Endlich: Gestern wurde der Referentenentwurf zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge aus dem Bundesfinanzministerium (BMF) veröffentlicht. Stimmen dazu aus der Branche.
Das BMF teilt mit, dass mit dem Gesetz zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge - kurz pAV-Reformgesetz - die steuerlich geförderte private Altersvorsorge grundlegend reformiert werden soll. Der bislang vorliegende Entwurf orientiere sich dabei eng an den Empfehlungen der von der Bundesregierung eingesetzten Fokusgruppe private Altersvorsorge. Ziel sei es, ein kostengünstiges, einfaches, transparentes und gut erklärbares Angebot an neuen privaten Altersvorsorgeprodukten zu unterbreiten, das eine breite Bevölkerungsschicht anspreche, damit diese in ihre private Altersvorsorge investieren, um ihren Lebensstandard im Alter zu halten.
Förderfähiges und zertifiziertes Altersvorsorgedepot ohne Garantie soll zugelassen werden
Damit diese Produkte höhere Renditen in der Ansparphase erzielen könnten, würden die Kriterien, die bisher für die Zertifizierung eines Altersvorsorgevertrages gelten, neu gefasst. Neben den sicherheitsorientierten Garantieprodukten mit garantiertem Kapital zu Beginn der Auszahlungsphase solle auch ein förderfähiges und zertifiziertes Altersvorsorgedepot ohne Garantie zugelassen werden, in dessen Vertragsrahmen in Fonds, aber auch in andere für Kleinanleger geeignete Anlageklassen investiert werden könne.
Die bisherige Ausgestaltung der steuerlichen Fördersystematik solle erhalten bleiben, das heißt, es gibt eine steuerliche Freistellung der Beiträge in der Ansparphase durch Zulagen sowie einen zusätzlichen Sonderausgabenabzugsbetrag und eine nachgelagerte Besteuerung in der Auszahlungsphase. Hierbei soll die bisherige Förderung durch beitragsproportionale Grund- und Kinderzulagen einfacher und transparenter werden, die zudem stärker die Beitragsleistungen der Altersvorsorgenden berücksichtigt und deshalb höhere Anreize zu mehr Eigensparleistungen setzt. Altersvorsorgende mit geringen Einkommen sowie Berufseinsteiger sollen darüber hinaus mit festen Erhöhungsbeträgen gefördert werden
Hier finden Sie den vollständigen Referentenenwurf des BMF.
Wie Versicherer und Verbände den Referentenentwurf einschätzen
Der Bundverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK) begrüßt den Entwurf eines Gesetzes zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge (pAV-Reformgesetz) des Bundesministeriums der Finanzen (BMF). Der BVK unterstützt insbesondere das Ziel der Reform, die geförderte private Altersvorsorge flexibler, transparenter und renditestärker zu machen, um ihre Attraktivität insgesamt und damit ihren Verbreitungsgrad zu erhöhen. „Als Altersvorsorgeexperten freuen wir uns, dass diese wichtige und überfällige Reform endlich umgesetzt wird und einige der vom BVK in die Fokusgruppe Altersvorsorge eingebrachten Gedanken aufgenommen wurden,“ erklärt BVK-Präsident Michael H. Heinz.
Die Stuttgarter Lebensversicherung und mit ihm Dr. Guido Bader, Vorstandsvorsitzender des Lebensversicherers, ist gegenüber der Reform zwiegespalten. Einerseits begrüßt Bader die Reform, da sie seines Erachtens „überfällig ist“. O-Ton Bader: „Es ist mehr als begrüßenswert, dass die Regierung die steuerlich geförderte private Altersvorsorge reformieren will. Die Stagnation der Riester-Rente in den vergangenen Jahren war dafür ein klarer Beleg. Deutschland braucht eine attraktive steuerlich geförderte private Absicherung neben der gesetzlichen Rente.“
Andererseits moniert er aber auch Punkte an dem vorgelegten Entwurf:
„Die Wahlmöglichkeit für Auszahlpläne bis zum 85. Lebensjahr halte ich für falsch. Für mich sollte eine staatlich geförderte Altersvorsorge zwingend eine lebenslange Rentenzahlung vorsehen. Alles andere ist ein fahrlässiger Umgang mit Steuergeldern. Das Langlebigkeitsrisiko muss abgesichert sein. Auszahlungspläne sind ein zu hohes Risiko, da sie die Gefahr bergen, dass im Alter das Geld ausgeht, was am Ende Staat und Allgemeinheit belastet.“
Das Altersvorsorge-Depot hält Bader dagegen für einen guten Ansatz, wobei aber gewisse Sicherungsmechanismen fehlen würden. „Ein staatlich gefördertes Altersvorsorgeprodukt sollte eine gewisse Grundabsicherung bieten, da Totalverluste, wie zuletzt beispielsweise bei bestimmten Russland-Fonds, leider nie völlig auszuschließen sind,“ ist Bader überzeugt.
