Die Altersvorsorge hat 2022 einen ganz schweren Stand. Die Überschüsse werden von der Inflation gefressen. Eine reale Rendite ist mit konservativen Produkten nicht mehr möglich. Daher erwarten die Lebensversicherer für 2022 einen Boom beim Absatz von Fondspolicen – vor allem für Produkte ohne jede Garantie.
Das zeigt die Befragung von 31 Lebensversicherungen durch die Rating-Agentur Assekurata im Rahmen der Marktstudie 2022. Hier erreichen Fondspolicen ohne Garantie die höchste positive Erwartung für das laufende Jahr (siehe Tabelle). Auf den Rängen folgen Berufsunfähigkeits- und Grundfähigkeits-Versicherung sowie Fondspolicen mit Garantien. Die Experten sind skeptisch. „Das Nachfrageverhalten der Kunden ist immer noch sehr garantieorientiert“, stellte Reiner Will bei Vorstellung der Untersuchung fest. „Wir können den Kunden nicht heute einfach nur Fondspolicen mit allen Vorteilen auf der Renditeseite anbieten“, so der Analyst. Klassikprodukte hätten daher noch ihre Daseinsberechtigung.
Können keine hohen Überschüsse mehr erzielen
Sie lohnen aber immer weniger, denn die Lebensversicherer können aufgrund des niedrigen Zinses für sichere Anlagen keine hohen Überschüsse mehr erzielen. Eine Musterrechnung der Assekurata zeigt, dass die Beitragsrendite bei klassischen Lebensversicherungen im Marktdurchschnitt nur noch bei 1,79 Prozent liegt. Im vorigen Jahr waren es noch 1,88 Prozent gewesen. Auch die Produkte der so genannten Neuen Klassik, die deutlich abgespeckte Garantien enthalten, schaffen im Schnitt bei einem aktuellen Abschluss nur eine Beitragsrendite von 2,24 Prozent, nach 2,31 Prozent in 2021.
Eine solche Musterrechnung kann die Assekurata für Index-Policen nicht erstellen. „Die Produkte sind zu komplex und ihre Performance hängt stark vom Stichtag ab, an dem die Rendite gutgeschrieben wird“, erläuterte Experte Heermann. Index-Policen, die am Verlauf des jeweiligen Index partizipieren, gelten als konservative Produkte, weil die Kunden bei negativer Börsenentwicklung kein Geld verlieren können. In einer Rückbetrachtung seit 2014 kommt Assekurata immerhin auf eine durchschnittliche „historische“ Renditegutschrift von 3,09 Prozent.
Damit liegt auch diese Produktgattung in ihrer Performance unter der aktuellen Inflation, die 2021 bei 3,1 Prozent lag. „Wenn man den Status Quo der Inflation nimmt kann sich heute der Abschluss einer konventionellen Lebensversicherung nicht lohnen, weil ja unter dem Strich nicht einmal die Inflationsrate erwirtschaftet wird“, erläuterte Heermann.
Bei Riester-Policen müssen Bruttobeiträge vom Anbieter garantiert werden
Da ist es kein Wunder, dass die Klassikprodukte in der Erwartung der Lebensversicherungsunternehmen vollkommen abgeschlagen sind. Für sie wird eine sehr negative Entwicklung erwartet. Klassiker werden zudem kaum noch angeboten. Grund ist die Absenkung des Höchstrechnungszinses auf 0,25 Prozent. Nur noch drei Lebensversicherungen bieten die staatliche geförderte Riester-Rente an. "Wir konnten die Zahl von zehn Anbietern, die der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft kürzlich genannt hat, nicht bestätigen", sagte Lebensversicherungsexperte Heermann.
Bei Riester-Policen müssen die Bruttobeiträge vom Anbieter garantiert werden. Das sei aufgrund des neuen Höchstrechnungszinses nun kaum noch möglich. Nur noch 21 Unternehmen bieten laut Assekurata überhaupt noch klassische Produkte an. Das Sortiment ist zudem stark eingeschränkt. Es gibt noch sechs Anbieter, die die Basis-Rente im Portfolio haben, bei Privatrenten sind es zwölf und bei Kapitallebensversicherungen noch 13.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek