleichen Daten zugreifen, wodurch unter anderem das Arbeiten mit veralteten Informationen oder Plänen unterbunden wird.
Neben digitalen Bausoftware-Lösungen kann auch der Einsatz von Robotik zu Effizienzsteigerungen durch schnellere Arbeitsabläufe und geringere Personalkosten auf der Baustelle führen. Zukunftspotenzial haben zudem Drohnen für Inspektions- und Vermessungsarbeiten.
Prävention durch Qualifizierung von Fachkräften
Die beiden häufigsten Schadenursachen am Bau sind mangelhafte Ausführung und mangelnde Kommunikation (siehe Grafik 1 im Anhang). Hier handelt es sich um klassische, immer wiederkehrende Ursachen, die bereits im VHV-Bauschadenbericht 2021/22 zum Thema „Qualität und Kommunikation“ thematisiert wurden. Den Link zu diesem Bericht finden Sie weiter unten.
Mit komplexer werdenden Bauaufgaben sicher umgehen
Die beiden größten Hebel zur Schadenprävention sind aus Sicht der Experten des IFB daher die Qualifizierung der Fachkräfte und die Verbesserung der Koordination der fachlichen und kommunikativen Schnittstellen im Baubetrieb. Fachkräfte, die im Rahmen ihrer Ausbildung umfassende entsprechende Kompetenzen erworben haben, können mit den immer komplexer werdenden Bauaufgaben sicher und verantwortungsvoll umgehen. Wichtig sind hier gute und möglichst bundesweit einheitliche Ausbildungsstandards sowie gezielte Weiterbildungsmöglichkeiten.
Für den Erfolg eines Bauvorhabens ist bereits die Planungsphase entscheidend. Eine wesentliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Bauablauf ist, dass sich alle am Bau Beteiligten über ihre Verantwortlichkeiten im Klaren sind und die Prozessabläufe kennen. Ein frühzeitiger und umfassender Informationsaustausch, wie regelmäßige Baubesprechungen, ist entscheidend, um alle Beteiligten einzubinden. Dabei sollten Planer, Vertreter des Auftraggebers und die Aufsichtspersonen der Baustelle anwesend sein.
Anzahl der Schadenfälle: leichter Rückgang seit 2019
In den Jahren 2015 bis 2018 haben sich die Schadenfälle bei der VHV Allgemeine stabilisiert, seit 2019 ist ein leichter Rückgang erkennbar. Mögliche Ursachen sind eine verbesserte Schadenprävention auf den Baustellen, die zu einer höheren Bauqualität geführt hat, Schadenbeseitigung durch die Versicherungsnehmer (ohne Schadenmeldung) sowie die Erhöhung des Selbstbehalts bei stark schadenbelasteten Verträgen. Für das Jahr 2023 und die Folgejahre geht das IFB von kontinuierlich sinkenden Fallzahlen aus. Grund für diese Prognose ist, dass die Bautätigkeit seit dem Jahr 2022 insgesamt rückläufig ist.
Regulierung verursacht immer höhere Kosten
Trotz sinkender Schadenzahlen sind die Schadenaufwendungen kontinuierlich gestiegen: von 2018 bis 2022 sogar um 38 Prozent (von durchschnittlich rund 9.200 Euro im Jahr 2018 auf rund 12.700 Euro im Jahr 2022). Der Aufwand für die gemeldeten Bauschadenfälle betrug im Jahr 2021 insgesamt rund 108 Millionen Euro, im Jahr 2022 rund 118 Millionen Euro. Hier macht sich der gestiegene Umsatz der Branche (2021 rund 145 Milliarden Euro, 2022 rund 160 Milliarden Euro im Bauhauptgewerbe) auch im erhöhten Schadenaufwand bemerkbar.
Hinzu kommt der gestiegene durchschnittliche Aufwand für die Regulierung von Schadenfällen. Im Zusammenhang mit der Feststellung leicht sinkender Schadenzahlen bedeutet diese Steigerung, dass die Regulierung eines Hochbauschadens offenbar immer höhere Kosten verursacht.
Die wesentlichen Ursachen dafür sind unter anderem steigende Preise für Baumaterialien, höhere Anforderungen an Gebäude durch höhere energetische Standards zum Erreichen der Klimaschutzziele und gestiegene Qualitätsansprüche der Bauherren sowie der anhaltende Fachkräftemangel in der gesamten Baubranche.
Schäden an Baukonstruktion und Wasserschäden dominieren erneut
Die Untersuchung zeigt, dass fast 70 Prozent aller Schäden auf zwei Hauptkategorien entfallen: Schäden an der Baukonstruktion und Wasser- beziehungsweise Feuchteschäden, einschließlich Leitungswasserschäden (siehe Grafik oben). Diese Schadenarten sind konstant die häufigsten und dominieren seit Jahren das Schadenbild im Hochbau.
Den Bauschadenbericht finden Sie hier als kostenloses E-Book.
Quelle:VHV
Autor(en): versicherungsmagazin.de