IFRS für Versicherer: Umsetzung naht, Problem der Volatilität bleibt

Die Auswirkungen der geplanten neuen Bilanzierungsregeln werden „massive Auswirkungen“ auf die Versicherungsbranche haben, sie stellen sogar „einen Paradigmenwechsel“ in der Branche dar. So jedenfalls die Position von KPMG, die heute die möglichen Auswirkungen auf die Versicherungslandschaft skizzierten und mit einer aktuellen Umfrage belegen.

Für diese Studie hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft 18 weltweit führende Versicherer befragt. Die Studie lautet „The new world for insurance / Business perspective on Phase II“.

KPMG-Vorstand Dr. Frank Ellenbürger glaubt, dass diese neuen Regeln nicht nur das Accounting betreffen, sondern auch Einfluss auf die Produktgestaltung, die Wertschöpfung und die interne und externe Kommunikation haben werden. Selbstverständlich seien auch massive Eingriffe in die IT, Organisation und Prozesse der Unternehmen die Folge. Der Konkretisierungsgrad der neuen Vorschriften ist seiner Ansicht nach schon so groß, dass eine Diskussion zum jetzigen Zeitpunkt über dieses komplexe Thema genau richtig wäre und man bereits dieses Jahr mit einem Standard rechnen könne. „Was nach 13 Jahren Vorbereitungszeit fast eine Überraschung darstellt“, so Ellenbürgers Kommentar hierzu.

Neue Bilanzierungsregeln sollen Manko beheben
Dass die augenblicklichen Bilanzierungsregeln geänderten werden müssten, sei richtig, denn in der bisherigen Situation seinen die großen Player kaum zu vergleichen, vor allem nicht für Analysten. Die Grundlage des Problems: Die Unternehmen könnten für die Passivseite unterschiedliche Bilanzierungswege wählen, die sie auch nutzen würden. Auch die Produkte der Lebensversicherer international zu vergleichen sei äußerst schwierig, da sie unterschiedliche Performances aufwiesen. Neue Bilanzierungsregeln sollten eben dieses Manko beheben.

Da bei den derzeitigen Bilanzen die Kapitalanlagen auf der Aktivseite mit dem Fair value-Ansatz bewertet und gleichzeitig für die versicherungstechnischen Rückstellungen auf der Passiv-Seite mit einem festen Zinssatz gerechnet würde, sei eine Vergleichbarkeit der beiden Seiten nicht gegeben, es entstehe ein so genannter accounting mismatch. Doch die möglichen Alternativen, die IFRS 9 bringen soll, brächten der Branche neue Probleme, etwa eine verstärkte Volatilität.

Anschaffungskostenbilanzierung bislang nur bei Banken möglich
Zwei mögliche Szenarien verdeutlichen das Problem: Würden die Kapitalanlagen zu den Anschaffungskosten bilanziert werden und gleichzeitig bei den versicherungstechnischen Rückstellungen der aktuelle Zins angesetzt, ergäbe sich ebenso inkonsistente Bewertung der Aktiv-und Passivseite, weil das Eigenkapital so aufgezehrt würde. Vorlage für dieses Modell sind die Banken: Dort ist eine Anschaffungskostenbilanzierung möglich, bei den Versicherern bis dato nicht.

Würde dagegen bei den Kapitalanlagen der Fair-Value-Ansatz gewählt ­- eben wieder nur auf der Aktiv-Seite - und bei den versicherungstechnischen Rückstellungen weiterhin der aktuelle Marktzins angesetzt, stiegen zwar Eigenkapital und versicherungstechnische Rückstellungen gleichermaßen, aber eben nicht gleichförmig. Die Konsequenz: ein Missverhältnis zwischen Aktiva und Passiva sowie eine starke Volatilität.

Individuelle Zinssätze wären problematisch
Vorschläge von Experten, zum Beispiel die Duration bei Lebensversicherungsverträgen zu verlängern, um neue Ungleichgewichte zwischen den Bilanzseiten abzufedern und somit die Volatilität zu glätten, sieht KPMG als problematisch an. Ebenso den Vorschlag, dass die einzelnen Unternehmen mit individuellen Zinssätzen arbeiten sollten, würde nicht zu einer Vergleichbarkeit von Aktiva und Passiva beitragen.

Frank Ellenbürger glaubt aber nicht, dass die neuen Bilanzierungsregeln Einfluss auf die Vertriebsstrukturen haben werden, auch eine Anpassungsdruck für die bestehenden Produkte sieht er nicht. Dieser gehe sicher weitaus eher von Solvency II aus.

Autor(en): Meris Neininger

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