Auch dass die Höchstbeträge angehoben werden und ab dem Jahr 2030 nochmals steigen würden, bewertetet der Versicherungsexperte als positiv. Bader vermisst dabei aber einen wichtigen Aspekt: „Dass darüber hinaus eine kontinuierliche Dynamisierung des Höchstbetrages mit Blick auf die Inflation der kommenden Jahre fehlt, ist für mich unverständlich. Hier hätten wir uns eine Koppelung an die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung vorstellen können.“
Jetzt endlich ein Schritt in die richtige Richtung
Auch Plansecur, eine konzernunabhängige Unternehmensgruppe für Finanzplanung, kommentiert den Entwurf:
„Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Unterstützung der Menschen bei der Einrichtung eines Altersvorsorgedepots ist ein richtiger Schritt zur Bekämpfung der Altersarmut in der Zukunft“, lobt Heiko Hauser, Geschäftsführer von Plansecur. Er ist überzeugt, dass „eine steuerliche Besserstellung der privaten Altersvorsorge durch Fonds seit langem überfällig ist". Sein Kommentar zeigt auch, wie lange die Branche schon auf diese wichtige Entscheidung gewartet hat: "Nach der Vorstellung der Eckpunkte durch das Bundesfinanzministerium vor über einem Jahr liegt nun endlich ein entsprechender Gesetzentwurf vor. Die Politik hat einen langen Weg zurückgelegt seit der Erkenntnis, dass eine Altersvorsorge ohne einen Aktienfondssparplan angesichts des demografischen Wandels nicht mehr funktioniert, aber jetzt geht sie endlich einen Schritt in die richtige Richtung.“
Grundstein für ein neues bürokratisches Monster gelegt?
Als „kritisch“ am neuen Gesetzentwurf stuft Plansecur die Einführung einer Positivliste und eines Referenzdepots unter der Ägide der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ein. „Damit wird der Grundstein für ein neues bürokratisches Monster gelegt, das den dynamischen Entwicklungen an den Finanzmärkten künftig immer hinterherlaufen wird“, befürchtet Hauser. Es sei bezeichnend, dass die angestrebte BaFin-Vergleichsplattform für Finanzprodukte bis Anfang 2026, wenn die gesetzlichen Änderungen Geltung erlangen sollen, schon aus heutiger Sicht nicht rechtzeitig in Betrieb gehen könne.
Sich möglichst nicht auf die staatliche Rente verlassen
Heiko Hauser weiß aus der Beratungspraxis der rund 180 Finanzberaterinnen und -berater von Plansecur: „Dem Gros der Menschen ist schon lange klar, dass die herkömmliche staatliche Rente bei weitem nicht ausreicht, um in der letzten Lebensphase finanziell abgesichert zu sein. Ich rate daher jedem Berufsanfänger, so früh wie möglich eine eigene Altersvorsorge anzugehen. Am Anfang verlorene Jahre oder gar Jahrzehnte lassen sich später nur noch unter hohem finanziellem Aufwand und häufig gar nicht mehr aufholen.“
Hier finden Sie weitere Informationen zur geförderten privaten Vorsorge.
Quellen: BMF, BVK, Die Stuttgarter, Plansecur
Autor(en): Meris Neininger