Digitale Führung gehört zu den grundlegenden Fähigkeiten, die viele Führungskräfte in der Corona-Krise lernen mussten. Auch künftig kann auf dieses Skill nicht verzichtet werden. Doch Leader im Mittelstand hadern noch damit.
Digitale Führung ist eine Kompetenz, die Personalverantwortliche nicht nur in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie benötigen. Denn jeder vierte Beschäftigte im Mittelstand wird auch nach Ende der Homeoffice-Verordnung vollständig zuhause arbeiten, hat die Unternehmensberatung Baulig Consulting unter 200 Entscheidern aus deutschen Firmen mit bis zu 250 Mitarbeitern ermittelt. An den Online-Interviews nahmen Inhaber, Geschäftsführer sowie Vertriebsleiter teil. Rund ein Fünftel der Mitarbeiter wird demnach auch künftig bis zu 50 Prozent der Arbeitszeit im Homeoffice erbringen.
Was ist digitale Führung?
Das erfordert digitale Führung, also die Fähigkeit, mit Mitarbeitern im digitalen Kontext, deren Abwesenheiten sowie den damit verbundenen Werkzeugen, aber auch mit unterschiedlichen Kulturkreisen umgehen zu können, definiert Carsten Lexa den Begriff. "Denkt man dies konsequent zu Ende, dann geht es darum, die digitale Transformation in einem Unternehmen mit Blick auf den Umgang mit Mitarbeitern voranzubringen", führt der Springer-Autor seine Erklärung im Buchkapitel "Digitale Führung" weiter aus.
Allerdings kommen viele Führungskräfte im Mittelstand mit solch einer Arbeitskonstellation offenbar nicht gut zurecht. 71 Prozent fehlt es laut Baulig-Umfrage an Transparenz, insbesondere in Hinblick auf die Leistungsbeurteilung von Mitarbeitern. Zwei Drittel der mittelständischen Unternehmen sehen Mängel bei Informations- und Kommunikationsprozessen. Darüber, wie sich diese Probleme lösen lassen, herrscht große Unsicherheit. 79 Prozent der Befragten wünschen sich daher ein Coaching in digitaler Führung.
Was die Kernelemente digitaler Führungskompetenz sind
Was die vier Kernelemente digitaler Führungskompetenz sind, darüber geben Martin A. Ciesielski und Thomas Schutz Auskunft. Sie bezeichnen digitale Führungskompetenz als "Meta-Querschnittskompetenz im digitalen Zeitalter", die folgende Fähigkeiten benötigt:
- Führungskompetenz als solche,
- Medienkompetenz in Wort und Bild bis hin zum Computerspiel,
- Interkulturelle Kompetenz auch zwischen den Generationen und
- Innovationskompetenz als solche.
Hierarchische Führung funktioniert in virtuellen Teams nicht
Dabei bilde das Führen von virtuellen beziehungsweise verteilten Teams einen zentralen Bereich von Digital Leadership, so Coach und Organisationsentwicklerin Melanie Hasenbein. Die Springer-Autorin betont, dass bei digitaler Führung der Einfluss eines hierarchischen Führungsstils auf die Teamleistung gering ist. Vielmehr komme es auf dessen strukturelle Unterstützung an, etwa durch entsprechende Informations- und Kommunikationtools sowie Belohnungssysteme.
Hasenbein sieht es als zentrale Personalentwicklungsaufgabe an, Führungskräfte bei dieser Art der Führung entsprechend zu unterstützen und zu qualifizieren, "um unter diesen besonderen Bedingungen im Vergleich zu Face-to-Face-Teams führen zu können"
In einem ähnlichen Tenor äußert sich Markus Baulig, Geschäftsführung von Baulig Consulting und Auftraggeber der bereits genannten Studie "Digitalisierung und Vertrieb im Mittelstand". "Die richtige Ansprache und die passenden Tools für die virtuelle Zusammenarbeit können das Team beflügeln, auch wenn es nicht in einem Raum zusammensitzt." Allerdings brauchen viele Chefs für diese digitale Führungskompetenz noch Weiterbildung und Know-how-Aufbau.
Denn laut Umfrage im Mittelstand haben sechs von zehn Befragten den Eindruck, dass wichtige Vorgaben und Informationen nicht richtig ernst genommen werden, wenn sie digital übermittelt werden. Sieben von zehn Führungskräften können zudem nur schwer einschätzen, wie es um die Mitarbeitermotivation bestellt ist. Um diese tendenziell negativen Effekte bestmöglich abzufangen und ihnen von Anfang an systematisch und fundiert entgegenzuwirken, müssen Führungskräfte in virtuellen Teams in besonderem Umfang unterstützt und qualifiziert werden, lautet der einhellige Tenor auch in der Managementforschung.
Der Artikel ist ursprünglich in Springer Professional erschienen.
Autor(en): Andrea Amerland