Kostendruck bremst Wachstum nicht aus

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Eine Horváth-Befragung von Vorstands- und Geschäftsführungsmitgliedern großer Versicherungsunternehmen zeigt: Trotz weitgehend gesättigtem Markt und intensivem Verdrängungswettbewerb rechnen Versicherer in der DACH-Region in diesem Jahr mit einem gestiegenen Prämienwachstum.

So erwarten die Befragten ein Wachstum von 4,5 Prozent bei den Prämien – im Vergleich zum Vorjahr eine erneute Steigerung (2023: +3,9 Prozent). Die Entwicklung wird vor allem getrieben durch die Schaden- und Unfallversicherung sowie die Krankenversicherung – die Lebensversicherung stagniert. Über alle Versicherungssparten hinweg sehen die Versicherungsunternehmen den Weg zum Wachstum vor allem in Prämienerhöhungen (55 Prozent) und weniger durch ein größeres Volumen von Neuvertragsabschlüssen (45 Prozent). Das sind Ergebnisse der Studie „Assekuranzen 2024“ der Managementberatung Horváth.

Welche Faktoren die Kosten in die Höhe treiben

Nach Einschätzung des Unternehmens steht aber die Ertragsseite unter Druck: „Das Thema Profitabilität beschäftigt die Versicherer derzeit deutlich stärker als in den Vorjahren und ist eines der Top-Themen auf ihrer Agenda“, sagt Martin Müller, Partner und Insurance-Experte bei Horváth. „Die stark gestiegenen Schaden- und Leistungsaufwände, enorme Ausgaben für digitale Transformation und operative Resilienz, sowie hohe Umsetzungsaufwände für regulatorische Muss-Themen treiben die Kosten in die Höhe.“

Neun von zehn Befragten in der Schaden- und Unfallversicherung geben an, dass Beitragserhöhungen (von teilweise bis zu 20 Prozent) ein wichtiger oder sehr wichtiger Hebel sind. 92 Prozent halten die Optimierung der Schadenquote für wichtig oder sehr wichtig, um ein stabiles Niveau zu halten. Auch die gezielte Sanierung der Bestände ist ein häufiges gewähltes Mittel (60 Prozent). Besonders wichtig aus Sicht von Horváth-Experte Müller die Kommunikation gegenüber dem Kunden, bei dem vor allem eine Preissteigerung ankommt. Auch der Vertrieb müsse rechtzeitig vorbereitet werden und der Service dürfe nicht leiden.

Indexgebundene und biometrische Produkte stärker gefragt

In der Sparte „Leben“ hat sich die Situation durch die gestiegenen Zinsen etwas entspannt – der enorme Druck auf die Lebensversicherer in den Niedrigzinszeiten, Garantien zu erfüllen, hat etwas nachgelassen. Über die Kapitalanlageseite ist Profitabilität wieder leichter erreichbar. Aber natürlich ist das Geschäft mit Einmalzahlungen massiv eingebrochen. Indexgebundene und biometrische Produkte sind dagegen auf dem Vormarsch, teilweise auch aktiv gesteuert im Sinne des Portfoliomanagements (82%). Dennoch ist bleibt Kostendisziplin weiterhin sehr wichtig (75 Prozent). „Sobald die Zinssituation sich ändert, werden wieder Themen wie Run off diskutiert werden, die aktuell nicht so stark im Vordergrund stehen“, ist Horváth-Partner Müller überzeugt.

„Die Ergebnisse zeigen, dass die Versicherer erkannt haben: ,Back to Basics‘ ist das Gebot der Stunde, um erfolgreich zu sein“, sagt der Insurance-Experte. „Dazu müssen sie ihre Hausaufgaben machen: verstärkt auf eine auskömmliche Tarifierung achten, Sanierung gezielt nutzen und Wachstum nicht um jeden Preis, sondern selektiv. Gleichzeitig gilt es, sich auf die Stärken im Asset- und Schadenmanagement zu besinnen.“

Erste Erfahrungen mit Künstlicher Intelligenz 

Weitere Top-Themen auf der Agenda der Versicherungsunternehmen sind: digitale Transformation (97 Prozent), Personal (90 Prozent) und Cyber Security (78 Prozent). „Im Vergleich zum Vorjahr sind die Versicherer im Bereich Cyber Security deutlich besser aufgestellt. Sie haben massiv investiert und schätzen ihren Reifegrad deutlich höher ein“, sagt Martin Müller.  70 Prozent der Versicherer haben zudem bereits erste, konkrete Erfahrungen mit Künstlicher Intelligenz gesammelt. Horváth-Experte Müller dazu: „Ein strukturierter Ansatz entlang der Wertschöpfungskette ist allerdings noch die absolute Ausnahme. Dadurch wird es schwer echte Skalierbakeit zu erreichen und daraus resultierende Effizienzen zu heben. Und auch das Thema Governance und Compliance mit KI wird noch nicht im erforderlichen Umfang berücksichtigt.“ 

Hintergrundinformationen

Für die Horváth-Studie „Assekuranzen 2024“ wurde eine repräsentative Auswahl an Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern aus Versicherungsunternehmen in der DACH-Region befragt. Die Stichprobe umfasst 70 Befragte. Die Interviews fanden im Rahmen der internationalen Horváth-Studie „CxOs Priorities 2024“ statt, für die branchenübergreifend mehr als 770 Unternehmensverantwortliche befragt wurden.

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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