Wirkungsversicherung
1. Begriff: Versicherung, die sämtliche Risikoursachen eines risikobedrohten Systems umfasst und Schutz gegen Wirkungen bestimmten Umfangs bietet, unabhängig davon, durch welche versicherte Gefahren diese Wirkungen ausgelöst wurden (Universalität der Gefahren, All-Risks-Deckung). Kommt namentlich für Privathaushalte in Betracht.
Gegensatz: Ursachenversicherung, die Versicherungsschutz für bestimmte Störungsursachen (versicherte Gefahren) gewährt, andere Ursachen damit zugleich ausschließt (Spezialität der Gefahren, Benannte-Gefahren-Versicherung).
2. Merkmale: a) Vollkreis- oder Segment-Prinzip: Weil der Privatkunde nicht in Störungsursachen denkt, sind seine Risiken bzw. Störungen (versicherte Gefahren) bündelweise zusammenzufassen und auf die gesamte Einkommens- und Vermögensbedrohung zu beziehen. Lücken und Doppelversicherungen lassen sich so vermeiden. Damit ist der Versicherungskunde nicht ursachen-, sondern wirkungsbezogen versichert.
b) Katastrophen-Prinzip: Da ein Privatkunde im Normalfall nur über begrenzte Finanzmittel verfügt, deckt eine Wirkungsversicherung (nur) jene Risiken, deren Verwirklichung katastrophale oder empfindliche Auswirkungen hätte. Der Versicherungsschutz einer Wirkungsversicherung erstreckt sich über alle Risikobereiche, und er wird dort geboten, wo ihn der Versicherungsnehmer am dringendsten benötigt: bei den existenziellen Risiken.
c) Interessenprinzip. Die Wirkungsversicherung wird mit einem Selbstbehalt (Franchise) kombiniert, um das Interesse des Kunden am Ausbleiben des Schadenfalls zu fördern. Der Selbstbehalt bzw. die gezielte Nichtversicherung erreicht einerseits eine im Sinne des Risikomanagements intensivere Auseinandersetzung des Privatkunden mit seinem Risiko und seiner Sicherheit und trägt andererseits zur Vermeidung unnötiger Deckungen sowie sog. Geldwechselgeschäfte bei.
d) Transparenzprinzip: Durch eine Wirkungsversicherung wird die Verständlichkeit für den Kunden bereits auf der Ebene der materiell-inhaltlichen Versicherungsdeckung soweit wie möglich sichergestellt. Viele Verständnisprobleme beruhen auf dem Bemühen des Versicherers, die Deckungen sehr detailliert den individuellen Verhältnissen eines Gefahrensegments anzupassen und auf Schadenerfahrungen mit entsprechenden Klauseln zu reagieren. Die daraus resultierende Vielzahl von Verweisen innerhalb der Deckungsumschreibung trägt in erheblichem Maße zur Unverständlichkeit für den Kunden bei. Die Wirkungsversicherung bietet hier die Chance, dem Kunden eine nachvollziehbare und möglichst einfache Deckung und Deckungsbeschreibung anzubieten.
3. Anwendungsgebiete: Das Prinzip der Wirkungsversicherung findet sich in der Sachversicherung in All-Risks-Deckungen und ansatzweise in Multi-Risks-Deckungen. In der Vermögensversicherung ist die Rechtsschutzversicherung weitgehend an Kosten (= Wirkungen) orientiert. Schließlich ist in bestimmten Zweigen der Personenversicherung die Deckung weitgehend an Wirkungen bei den Personen orientiert und unabhängig von der Ursache, bspw. im Todesfall oder bei der Berufsunfähigkeit.
Autor(en): Prof. Dr. Thomas Köhne