Ängste und Sorgen wegen Morgen

Jeder Zweite blickt 2005 mit großer Angst in die Zukunft - doppelt so viele wie vor 15 Jahren. Höchstwerte erreichen dabei wirtschaftliche Themen. Ganz oben stehen die Ängste vor steigenden Preisen, einem weiteren Rückgang der Wirtschaft und Arbeitslosigkeit. Dies sind Ergebnisse einer repräsentativen Langzeitstudie, die das Infocenter der R+V-Versicherung kürzlich vorgestellt hat ().

Auffallend: Der Einzelne fühlt sich von der Konjunkturkrise und sozialen Einschnitten zunehmend selbst betroffen - die persönlichen Ängste sind 2005 am stärksten gewachsen. Gleichzeitig nimmt die Sorge zu, dass die Politiker mit den aktuellen Problemen überfordert sind. Zwei Drittel der Bundesbürger haben wenig Vertrauen in die Politik. Besonders verunsichert würden die Bürger von den so genannten Sozialstaatsreformen. „Die Sozialpolitik wird nicht mehr nur als Garant von Sicherheit wahrgenommen, sondern schürt Unsicherheit", sagt Professor Dr. Manfred Schmidt, Politologe an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.

Zum 15. Mal wurden jetzt rund 2.400 Deutsche nach ihren Ängsten befragt. 2005 sind die Sorgen um die eigene Person sprunghaft angestiegen: Mit einem Plus von je zwölf Prozentpunkten sind die Ängste vor Jobverlust und schwerer Krankheit mit Abstand am stärksten gewachsen. „Das ist nachvollziehbar, häufen sich doch negative Nachrichten zur Sicherung im Krankheitsfall und zur deutschen Wirtschaft", so Schmidt. Die Arbeitslosigkeit bleibe hoch, im internationalen Vergleich rutsche Deutschland ab. Und von der EU-Erweiterung befürchteten viele die Zuwanderung billiger Arbeitskräfte.

Neben den Wirtschaftsthemen gewinnt die Furcht vor sozialem Abstieg im Alter an Bedeutung: Die Angst, pflegebedürftig, arm und einsam zu werden, ist seit Beginn der Studie 1991 stetig gestiegen. „Hier spielt auch der demografische Faktor eine Rolle“, erklärt Rita Jakli, Leiterin des R+V-Infocenters. Solche Sorgen äußerten vor allem Menschen der Generation 60+. Diese Altersgruppe wachse immer stärker, so dass deren Ängste immer stärker in der Studie repräsentiert seien. Seit 1991 stieg der Anteil der ab 60-Jährigen in der Bevölkerung von 20 auf 25 Prozent an.

Die Ängste vor Terror, Straftaten und Krieg seien 2005 als einzige im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Das Thema Straftaten ist mit 24 Prozent sogar auf einem Rekordtief angelangt. Real wuchs die Kriminalität allerdings. Von 1991 bis 2004 ist die Zahl der erfassten Straftaten von 4,8 Millionen auf 6,6 Millionen gestiegen.

15 Jahre nach der Wiedervereinigung seien die Bürger in Ostdeutschland immer noch pessimistischer, allerdings holten die Westdeutschen in Sachen Angst auf: 2005 ist die Kluft zwischen Ost und West auf drei Prozentpunkte geschrumpft - der geringste Abstand seit Beginn der Studie 1991. Dafür dominierten in Ost und West gleichermaßen wirtschaftliche Sorgen.



Autor(en): Detlef Pohl

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