Risikoscheue Lebensversicherer sind nicht gut für die Kunden. Hier schneiden deutsche Unternehmen im Vergleich zu europäischen Anbietern gut ab. Das ist ein wichtiges Ergebnis einer Studie, die der Bund der Versicherten (BdV), Better Finance und Zielke Research veröffentlicht haben. Untersucht wurden die zehn größten Lebensversicherungsunternehmen aus Frankreich, Spanien, Italien, Deutschland und den Niederlanden.
Durch die steigende Inflation wird es für Lebensversicherungskunden in anderen europäischen Staaten problematisch. Denn die Inflation könnte sich hier besonders negativ auswirken. „Aus Sicht des Verbrauchers spielt die Inflation eine entscheidende Rolle. Selbst wenn die Solvenz nicht angetastet wird, stellt eine schlechte Rendite eines Versicherungsprodukts bei hoher Inflation ein enormes Risiko dar. Die Inflation ist der Hauptfeind eines jeden Preis-Leistungs-Angebots", so die Autoren der Studie.
Nur Staatsanleihen lohnen nicht
Die Analytiker rechnen daher damit, dass mehr Kunden ihre Verträge zurückkaufen. Der risikoscheueste Versicherer ist Vida Caixa in Spanien, der mehr als 85 Prozent seines Kapitals in Staatsanleihen investiert hat. „In diesem Fall könnten sich die Versicherungsnehmer zu Recht fragen, warum sie sich für die Dienste eines Vermittlers entschieden haben, obwohl sie auch direkt hätten investieren können“, kritisieren die Wissenschaftler, der Studie „Solvency Reports 2021 under Examination“.
Gute Diversifizierung bei deutschen Lebensversicherern
Demgegenüber ist eine Diversifizierung gut für die Versicherungsnehmer. Das Marktrisiko kann dann hoch sein. „In Deutschland sind die Werte in dieser Hinsicht trotz einer eher geringen Investitionsquote in Aktien relativ hoch - vor allem dank einer guten Mischung biometrischer Risiken“, loben die Autoren. „Mit Ausnahme von Deutschland haben die anderen europäischen Versicherungsgesellschaften stark in Staatsanleihen investiert“, stellt auch der frühere Vorstand und heutige BdV-Aktuar, Axel Kleinlein, in einer gemeinsamen Pressemitteilung fest. Wenn die Zinsen steigen, würden die bestehenden Policen eine geringere Rendite abwerfen, und die Versicherungsnehmer müssten sich über mögliche reale Verluste im Klaren sein.
Solvabilität II sollte an die IFRS angeglichen werden
Doch es gibt in der Studie auch allgemeine Kritik. Weiterhin sei es unmöglich, die tatsächliche Asset Allocation der Versicherer zu erfahren. Grund sei, dass es keine transparenten Investmentfonds gibt. Die Versicherer könnten ihre Vermögenswerte einfach auf ein Fondsvehikel übertragen und müssten so die Einzelheiten nicht mehr offenlegen. Teilweise würden bis zu 60 Prozent der Vermögenswerte so intransparent. Daher fordern die Autoren eine Anwendung der IFRS-Konsolidierungsgrundsätze.
„Damit würde diese Praxis zum Verschwinden kommen“, heißt es in der Studie. Um den Versicherern zu helfen, mehr in reale Vermögenswerte wie Aktien zu investieren, sollte Solvabilität II an die IFRS angeglichen werden, wie es bei Basel 3 bereits der Fall sei. „Dies würde den Versicherern helfen, mit der Volatilität umzugehen, und den Versicherungsnehmern einen Anreiz bieten, weiterhin für ihren Ruhestand zu sparen.“ Andernfalls könnte es unmöglich werden, die demografischen Herausforderungen zu bewältigen.
EU-Datenbank für SFCR-Berichte gefordert
Obwohl es eine gesetzliche Verpflichtung zur Veröffentlichung der SFCRs gibt, sind die Berichte nach Feststellung der Autoren in einigen Ländern nur unter großen Schwierigkeiten oder durch ausdrückliches Nachfragen bei den Unternehmen zu finden. Darüber haben die Wissenschaftler daher die europäische Aufsichtsbehörde EIOPA informiert. "Wir brauchen unbedingt eine gemeinsame, frei zugängliche Datenbank, in der alle SFCRs kostenlos heruntergeladen werden können“, forderte der Marktbeobachter Carsten Zielke.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek