Versicherungsberater dürfen ein Erfolgshonorar vereinbaren. Das hat das Oberlandesgericht München entschieden (OLG München, Az.: 6 U 2157/18). Im vorliegenden Fall hatte der Bund der Versicherten (BdV) auf Unterlassung gegen den bayerischen Versicherungsberater Minerva Kundenrechte GmbH geklagt. Das Unternehmen bietet Tarifwechselberatungen gegen Erfolgshonorar an. Die Klage wurde als unbegründet abgewiesen. Die Verbraucherschützer wollen den Fall aber nun bis zum Bundesgerichtshof (BGH) bringen.
Auch bei deutlichen Prämiensteigerungen können Privatkrankenversicherte in der Regel ihren Versicherer nicht mehr verlassen, ohne einen großen Teil ihrer Alterungsrückstellungen zu verlieren. Sie haben aber die Möglichkeit, innerhalb des Anbieters den Tarif zu wechseln. Das Tarifwechselrecht in der privaten Krankenversicherung ist gesetzlich garantiert.
Kunde zahlt nur, wenn lohnender Tarif nachgewiesen wird
Noch immer scheint eine verbesserte Tarifwechselberatung, zu der sich viele der privaten Krankenversicherer seit 2016 selbst verpflichtet haben, in der Praxis noch nicht so recht zu fruchten. Denn den Verbraucherschützern liegen weiterhin Beschwerden vor. Der Wechsel in einen anderen Tarif ist kompliziert. Daher helfen vor allem Versicherungsberater gegen Honorar. „Damit unsere Kunden die Tarifwechsel-Beratung ohne Kostenrisiko beauftragen können, vereinbaren wir mit ihnen ein Erfolgshonorar“, erläutert Minerva Geschäftsführer Nico Ferrarese. „Der Kunde zahlt nur, wenn ein lohnender Tarif nachgewiesen wird und es zum Tarifwechsel kommt, ansonsten bleibt die Beratung kostenfrei.“
Als Honorar verlangt Minerva einmalig 60 Prozent der jährlichen Ersparnis zuzüglich 19 Prozent Mehrwertsteuer. Bei einer monatlichen Ersparnis von 200 Euro wären somit 1.714 Euro fällig. Über die durchschnittliche Honorarhöhe macht das Unternehmen keine Angabe.
Erfolgshonorar setzt Fehlanreize
Diese Dienstleistung ist weiterhin umstritten. Weil nach der Einsparung honoriert wird, besteht ein Anreiz, einen besonders günstigen Tarif zu vermitteln, sagen Verbraucherschützer. Auch der Bundesverband der Versicherungsberater (BVVB) hat sich gegen eine Erfolgshonorierung ausgesprochen. Das Geschäftsmodell bewirke Fehlanreize. So warnt der BdV davor, dass nur um ein Honorar zu verdienen, die Kunden in günstige, aber nicht sinnvolle Tarife gedrängt werden könnten. Das OLG München hat aber festgestellt, dass nach der aktuellen Vermittlerverordnung keine Einschränkung für die Art der Honorierung gilt. „Der Gesetzgeber lasse Erfolgshonorare für Versicherungsberater bei der Tarifwechsel-Beratung und bei der Versicherungsvermittlung ausdrücklich zu“, so Ferrarese.
Der Berufsstand des Versicherungsberaters genießt aber nach Ansicht des BdV eine besondere Vertrauensstellung. „Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten eine unabhängige und ergebnisoffene Beratung“, sagt BdV-Chef Axel Kleinlein. Er will nun gegen das Urteil Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) einlegen. Sollte der BGH das Urteil nicht kippen, müsste der Gesetzgeber tätig werden, fordert Kleinlein. In der Vergangenheit hatte der BdV schon ein Urteil gegen einen Versicherungsmakler verloren, der für die Wechselberatung eine Servicegebühr verlangt hatte. Das Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil vom 13.06.2018, Az.: 6 U 122/17) hatte bestätigt, dass auch die Beratung eines Tarifwechsels in der Haupttätigkeit Versicherungsvermittlung ist.
BdV ist indirekt „Wettbewerber“
Problematisch ist nach Einschätzung des Versicherungsberaters Ferrarese, dass der BdV nach eigenen Angaben ebenfalls im Markt der Tarifwechselberatung aktiv ist. So verlangt die BdV Verwaltungs GmbH (BVG) aus Henstedt-Ulzburg für eine solche Beratung derzeit 570 Euro. Das ist ein Festpreis, den BdV-Mitglieder zusätzlich zum Mitgliedsbeitrag zahlen müssen, wenn sie eine PKV-Tarifwechselberatung in Anspruch nehmen möchten.
Aktuell will der BdV seine Beratungstätigkeit sogar auf Nicht-Mitglieder ausdehnen. Nach eigenen Angaben wird derzeit an einem Leistungskatalog inklusive der dazugehörigen Preise gearbeitet. Nach Einschätzung von Minerva würde der Verbraucherschützer in Wahrheit über seine Tochtergesellschaft als Wettbewerber auftreten. „Daher drängt sich die Frage auf, ob der BdV seine Sonderstellung nicht für eigene wirtschaftliche Interessen ausnutzt“, so Versicherungsberater Ferrarese. Der BdV ist laut dem Bundesamt der Justiz nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eine „qualifizierte Einrichtung“ und darf im Interesse der Verbraucher Verbandsklagen führen.
Sieht keinen Interessenkonflikt
Der BdV sieht hinsichtlich seines öffentlichen Kampfes gegen unseriöse Tarifwechselberatung und den eigenen Aktivitäten keinen Interessenkonflikt. Zwar sei die Tochtergesellschaft ebenfalls als Versicherungsberaterin zugelassen. Sie würde aber kein erfolgsabhängiges Honorar für Tarifwechselberatung verlangen. Das Honorar falle auch dann an, wenn das BdV-Mitglied nicht in einen anderen Tarif wechseln könne.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek