Finance Watch – Greenpeace der Finanzbranche - gegründet

Vorgenommen haben sich die neuen Brüsseler Lobbyisten viel: Sie wollen nichts Geringeres sein als die kritischen Aufseher der EU-Finanzmarktregulierung. „Das Ziel ist, der Macht der Finanzkonzerne eine kraftvolle Stimme entgegenzusetzen“, sagte der grüne EU-Abgeordnete Sven Giegold, einer der Initiatoren des Projekts, gegenüber der "Frankfurter Rundschau". Und so haben er und eine Handvoll Mitstreiter am 30. Juni die internationale Lobbyorganisation Finance Watch aus der Taufe gehoben.

Giegold gehörte einst zur Führungsriege von Attac Deutschland und spricht von einem „Greenpeace für die Finanzmarktregulierung“. „Für eine Finanzindustrie, die der Gesellschaft dient“ lautet denn auch das Motto der Initiative. Nach Schätzungen von Finance Watch beschäftigen die großen Banken und Versicherer und ihre Verbände allein in Brüssel rund 700 Lobbyisten, die über einen Gesamtetat von bis zu 400 Millionen Euro pro Jahr verfügen sollen.

Die Initiative will der Gegenseite, den Verbraucherschützern und Gewerkschaften eine Stimme geben. Finance Watch soll sich mit Kompetenz und Glaubwürdigkeit trotz eines bescheidenen Budgets von rund zwei Millionen Euro der Macht der Wirtschaft entgegenstellen und für eine bessere Gesetzgebung kämpfen – mit Kampagnen, Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit.

Bei der Gründungsversammlung waren Vertreter des Europäischen Gewerkschaftsbundes ebenso vertreten wie vom Europäischen Verbraucherbund und Transparency International. Zum Generalsekretär und damit als Gesicht von Finance Watch wurde der Franzose Thierry Philipponnat gewählt. Er kennt sich im Finanzsektor gut aus, schließlich war der 49-Jährige selbst Finanzmanager, arbeitete bei Großbanken und zockte an der Börse mit Aktienderivaten. Doch irgendwann stellte er sich die Sinnfrage und zog für sich selbst die Konseqzenz: Er kündigte und stieg bei Amnesty International ein. Nun führt er die Geschäftsstelle von Finance Watch in Brüssel mit rund einem Dutzend Beschäftigten vor Ort. Hinzu kommen Mitarbeiter in den wichtigsten Hauptstädten der Europäischen Union.

Vor etwa einem Jahr hatten mehrere EU-Abgeordnete aus unterschiedlichen politischen Richtungen in einem öffentlichen Aufruf beklagt, das es kein Korrektiv zur Lobby-Macht des Geldgewerbes gebe. In dieser fehlenden Gegen-Expertise sahen sie eine ernsthafte Gefahr für die Demokratie. Aus dieser Initiative heraus wurde Finance Watch nun gegründet.

Autor(en): Anja Kühner

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