Um das Thema Altersvorsorge und zur Rolle der Vermittlerinnen sowie Vermittler und Vergütung ging es bei der diesjährigen Jahreshauptversammlung des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK). Vor allem beim Thema Vergütung gab es – wie zu erwarten – unüberbrückbare Differenzen, da auch Bianca Boss vom Bund der Versicherten (BdV) eingeladen war.
Ein Problem sieht die Verbraucherschützerin darin, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher glaubten, dass die Beratung beim Vermittler umsonst sei. BVK-Präsident Michael Heinz konterte, dass sich die Kundinnen und Kunden nicht für die Beratungskosten interessierten. Die Kunden wüssten sehr wohl, dass die Vermittler nicht karitativ unterwegs seien. Die Frage, die mir hierzu einfällt: Will jemand beim Autokauf wissen, was der Autohändler verdient? Ich denke nein.
Provisionsberatung ist kein Teufelswerk
Es ist nicht neu, dass von vielen Verbraucherschützern die Honorarberatung als Allheilmittel angesehen wird. Im Gleichklang wird von ihnen, aber auch vom europäischen Gesetzgeber die Provisionsberatung prinzipiell als Teufelswerk angesehen. Dabei sprang Christoph Mayer, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, den Vermittlern zur Seite. Er meinte, dass es in allen Lebensbereichen schwarze Schafe gebe. Da hat er recht, denn schon der ehemalige Bafin-Präsident Felix Hufeld meinte einmal: „Ich halte es für naiv zu glauben, dass in der Honorarwelt grundsätzlich treusorgende, ehrliche, nur dem Interesse der Kunden verpflichtete Berater unterwegs sind, während auf der Provisionsseite verdeckte Eigeninteressen regieren.“
Gleiche Regeln für alle
Dazu kommt: Jeder Finanz-Influencer kann sich heute Honorarberater nennen. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, entsprechende gesetzliche Regeln zu definieren. Es muss gelten: Gleiche Regeln im gleichen Spielfeld. Damit meine ich zum Beispiel die Qualifikationsanforderungen und Dokumentationspflichten, die auch die Vermittler erfüllen müssen. Honorarberatung ist in Ordnung, sie darf aber nicht zu Lasten der Provisionsberatung gehen. Kunden haben schon heute die freie Wahl zwischen den Beratungsansätzen. In der Debatte um die EU-Kleinanlegerstrategie setzt sich der BVK denn auch für eine Koexistenz von Provisions- und Honorarvergütung ein. Denn sie fördert den Wettbewerb und sorgt für Beratungsvielfalt.
„Das nervt uns auch!“
Dabei steht außer Frage, dass es bei bestimmten provisionsgetriebenen Vertrieben zu Exzessen gekommen ist. BVK-Präsident Michael Heinz sprach hier von Verwerfungen. „Das nervt uns auch“, betonte er. FDP-Mann Mayer machte klar, dass es letztendlich die Aufgabe des Strafrechts sei, wenn Beteiligte gegen geltende Regeln verstoßen. Der Gesetzgeber könne nicht alle Einzelfälle lösen.
Deshalb ist es aus meiner Sicht unredlich, wenn ein ganzer Berufstand unter Generalverdacht gestellt wird. Denn die Beschwerden beim Versicherungsombudsmann über Vermittler sind extrem gering. Die Anzahl der Beschwerden gegen Vermittler ist von 444 im Jahr 2022 auf 318 im vergangenen Jahr gesunken – bei über 18.000 Beschwerden insgesamt.
Versicherungsberater wenig bekannt
Verbraucherschützerin Boss kritisierte auch, dass Kunden die Leistungen von Versicherungsberatern, die auf Honorarbasis beraten, viel zu wenig kennen. Da hat sie zwar recht, aber das scheint mir in erster Linie ein Problem der finanziellen Bildung insgesamt hierzulande zu sein. Das erklärt auch, warum viele Menschen sehr viel Geld auf niedrig verzinsten Spar- und Tagesgeldkonten platziert haben. Dann wundert es auch nicht, wenn zum Beispiel nur vier Prozent der Bevölkerung in Deutschland überhaupt mit dem Begriff ETF etwas anfangen können. Eine bessere Finanzbildung tut Not!
Blick in die Niederlande
Was aber passiert, wenn die provisionsorientierte Beratung verboten wird, sieht man nach über zehn Jahren Erfahrung in den Niederlanden. Roger van der Linden, Präsident des niederländischen Maklerverbands ADFIZ, sagte bei der BVK-Jahreshauptversammlung wörtlich: „Der Beratungsmarkt in den Niederlanden ist tot.“ Die meisten Makler hätten sich neu orientiert und würde heute Hypotheken vermitteln. Aber in der Altersvorsorge gebe es keine Beratung mehr.
Heinz keilt gegen Politik
„Vermittler sind nicht das Problem, sondern Teil der Lösung von sozialen Fragen wie der Altersversorgung“, ist BVK-Chef Heinz überzeugt. Er kritisierte die Politik, die dem Image der Vermittlerschaft jahrelang geschadet und eine ganze Berufsgruppe unter Generalverdacht gestellt habe. Provisionsverbote – auch partielle – lehnt der Verband strikt ab.
Darin steckt viel Wahrheit. Da der klamme Staat sich immer stärker aus den Sozialsystemen zurückzieht, sind Vermittler wichtig, da sie bei den Kunden das Bewusstsein für Vorsorge wecken. Denn niemand wird morgens wach und sagt sich, dass er heute eine fondsbasierte Rentenversicherung braucht.
Autor(en): Bernhard Rudolf