Bürgerversicherung: Private Kassen wehren sich

Die privaten Krankenkassen wehren sich gegen Angriffe der SPD auf ihr Geschäft. Die geplante Bürgerversicherung gehe an den Problemen des Gesundheitssystems vorbei, sagte der Direktor des Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV), Volker Leienbach.

"Faktisch werden wir ein Einheitssystem haben, die medizinische Versorgung wird in der Tendenz schlechter werden und viele werden mehr bezahlen müssen", so Leienbach. Er reagierte auf Äußerungen der SPD-Linken Andrea Nahles. Nahles hatte angekündigt, private und gesetzliche Krankenkassen sollten in einer Bürgerversicherung um alle Versicherten konkurrieren.

Noch bevor die SPD ihre Eckpunkte für die Bürgerversicherung, vorgelegt hat, entfachen ihre Pläne heftigen Streit. Derzeit sind rund acht Millionen Menschen Mitglied einer privaten Krankenkasse, meist Beamte, Selbstständige und gut verdienende Arbeitnehmer. In einer Bürgerversicherung müssten sie entweder in eine gesetzliche Kasse wechseln, oder aber ihre privaten Versicherer müssten in die Ausgleichstöpfe der gesetzlichen Kassen zahlen. Die genauen Pläne für die Bürgerversicherung will die SPD im Herbst präsentieren.

Von der ersten Variante, die langfristig das Aus für die privaten Versicherer bedeutet, hat sich die SPD aber verabschiedet. Die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Birgit Fischer sagte, beide Systeme sollten verzahnt werden. Ziel sei es, mit der Bürgerversicherung gleiche Grundlagen für die Systeme zu schaffen. "Die Privaten sollen mehr Elemente der sozialen Verpflichtung übernehmen, die gesetzlichen Krankenkassen mehr wettbewerbsrechtliche Elemente bekommen", sagte Fischer.

Eine Verzahnung dürfte allerdings sehr schwierig werden. Gesetzliche Kassen müssen jeden versichern, unabhängig von Einkommen und Krankheitsrisiken. Die privaten Kassen berechnen individuelle Tarife, die sich nach dem Krankheitsrisiko richten. Zudem können sie Niedrigverdiener und Kranke ablehnen.

Die Experten müssen sich noch mit etlichen Problemen beschäftigen. So müssen sie klären, auf welche Einkommen und bis zu welcher Höhe Beiträge gezahlt werden sollen. Derzeit gilt eine Grenze von 3487,50 Euro des monatlichen Bruttoeinkommens. Fest steht, dass nach der Reform auf Mieten und Kapitalerträge Beiträge gezahlt werden sollen, die Einkommensgrenze ist umstritten.

Genau diese Grenze ist aber entscheidend: Denn erst mit der künftigen Beitragsbemessungsgrenze ist klar, ob die Kassen mit Mehreinnahmen rechnen können. Steigt die Grenze kräftig an, bedeutet dies neue Lasten für die Versicherten, weil sie höhere Beiträge zahlen müssen als bisher. Dies gilt umso mehr, da auf Mieten und Kapitalerträge der volle Beitrag fällig wird. Und für Arbeitgeber ist die Grenze wichtig, weil sie stets den halben Beitrag zur Versicherung ihrer Mitarbeiter zahlen. Steigt dieser Beitrag insgesamt, so klettern auch ihre Lohnnebenkosten.

Quelle: Financial Times Deutschland

Autor(en): SN

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