PKV auf Erholungskurs

Die Talfahrt im Neugeschäft der privaten Krankenversicherung ist gestoppt - allerdings nur dank Sondereffekten. Die Spätfolgen der Gesundheitsreform vom April 2007 sind unübersehbar. Dauerhafte Genesung sieht anders aus.

Anfang 2009 war die Zahl der PKV-Vollversicherten auf 8,64 Millionen angewachsen. Netto kamen damit 90.300 Kunden neu dazu, nachdem es 2007 nur 59.900 gewesen waren. Zur Jahresmitte 2009 wurde ein Nettoneuzugang von weiteren 98.800 Kunden gegenüber dem ersten Halbjahr 2008 registriert. Damit kann die private Krankenversicherung, deren Beitragsstabilität in besonderem Maße vom Zustrom jüngerer, gesunder Kunden abhängt, durchatmen.

Wachstum basiert auf Sondereffekten
Für Entwarnung ist es jedoch zu früh, ließ GDV-Präsident Rolf-Peter Hoenen auf der gestrigen Jahrestagung in Berlin durchblicken. Zwar rechnet er für 2009 mit Beitragseinnahmen von 29,4 Milliarden Euro - ein Plus von 3,8 Prozent in der Voll- und Zusatzversicherung zusammen -, doch das Wachstum basiert wesentlich auf Sondereffekten. Ein Sondereffekt war die gesetzliche Einführung einer allgemeinen Pflicht zur Krankenversicherung zum 1. Januar 2009. Dies bescherte der PKV noch 2008 im Vorgriff 20.900 neue Kunden. Weitere 20.500 Kandidaten sind noch gesetzlich krankenversichert, schlossen aber noch 2008 reine Anwartschafts-versicherungen ab und sicherten sich somit für die Zukunft einen Tarif der „alten PKV-Welt“. Bereinigt um beide Sondereffekte betrug der mit den Vorjahren vergleichbare Neuzugang 48.900 Personen, erklärte PKV-Verbandschef Reinhold Schulte (Signal-Iduna). Noch immer wirke sich die 2007 eingeführte 3-Jahres-Wartefrist für Arbeitnehmer oberhalb der Versicherungspflichtgrenze "sehr negativ auf die Branche aus".

Mit 8,74 Millionen privat Vollversicherten gibt es so viel PKV-Kunden wie nie zuvor. Dazu haben auch die negativen Schlagzeilen vor Einführung des Gesundheitsfonds und die Beitragserhöhungen in der GKV beigetragen, gab Schulte unumwunden zu. Für den neuen Basistarif, der Leistungen im Umfang der GKV auch im Alter zum Höchstbeitrag der GKV abbildet, hätten sich bisher nur knapp 10.000 Kunden entschieden.

PKV denkt an Verhandlungsmandat im Auftrag ihrer Kunden
Die Beitragseinnahmen 2008 stiegen in der privaten Kranken-Vollversicherung 2008 um 2,8 Prozent auf 28,36 Milliarden Euro. Für 2009 rechnet die Branche mit Beitragseinnahmen von 29,44 Milliarden Euro – also einem Plus von wiederum 3,8 Prozent. Doch die Leistungen steigen stärker als die Einnahmen: 2008 kletterten sie um 6,7 Prozent auf 19,55 Milliarden Euro. Im Jahr 2009 werden die Leistungen voraussichtlich 20,72 Milliarden Euro erreichen - ein Plus von wiederum knapp sechs Prozent. Diese Kostensteigerungen gehen deutlich über die Entwicklung in der GKV hinaus, konstatiert Schulte. Man bemühe sich daher weiterhin, mehr Einfluss auf Preise, Mengen und Qualität der Leistungen nehmen zu dürfen. Der Branche schwebt ein Verhandlungsmandat im Auftrag ihrer Kunden vor, insbesondere gegenüber der Pharmaindustrie und den Zahnärzten.

Ein Grund für den vermehrten Wechsel in die PKV sei auch das Wissen um die Alterungsrückstellungen, die Kunden im Gegensatz zur GKV vor exorbitanten Beitragssprüngen im Alter schützen soll. Diesen Rückstellungen wurden 2008 insgesamt 8,7 Milliarden Euro in der Vollversicherung zugeführt. Damit verfügte die PKV Ende 2008 über 115,19 Milliarden Euro für die Krankenversicherung, die laut Schulte bis Ende 2009 auf über 140 Milliarden Euro anwachsen dürften. Das Prinzip der Kapitaldeckung erweise sich auch in Zeiten der Finanzmarktkrise als zukunftssicher: "Alle Unternehmen konnten 2008 den Rechnungszins bedienen", so Schulte.

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Autor(en): Detlef Pohl

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