Legitim: Versicherungsmakler kauft Versicherungsberater?

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Die GGW Group hat im August die IRM Versicherungsberatung GmbH aus Stuttgart übernommen. Wie der Versicherungsberater bestätigt, sind sämtliche Gesellschaftsanteile der IRM Versicherungsberatung GmbH Ende August 2024 durch die GGW Group GmbH übernommen worden.

Die IRM soll rechtlich selbstständig bleiben. „Die Unabhängigkeit der Versicherungsberatung war für uns ein sehr wichtiges Thema in den Gesprächen mit der GGW Group“, erläuterte auf Anfrage der IRM-Geschäftsführer Thomas Hardt. „Deswegen sichert die zukünftige Gesellschaftsstruktur, dass die IRM Versicherungsberatung GmbH sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich unabhängig von den Geschäftszweigen der LBU (Makler) sowie der Wecoya (Assekuradeure) geführt wird.“ Die gesellschaftsrechtlichen Veränderungen sind aber bisher auf der Homepage der IRM (irm-vb.de) nicht dargestellt. Dazu erläuterte Hardt: „Wie bereits in der Vergangenheit haben wir unsere Mandanten individuell über die wesentlichen Veränderungen in unserem Unternehmen informiert, anstatt die Transaktion einfach nur über unsere Website darzustellen.“

"Können zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Stellungnahme abgeben"

In einem ähnlichen Fall hatte es 2014 viel öffentliche Kritik gegeben. Damals hatte der Versicherungsmakler Elmar Sittner aus Leipzig gemeinsam mit dem Versicherungsmakler Martens & Prahl aus Lübeck die Simap Versicherungsberatung GmbH in Leipzig gegründet. Vor allem der Bundesverband der Versicherungsberater (BVVB) hatte damals die Kooperation kritisiert, weil er die Unabhängigkeit der Versicherungsberatung gegen Honorar gefährdet sah. Die aktuelle Übernahme wird vom BVVB noch geprüft. „Wir haben die Nachricht erst Ende der letzten Woche erhalten und können daher zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Stellungnahme abgeben“, teilte der Vizepräsident des BVVB, Alexander Beurmann, von der Kanzlei Falken Sammer Deppner GmbH & Co. KG mit.

Nach Berufsverständnis „problematischer“ Fall

Nach Meinung des langjährigen Versicherungsberater Oskar Durstin, von der River Consulting GmbH aus Mering, handelt es sich bei der Übernahme „insgesamt um eine etwas andere Konstellation“, als im Fall Simap. „Sicherlich muss man auch unterscheiden zwischen der formaljuristischen Bewertung und der Frage des Berufsverständnisses“, erläuterte Durstin auf Anfrage. Nach den Berufsgrundsätzen des BVVB, die erst im Februar neu verabschiedet wurden, hält er die Übernahme für problematisch. Durstin: „Ich sehe die unabhängige Tätigkeit als Versicherungsberater unter einem Firmendach mit Versicherungsvermittlern als unvereinbar an.“ Der Versicherungsberater betonte, dass er nicht für den BVVB spreche.

DIHK verweist auf Unabhängigkeitsgebot des Beraters

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) teilte mit, dass man sich zu einzelnen Unternehmen generell nicht äußere. Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Versicherungsvermittlerrechts am 22. Mai 2007 benötigen Versicherungsvermittler und -berater aber in der Regel eine Erlaubnis. Diese wird von den örtlichen IHKs nach Prüfung der persönlichen Zuverlässigkeit, geordneten Vermögensverhältnissen, einer Berufshaftpflicht-Versicherung und der entsprechenden Sachkunde erteilt, kann aber auch wieder entzogen werden.

Zur generellen Einschätzung der Rechtslage verweist die DIHK auf den juristischen Kommentar von Landmann/Rohmer zur Deutschen Gewerbeordnung (GewO). Dort heißt es: „Angesichts des Unabhängigkeitsgebotes wird man verlangen können, dass ein Berater gesellschaftsrechtlich nicht mit einem Vermittler verbunden sein darf, auch wenn die Gesellschaft eine eigene Rechtspersönlichkeit darstellt.“

Demgegenüber bewertet der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler (BDVM) die Kooperation als unproblematisch. „Versicherungsberatung ist gegenüber dem Nichtverbraucher, also gegenüber Gewerbe- und Industrie, auch ohne Vermittlungsabsicht gegen Honorar möglich“, betont der Geschäftsführende BDVM-Vorstand Dr. Bernhard Gause. Natürlich müsse die Beratung objektiv sein. „Nach meinem ersten Eindruck sehe ich keine Probleme oder Interessenkonflikte, wenn die Unternehmen gesellschaftsrechtlich klar getrennt sind“, erläuterte Gause.

IRM sieht die eigene Unabhängigkeit gewahrt

Das BVVB-Mitglied IRM hat den Verband über die Änderungen informiert. Laut IRM gebe es wesentliche Unterschiede zum Simap-Fall. So würden weder Versicherungsmakler noch Assekuradeure noch Versicherer Anteile an der IRM halten und durch die Art der gesellschaftsrechtlichen Eingliederung in die Gruppe sei ein vollständig unabhängiges Handeln der IRM sichergestellt. Hardt: „Im Zuge der Integration wurde selbstverständlich darauf geachtet, die Unabhängigkeit der Versicherungsberatung, die sich bewusst von den, auch vertrieblichen, Aktivitäten der Versicherungsmakler und Assekuradeure abgrenzen soll, zu wahren.“

Internationalisierung der Versicherungsberatung wird immer wichtiger

Laut IRM ist Grund für die Übernahme durch die GGW-Group, dass die Internationalisierung der Versicherungsberatung eine „immer größere Rolle spiele“. Geschäftsführer Hardt: „Dies betrifft einerseits in Deutschland ansässige Mandanten, die bei Fragen zu Auslandsgesellschaften begleitet werden, andererseits nimmt die Bedeutung von Großprojekten auf EU-Ebene, besonders im Verkehrs- und Bausektor, stetig zu.“ Da der Beruf des Versicherungsberaters auf Deutschland und Österreich beschränkt sei, bestehe nun die Möglichkeit, Mandanten auch bei Versicherungsthemen im Ausland zu beraten und dabei auf gruppenweites Know-how zurückzugreifen.

Daneben biete die „Integration“ für IRM die Chance, durch Beratungsleistungen bei Unternehmen, die bereits durch ein Unternehmen der GGW Group betreut werden, weiter zu wachsen. „So gewinnen Dienstleistungen rund um den bestehenden oder abzuschließenden Versicherungsschutz immer mehr an Bedeutung“, erläuterte Hardt. 

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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