Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) blickte kürzlich auf das Geschäftsjahr 2022 zurück und lieferte eine erste Einschätzung für 2023.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2022 "hat sich viel verändert". Verschiedene dramatische Einschnitte wie der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, die diversen Lieferengpässe in unterschiedlichen Branchen oder auch die explodierenden Verbaucherpreise hatten und haben "tiefgreifende Folgen", so das Resumee des GDV-Präsidenten Norbert Rollinger auf der Jahresmedienkonferenz des Verbandes.
Versicherer sehen sich als engagierte Klimaschutzkämpfer
Zudem musste der GDV-Chef konstatieren, dass "wir 2022 das wärmste Jahr" seit der Wetteraufzeichnung erleben mussten und es zudem das "teuerste Naturgefahrenjahr" war. Hier müssten sich alle wirtschaftlichen und politischen Verantwortlichen dem negativen Trend "noch entschlossener entgegenstemmen". In diesem Kontext würde seine Branche "eine wichtige Aufgabe als Anker erfüllen".
Die einzelnen Sparten in Zahlen:
Die Beitragseinnahmen der deutschen Versicherer gingen über alle Sparten hinweg um 0,7 Prozent auf 224 Milliarden Euro zurück. Während die Lebensversicherung ein Beitragsminus von sechs Prozent auf 97,1 Milliarden Euro verbuchte, legten die Einnahmen in der Schaden- und Unfallversicherung (+4 Prozent auf 80,4 Milliarden Euro) und in der privaten Krankenversicherung (+3,1 Prozent auf 46,8 Milliarden Euro) zu. Rollinger kommentiert diesen Trend mit den Worten: „Wir haben uns 2022 unter schwierigen Rahmenbedingungen sehr ordentlich geschlagen“.
Im Vergleich zu 2019 eher ernüchternde Zahlen
Die Geschäftsentwicklung bei Lebensversicherern, Pensionskassen und Pensionsfonds seien im vergangenen Jahr vom großen Unterschied zwischen Verträgen mit Einmalbeitrag (-18 Prozent) und laufendem Beitrag (+0,6 Prozent) geprägt gewesen. Üblicherweise unterliege das Geschäft gegen Einmalbeitrag stärkeren Schwankungen. Im Jahr 2019 hätten die Lebensversicherer hier noch ein Plus von 37 Prozent verzeichnet.
Für die Geschäftsentwicklung in der Lebensversicherung waren vor allem zwei Gründe maßgeblich: Zum einen ergeben sich mit der Normalisierung des Zinsniveaus wieder mehr Anlagealternativen für Kundinnen und Kunden. „Zum anderen führen die durch die Inflation gestiegenen Lebenshaltungskosten dazu, dass viele Menschen weniger Geld in ihre Altersvorsorge investieren“, so Rollinger.
Betriebliche Altersversorgung entwickelt(e) sich positiv
Besser als die private Altersvorsorge hätte sich 2022 die betriebliche Altersversorgung (bAV) entwickelt, insbesondere die Direktversicherungen. Ihr Neugeschäft sei um 13 Prozent auf gut 650.000 Verträge gestiegen. Unter dem Strich seien die Beiträge in der bAV um 3,7 Prozent auf 20,3 Milliarden Euro geklettert. Anders würde es bei der Riester-Rente aussehen. Der damit einhergehende Anbieterrückgang hätte im Neugeschäft für ein Minus von 60 Prozent gesorgt.
Inflation in nahezu allen Sparten zu spüren
Die Schaden- und Unfallversicherung habe 2022 schwarze Zahlen geschrieben. Die Einnahmen wären um vier Prozent gestiegen, während die Ausgaben um 5,6 Prozent gesunken seien. Unter dem Strich stünde damit ein versicherungstechnischer Gewinn von fünf Prozent. Als Grund für die im Vergleich zum Rekordschadenjahr 2021 nur moderat gesunkenen Ausgaben nannte Rollinger die hohe Inflation von fast acht Prozent, die sich in nahezu allen Sparten der Schaden- und Unfallversicherer niedergeschlagen habe, etwa durch steigende Kosten für Autoersatzteile oder höhere Preise für Baustoffe.
In der Privaten Krankenversicherung hätten die ausgezahlten Versicherungsleistungen eine Höhe von rund 33 Milliarden Euro (+3,8 Prozent) erreicht. Der Bestand aus Voll- und Zusatzversicherungen hätte um fast 600.000 auf insgesamt 37,8 Millionen zu (+1,6 Prozent) zugenommen.
Was das Jahr 2023 für die Branche bringen kann
Für das laufende Geschäftsjahr 2023 erwarten die deutschen Versicherer wieder ein Beitragswachstum von rund drei Prozent. Die Entwicklung in den verschiedenen Geschäftsbereichen dürfte dabei unterschiedlich ausfallen.
In der Lebensversicherung rechnet der GDV damit, dass die Beiträge in einem unsicheren Umfeld stabil bleiben. Die Zinsentwicklung dürfte hier das Geschäft befördern, während die gesamtwirtschaftliche Entwicklung es bremst.
Auch in der Schaden- und Unfallversicherung geht der Verband für 2023 von zwei gegenläufigen Effekten aus. Auf der einen Seite dürfte sich die Inflation weiterhin bei Versicherungssummen und Beiträgen niederschlagen. Auf der anderen Seite dürften der starke Wettbewerb und die schwierige finanzielle Situation vieler Haushalte die Beitragsentwicklung dämpfen. Insgesamt rechnen die Kompositversicherer mit Beitragszuwächsen von sechs Prozent.
Die privaten Krankenversicherer erwarten für das laufende Geschäftsjahr einen Beitragsanstieg von 3,5 Prozent.
Quelle: GDV
Autor(en): Meris Neininger