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Ratingprozess

1. Begriff: Ablauf der Erstellung eines Ratings. Grundsätzlich sind die Verfahrensweisen bei den einzelnen Ratingagenturen ähnlich, sie setzen aber unterschiedliche Schwerpunkte im Ratingprozess.

2. Ablauf im Einzelnen: Im Regelfall wird eine Ratingagentur von dem Unternehmen beauftragt, das ein Rating wünscht und über das ein Rating erstellt werden soll, und sie wird auch von diesem bezahlt (interaktives Rating). Nach der Auswahl einer Ratingagentur erteilt das Unternehmen ein Mandat. Damit ist das Unternehmen nicht nur zur Zahlung der Ratinggebühr verpflichtet, es macht sich auch automatisch für die Mitwirkung im Ratingverfahren verantwortlich. Die Ratingagentur weist dem Unternehmen ein in der Branche erfahrenes Analystenteam zu, das für die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen und für die Erstellung eines Ratingvorschlags im Ratingkomitee verantwortlich ist. Auf Basis eines von den Analysten erstellten Fragenkatalogs bereitet sich das Unternehmen auf ein Managementinterview vor, in dem neben den quantitativen insbesondere auch die qualitativen Aspekte der Ratingkriterien (z.B. Unternehmensstrategie, Kapitalmanagement, Risikomanagement, Governance) erörtert werden, die aus dem Zahlenmaterial allein nicht ersichtlich sind. Die gewonnenen Daten und Eindrücke zu den einzelnen Ratingkriterien werden von den Analysten zu einem Bericht mit einem Ratingvorschlag verarbeitet und dem Ratingkomiteevorgelegt, das über das Rating entscheidet. Anschließend wird das Management des Unternehmens über das Ratingurteil benachrichtigt, und es kann dazu Stellung beziehen. Bei Akzeptanz kann das Ratingin Form eines Ratingsymbols mit einem dazu gehörigen Kommentar über die wesentlichen Ratinggründe sowie einem Ausblick (Outlook) über erwartete kurzfristige Trends veröffentlicht werden. Die Veröffentlichung eines Erstratings basiert auf einer freiwilligen Entscheidung des Unternehmensmanagements. Spricht sich das Management dagegen aus, unterbleibt die Veröffentlichung. Wurden in der Analyse wichtige Sachverhalte unrichtig interpretiert, oder können substanzielle zusätzliche Informationen geliefert werden, kann die Unternehmungsleitung gegen das Rating einen Widerspruch einlegen (Appeal). Das Ratingkomitee kann daraufhin das Urteil ggf. revidieren, oder aber auch erneut – und damit endgültig – bestätigen. Nach der Veröffentlichung des Ratings ist das Unternehmen einem ständigen Beobachtungsverfahren ausgesetzt, in dem eine Bonitätsveränderung frühzeitig erkannt und durch Outlook- oder Ratingveränderungen signalisiert werden sollte (siehe auch Folgerating, Outlook, CreditWatch).

3. Prozessdauer: Für ein interaktives Rating muss ein Unternehmen mit einer Prozessdauer von sechs bis zwölf Wochen rechnen.

Autor(en): Prof. Dr. Fred Wagner, Wolfgang Rief

 

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