Vertriebsrekord mit bescheidenem KLV-Anteil

Die Lebensversicherer haben 2004 noch 3,1 Millionen Policen mehr verkauft als 2003. Der Schlussverkauf hat also nach anfänglichen Befürchtungen doch noch geklappt. Insgesamt 10,9 Millionen neue Verträge 2004 registrierte der Branchendienst map-report (). Der Schlussverkauf stand für die letzte Chance der Kunden, sich die steuerfreie Auszahlung der Kapitallebensversicherung (KLV) zu sichern. Doch welche Überraschung: Anbieter und Vertriebe ließen die gute alte KLV weitgehend links liegen. Von den 3,1 Millionen zusätzlichen Neuverträgen kamen laut map-report nur 872.000 Stück auf ihr Konto. Weit größer war der Zuwachs bei anderen Lebenssparten: Fast 1,3 Millionen Stück Fondspolicen und über 912.000 zusätzliche private Rentenversicherungen wurden abgesetzt.

Beim laufenden Beitrag für ein Jahr aus diesem Neugeschäft gab es bei der KLV für 2004 sogar ein dickes Minus von 4,2 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro. Dabei ging die durchschnittlich verkaufte Versicherungssumme von gut 28.000 Euro auf 20.768 Euro zurück. Dabei hätten das Gegenteil Sinn gemacht: hohe Summen der sicheren KLV, solange das Steuerprivileg noch uneingeschränkt galt.

Doch der Schlussverkauf ist vielfach zum Anlass genommen worden, spekulative Fondspolicen (Anlagerisiko trägt der Kunde) und die brisanten Rentenversicherungen (sinkende Leistung bei steigender Lebenserwartung) zu vertreiben. Warum? Als Grund führt map-report-Chefredakteur Manfred Poweleit an, dass die KLV den Konzernstrategen schon längst ein Dorn im Auge sei. "Weit über 90 Prozent der Überschüsse gehen bei der KLV an die Kunden - auch zulasten der Aktionäre." Marktführer Allianz machte es vor: Im Neugeschäft wurden 78 Prozent durch Privatrenten erlöst und nur gut zwölf Prozent durch die KLV. Die Branche insgesamt kam im Neugeschäft auf 43 Prozent Marktanteil bei Privatrenten (KLV: 24,25 Prozent).

Bei Fondspolicen sah es ähnlich aus: Mit 2,6 Milliarden Euro laufenden Beitrag für ein Jahr aus dem Neugeschäft zog die Fondspolice erstmals mit der KLV gleich. Im Schnitt des Marktes wurden 23,93 Prozent des Neugeschäftes mit Fondspolicen gemacht. Namhafte Anbieter wie Aachen-Münchener, Deutscher Herold und Gerling kamen sogar auf doppelt und dreifach so hohe Neugeschäftszahlen (siehe Tabelle).


Wer 2004 die meisten Fondspolicen abgesetzt hat
GesellschaftLaufender Beitrag (Mio.Euro)Fondspolicenanteil am Neugeschäft (%)
Aachen-Münchener431,666,61
Deutscher Herold24446,49
Gerling176,5847,01
R+V176,421,82
Skandia152,17100,00
Volksfürsorge138,2443,05
Allianz131,848,54
MLP128,8297,16
Aspecta85,4789,67
AXA84,1335,14
Nürnberger71,3828,7
WWK70,0052,91
Victoria49,720,56
Neue Leben44,8124,4
Continentale40,0642,22
Quelle: map-report spezial"KLV-Verkaufs-bilanz 2004"
Spezialist Skandia, der sich ausschließlich auf fondsgebundene Vorsorgelösungen konzentriert, brachte ebenfalls erhebliches Neugeschäft ein.

Andere Gesellschaften brachten es zwar nicht auf so hohe Summen, fuhren aber bei der Privatrente überdurchschnittlich viel Neugeschäft ein, darunter Asstel (94,8 Prozent Anteil Privatrenten am Neugeschäft), Karlsruher Hinterbliebenenkasse (80 Prozent), LV 1871 (60 Prozent), Karlsruher (55 Prozent), Generali (54 Prozent) und Alte Leipziger (53 Prozent).

Kein Wunder: "Verdienen können die Versicherer schon bei den vielen Rentenversicherungen, die vorzeitig gekündigt werden", meint Versicherungsmathematiker Peter Schramm aus Diethardt bei Frankfurt/Main (www.pkv-gutachter.de). Es gebe keinen gesetzlichen Rückkaufswert. Dann dürfe der Versicherer die gesamten aufgelaufenen rechnungsmäßigen Zinsen - in Höhe der Garantieverzinsung - einbehalten. "Das ist derzeit der größte Teil der Kapitalerträge", so Schramm. Hinzu kommt: Während in der KLV aus Wettbewerbsgründen - Darstellen einer hohen Ablaufleistung - auch Überschüsse aus Verwaltungskosten und aus Sterblichkeitsgewinnen an die Kunden weitergegeben werden, sei dies bei der Privatrente kaum der Fall.

Die Risikogewinne kompensieren für die Versicherer einen guten Teil der seit längerem rückläufigen Kapitalerträge, aber eben nur in der Privatrente, nicht in der KLV. Bei Fondspolicen trägt der Kunde das Anlagerisiko allein. Vermittler haben dabei keine Haftungsfalle zu fürchten - allenfalls unzufriedene Kunden. Aber die merken das erst Jahre später.

Autor(en): Detlef Pohl

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