Wie läuft es in der Lebensversicherung? Darauf gibt das „Bilanzrating deutscher Lebensversicherer 2023“ des Map-Reports eine umfassende Antwort. Neben Daten zum Neugeschäft, Bestand sowie zur Kosten- und Ertragslage zeigt der Report für 78 Gesellschaften in einer ausführlichen Kennzahlenanalyse die Gewinner und Verlierer des Geschäftsjahres 2023.
Nach Meinung von Analyst Reinhard Klages erfüllt das Rating zwei wichtige Aufgaben: Manche Versicherer könnten erkennen, wo sie besser werden müssen, während andere die erfreulichen Ergebnisse den neuen Kunden zeigen könnten. Der Grund: Es gebe weiterhin eine "gewaltige Versorgungslücke" bei vielen Kunden. Das Rating gebe zudem unter anderem Antworten auf folgende Fragen: Wer zeichnet noch Neugeschäft und wächst? Bei wem laufen die Kosten aus dem Ruder? Welcher Anbieter verfügt über ausreichende Reserven und Eigenmittel. Wie steht es um die Kapitalerträge und welche Auswirkungen hatte die Zinswende auf die Lebensversicherer?
Die drei Top-Anbieter sind LV 1871, Universa und Allianz
Die beste Bewertung im Rating erzielte die LV 1871, die mit 376 Punkten oder 94 Prozent der maximal erreichbaren 400 Punkte ein „mmm+“ für hervorragende Leistungen erlangte. Insgesamt drei Mal wurde die höchste Auszeichnung verliehen. Auf der zweiten Position folgt die Universa mit 357 Punkten und auf Rang drei die Allianz mit 340 Punkten. Die Hannoversche führt das Feld der mit „mmm“ für sehr gute Leistungen bewerteten Unternehmen an und verfehlt mit 339 Punkten die höchste Bewertung nur knapp. Neben der Hannoverschen gingen noch 11 weitere Versicherer mit einem sehr guten Ergebnis aus dem Rennen.
Wichtiger Indikator für die Beratung Vermittler könnten ihre Kunden vor dem Abschluss einen Blick in die Stornoquote des ausgewählten Unternehmens blicken lassen - möglichst im Vergleich mit anderen. Denn die Stornoquote misst wie viele Verträge in Prozent des Bestandes vorzeitig gekündigt werden. "Das zeigt", so der map-report, „ob die Vertriebsstrategie auf gute Beratung setzt. Wer Geschäft ohne Rücksicht auf Kundenverluste betreibt, kann nicht erwarten, für kundenorientiert gehalten zu werden." In der KLV lag das Storno, berechnet auf die Anzahl der Verträge, mit 1,80 Prozentx geringfügig über dem Vorjahresniveau von 1,73 Prozent
Fondsgebundene Verträge verzeichnen höchste Stornoquote
Die höchste Stornoquote mit 3,39 Prozent (Vorjahr: 3,40 Prozent) verzeichneten fondsgebundene Verträge, gefolgt von Risiko-Lebensversicherungen mit 2,98 Prozent (Vorjahr: 2,86 Prozent). Bei Rentenverträgen stieg das Storno mit 2,31 Prozent marginal über das niedrige Vorjahresniveau von 2,22 Prozent. Bei den Kollektiv-Versicherung fiel die Kennzahl von im Vorjahr bei 2,47 Prozent liegend auf 2,33 Prozent. Die Stornoquoten sind trotz allgegenwärtiger Krisen und globaler Unsicherheiten noch immer sehr gering und über den gesamten Bestand mit 2,55 Prozent in etwa auf Vorjahresniveau von 2,51 Prozent.
Gibt große Unterschiede
Beim "Bestandsstorno Hauptversicherungen" für die Jahre 2019 bis 2023 liegt die Europa mit einer Quote von 0,89 Prozent an der Spitze. Auf den weiteren Rängen finden sich Hannoversche (1,07 Prozent) und Ideal (1,39). Marktführer Allianz besticht wie die Inter mit einer Quote von 1,45 Prozent. Testsieger LV1871 rangiert mit einer Quote von 1,48 Prozent auf dem 6. Platz. Während der Markt eine Quote von 2,58 Prozent ausweist, gibt es eine große Spreizung. Schlusslicht ist mit 8,58 Prozent die Targo. Schlecht sieht es zudem für die LPV (6,12 Prozent), die Neue Leben (5,42), die Bayern-Versicherung (4,29) und die Provinzial aus (4,16).
Fondspolicen boomen
Sonstige Lebensversicherungen, zu denen vor allem auch fondsgebundene Verträge (FLV) zählen, waren erneut das Zugpferd im Verkauf und wurden am häufigsten unters Volk gebracht. Mit über 1,5 Millionen eingelösten Versicherungsscheinen war diese Produktlinie die mit Abstand absatzstärkste. Der Neugeschäftsanteil betrug 34,6 Prozent. Die fünf erfolgreichsten Anbieter in dieser Sparte waren Generali, Allianz, Bayern-Versicherung, Debeka sowie R+V. Mit knapp 730.000 verkauften Verträgen zeichneten die großen Fünf mit 47,8 Prozent beinahe die Hälfte des gesamten Neugeschäfts.
Weiterhin große Herausforderungen für die Branche
Weiterhin werden sich die Lebensversicherer strukturellen Änderungen stellen müssen, heißt es in der Analyse. "Während einige Unternehmen sich für den Verkauf ihrer Altbestände entschieden, um sich auf moderne Versicherungsprodukte zu konzentrieren, nutzten andere die Konsolidierung, um ihre Marktposition zu stärken und Effizienzgewinne zu erzielen", erinnert Klages. Weiterhin sieht der Analyst einen hohen Anpassungsbedarf. Hier dürfte der Experte vor allem die nun in Gang gesetzte Reform der geförderten privaten Altersvorsorge im Blick haben, die 2026 starten soll. 2025 dürfte daher das Jahr der intensiven Vorbereitung werden.
Zudem kommt der "Quantensprung" Anhebung des gesetzlichen Höchstrechnungszinses schon 2025 hinzu. Map-Report: "Diese Erhöhung bietet den Versicherer mehr Spielraum bei der Kalkulation in garantierte Leistung und könnte die Produktattraktivität in den kommenden Jahren positiv beeinflussen."
Schleichender Exodus der Unternehmen
Die Gesellschaften, die sich im Run-Off befinden oder kein Neugeschäft mehr zeichnen, wurden in der aktuellen Untersuchung nicht berücksichtigt. Es sind 15 Unternehmen. Auf der anderen Seite ergreift die Analyse bereits die Gesellschaften, die jüngst verschmolzen wurden. Es sind Nürnberger Beamten und Nürnberger, Barmenia und Gothaer sowie Provinzial NordWest und Provinzial Rheinland. Allein in der reinen Bilanzübersicht werden diese Fusionen noch nicht berücksichtigt.
Das jahrelange Lebensversicherungsrating zeigt, dass es einen schleichenden Exodus der Unternehmen gibt. 2004 wurden noch 100 Lebensversicherer im Bilanzteil bewertet; 2023 sind es noch 53. Auch allzu kleine Versicherer - mit weniger als 15.000 Rentenpolicen im Bestand - finden keine Berücksichtigung.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek