Ein Versicherungsmakler wollte einer angehenden Beamtin in die private Krankenversicherung verhelfen. Das ging schief, und auch einige Ausreden wurden vom Gericht nicht akzeptiert.
In einem vom Oberlandesgericht Dresden behandelten Verfahren (Hinweisbeschlüsse vom 10.3.2021, Az. 4 U 2372/20, und vom 3.5.2021, Az. 4 U 2372/20, VersR 20/20211, 1295-1298) ging es um eine Klägerin, die von einem Versicherungsmakler Schadensersatz wegen Falschberatung forderte.
Vorerkrankte Beamtin
Die Dame bekam 2013 in Aussicht gestellt, nach einem Stellenwechsel verbeamtet zu werden. Dafür recherchierte sie im Internet Möglichkeiten zum Wechsel aus der gesetzlichen in die private Krankenversicherung. Dazu gab sie Kontaktdaten ab, die dann anschließend wohl als ein im Branchenjargon so bezeichneter Lead an einen Makler ging.
In einer telefonischen Erstberatung versprach der Makler, sich nach Wechselmöglichkeiten zu erkundigen. Allerdings gab die Klägerin auf Nachfrage hin an, dass sie eine Vorerkrankung aufweise, das Wolff-Parkinson-Syndrom. Nach einiger Zeit erhielt die Klägerin eine E-Mail vom Makler, dass er nach verschiedenen Anfragen bei Versicherern erfahren habe, dass diese Diagnose die Versicherbarkeit in Frage stelle. Er forderte Arztberichte an, die er auch erhielt und weiterreichte. Letztlich aber blieb der Makler erfolgslos und teilte der Kundin mit, sie sei nicht versicherbar.
Nachdem die Dame ein Jahr später auf Probe verbeamtet wurde, trat sie erneut mit dem Makler in Kontakt. Nachdem der wiederum rund ein Dreivierteljahr später immer noch nur mitteilen konnte, dass es noch keine Versicherungsmöglichkeit gebe, versicherte sich die Klägerin auf eigene Initiative hin bei einer Versicherungsgesellschaft.
Nicht auf Öffnungsaktion hingewiesen
Das Problem dabei: Der Makler hatte versäumt die Kundin auf die so genannte Öffnungsaktion hinzuweisen, mit der eine Aufnahme in eine private Krankenversicherung zum Zeitpunkt der Verbeamtung selbst dann noch erfolgen konnte, wenn eine Vorerkrankung vorlag. Dies wäre ohne Leistungsausschluss und ohne Risikoprüfung verbunden mit einem begrenzten Beitragszuschlag von maximal 30 Prozent über die ersten sechs Monate möglich gewesen.
Der geltend gemachte Schaden bestand darin, dass die Kundin durch den verspäteten Wechsel von dieser Öffnungsaktion nicht mehr profitieren konnte und bei dem selbst gesuchten Versicherer höhere Beiträge zahlen muss. Um welche Summen es sich dabei handelt, wurde im Hinweisbeschluss nicht aufgeführt.
Maklervertrag kommt ohne expliziten Vertrag zustande
Das Landgericht hatte den Makler bereits überwiegend verurteilt, seine Berufung war erfolglos. Der Makler konnte die Gerichte nicht davon überzeugen, dass noch gar kein Maklervertrag zustande gekommen sei. Dafür ist kein schriftlicher Maklervertrag erforderlich.
Schon allein die Tatsache, dass der verklagte Makler den Auftrag zur Suche nach einer geeigneten Krankenversicherung angenommen, Fragen gestellt, Unterlagen entgegengenommen und Anfragen an verschiedene Versicherungsgesellschaften gerichtet hat, deutet darauf hin, dass ein Maklervertrag gewollt war. Wäre der Makler erfolgreich gewesen, hätte er zudem eine Provision beanspruchen können, was „sein wirtschaftliches Interesse an der Vermittlung eines Krankenversicherungsvertrags“ begründet.
Volle Beratungspflicht gegeben
Ins Leere lief auch der Versuch, sich als „Tippgeber“ des Online-Portals darzustellen, über das die Anfrage ursprünglich kam. Das Oberlandesgericht stellte fest, dass eine solche Absicht, nur Tippgeber sein zu wollen, gar nicht erkennbar wurde. Abgesehen davon spreche „das objektive Erscheinungsbild der Tätigkeit“ klar für eine Versicherungsvermittlung und nicht bloß eine Adressweitergabe.
Nicht einmal die ohnehin inhaltlich veraltete, im Beschluss zitierte Ansicht aus einem VVG-Kommentar, im Internetvertrieb könne man den Beratungspflichten nicht oder nicht vollständig nachkommen, half dem beklagten Makler weiter. Allein die Aufnahme der Tätigkeit zeigt, dass ein Maklervertrag geschlossen wurde und damit auch Beratungspflichten entstanden sind.
Ein letzter, vergeblicher Versuch war, der Klägerin mindestens ein erhebliches Mitverschulden zuzuschreiben, weil erfahrungsgemäß die Dienstgeber ihre Neubeamten auf die Öffnungsaktion hingewiesen hätten. Das aber konnte der Makler weder beweisen noch gab es Indizien, die dafür sprachen, dass die Kundin von dieser Möglichkeit wusste.
Gute Marktkenntnis unabdingbar
Die Beschlüsse zeigen einmal mehr die Bedeutung einer ausreichenden Qualifikation und einer guten Marktkenntnis, wenn man als Versicherungsmakler bestehen will. Jede Sparte hat ihre Tücken, so wie hier die private Krankenversicherung. Diese sollte man kennen – oder die Finger davon lassen beziehungsweise Kooperationen mit Spezialmaklern suchen, die das nötige Knowhow vorhalten.
Autor(en): Matthias Beenken