"Guter Rat ist selten“ urteilt die Stiftung Warentest über die Leistungen von Versicherungsmaklern und Versicherungsberatern. Untersucht wurden vier bundesweit aktive Versicherungsmakler, 16 Maklerkleinbetriebe und acht Versicherungsberater.
Mit Namen genannt und mit Noten bewertet wurden aber nur die bundesweit aktiven Versicherungsmakler, bei denen sich verdeckte Tester 32 Mal beraten ließen (Finanztest Heft 12/20). Das Anliegen: Sollen die vermeintlichen Kunden in die private Krankenversicherung (PKV) wechseln? Nach Darstellung der Stiftung Warentest waren Legende und Musterfall so gestaltet, dass die Berater von einem Umstieg in der PKV abraten mussten. Das bestätigt der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK). „Ein Kunde der nur kurz über der Beitragsbemessungsgrenze verdient und zudem noch zwei Kinder plant, sollte nicht in die PKV wechseln“, sagte Andreas Vollmer, Vizepräsident des BVK. So kämen für die Kinder noch rund 400 Euro monatlicher Zusatzbeitrag hinzu. Und aus Gerechtigkeitsgründen hätte man die Ehefrau noch mit einer stationären Zusatzversicherung ausstatten müssen, meint Experte Vollmer.
Unausgewogene Auswahl
Trotzdem hält er die Untersuchung für problematisch. So würde die Auswahl der Maklerbetriebe kaum die Branche repräsentieren. Bei den bundesweiten Maklern wären teilweise „strukturierte Finanzvertriebe“ ausgewählt worden. Und bei den Kleinbetrieben sei nicht klar, ob es sich um breit aufgestellte Vermittler handeln würde. „Ein fachkundiger Versicherungsmakler, der vom Empfehlungsgeschäft lebt, berät heute nachhaltig und achtet auf seine Reputation“, sagt Vollmer. Daher würde die Beratung in der Masse des Marktes ganz anders aussehen.
„Wir würden dem Kunden klar vom PKV-Wechsel abraten“, so Vollmer, der in Bielefeld als Geschäftsführer eines Maklerunternehmens tätig ist. Die Empfehlung wäre, abzuwarten und erst nach einem deutlichen Karriere- und Einkommenssprung sich erneut beraten zu lassen. „Vollkommen zu kurz kommt zudem die Risikovoranfrage“, meint Vollmer. Sie hätte bei den Vorerkrankungen dem Kunden deutlich gemacht, dass er mit einer erhöhten Prämie rechnen müsste. Aus dem Test geht nicht hervor, ob eine Gesundheitsprüfung thematisiert wurde. Gleichzeitig zeige der Test laut dem BVK deutlich, dass Provisionen keinen Einfluss auf die Beratung hätten. Denn vier der acht Versicherungsberater, die auf Honorarbasis entlohnt werden, hätten ebenfalls einen Wechsel in die PKV empfohlen.
Von den bundesweit tätigen Versicherungsmaklern hatten in 32 Gesprächen 21 Berater einen Umstieg in die PKV „direkt oder indirekt“ empfohlen, wie die Stiftung Warentest schreibt. Was genau unter „indirekt“ zu verstehen ist, bleibt offen. Immerhin erreichte der Makler Hoesch & Partner die Schulnote „gut“ (2,4), während die Plansecur Finanz GmbH und die Dr. Klein Privatkunden AG mit „befriedigend“ (2,6 und 3,2) abschnitten. Abgeschlagen ist die MLP Finanzberatung SE mit „ausreichend“ (3,6).
BDVM-Mitglied „gewinnt“
Daher verweist der Bundesverband der Deutschen Versicherungsmakler (BDVM) darauf, dass das einzige Verbandsmitglied, Hoesch & Partner, den Test „gewonnen“ hat. Der BDVM sieht die Testkonzeption der Stiftung Warentest aber insgesamt kritisch. Der Test sei so angelegt, dass als Ergebnis gewünscht wird, beim bestehenden Status quo zu bleiben, also in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Gleichzeitig werde der politisch kontrovers diskutierte Systemvergleich thematisiert. „Das führt nicht zu einer optimalen Beratungssituation, speziell dann, wenn wie vorliegend, extrem langfristige Entscheidungen anstehen“, stellt Hans-Georg Jenssen, Geschäftsführender Vorstand des BDVM, fest.
Ungerechte Gewichtung
So würden die Problembereiche der GKV nicht gleichgewichtig bewertet. „Wer sagt denn, ob nicht in Zukunft auch für gesetzlich Krankenversicherte ein höherer Beitrag gezahlt werden muss, einfach weil wir uns das bisherige System nicht mehr länger leisten können?“ Nicht ausreichend thematisiert worden wäre, dass je nach Eintrittsalter, Gesundheitszustand und Geschlecht die Beiträge zur PKV geringer ausfallen können. Zudem fehle der Hinweis, dass je nach Tarif die Leistungen der PKV besser als die der GKV sind. „Es stellt sich dann die Frage, was sind einem Wechselwilligen die jeweiligen Punkte wert“, so Jenssen. Daher machten es sich die Verbraucherschützer zu leicht, wenn sie die vermeintlichen Nachteile bei einem Wechsel zur PKV aufführen, aber ihre Vorteile nicht gewichten.
Kritisch sehen ebenfalls Praktiker den Test. „Die Stichprobe ist keineswegs repräsentativ und deswegen im Ergebnis durchaus angreifbar“, sagt Philipp Kanschik, Mitglied der Geschäftsleitung bei Policen Direkt, das Maklerunternehmen aufkauft. Allerdings lohne die Textlektüre gerade für Einzelmakler, weil sie wichtige Erkenntnisse bringt. „Pflichtinformationen und Abfrage der Kundensituation kosten Zeit“, so Kanschik. Wer hier seinen Organisationsgrad digital unterstützt verbessert, habe mehr Zeit für die Beratung. „Wer beispielsweise im Vorfeld dem Kunden den Link zu einer standardisierten Online-Bedarfsanalyse schickt, kann sich entsprechend auf das Gespräch vorbereiten“, so der Experte.
Gelungene Online-Beratung
Und noch eine Erkenntnis bringt der Test, den die Beratungen fanden im Juni und Juli 2020 – mitten in der Pandemie - statt und wurden daher per Telefon, per Handy oder am Computer mit oder ohne Videoübertragung geführt. Über technische Probleme berichtet die Stiftung Warentest aber nicht. Anscheinend sind viele Makler und Berater hier längst gut aufgestellt. Wer seine digitale Fitness aber noch erhöhen möchte, kann aktuell einen Check bei Policen Direkt nutzen.
Der nächste Test der Verbraucherschützer kommt bestimmt.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek