Conditional Value at Risk (CVaR)
Tail Value at Risk, Expected Shortfall.
1. Begriff: Spezifisches Risikomaß mit Anwendungen im Bereich der Finanzrisiken (Risiko), insbesondere der versicherungswirtschaftlichen Risiken. Er stellt eine Weiterentwicklung des Value at Risk (VaR) dar.
2. Merkmale: Ausgehend von einem fixierten Zeitintervall und einer vorgegebenen Ausfallwahrscheinlichkeit (Konfidenzniveau) wird für eine Finanzposition zunächst deren VaR im Sinne einer kritischen Verlusthöhe berechnet. Unter Beschränkung auf alle Ereignisse, in denen der Periodenverlust den VaR überschreitet, entspricht der CVaR der mittleren Verlusthöhe (formal: Bildung eines bedingten Erwartungswerts). Der CVaR kann daher als durchschnittlicher Verlust im Fall eines (durch die Überschreitung des VaR ausgelösten) Verlustereignisses interpretiert werden. Wie im Stichwort Value at Risk ausgeführt, lässt sich bspw. der 1 %-VaR als „100-Jahres-Schaden“ interpretieren, d.h. im Durchschnitt wird nur einmal in 100 Jahren der 1 %-VaR überschritten. Der 1 %-CVaR entspricht dann der mittleren Höhe dieses „100-Jahres-Schadens“. Alternativ ergibt sich der CVaR in äquivalenter Weise als Summe des VaR und der mittleren Überschreitung des VaR im Überschreitungsfall (mittlere bedingte Überschreitung). Er ist somit insbesondere stets höher als der VaR. Wird der CVaR als die Höhe des Kapitals interpretiert, mit dem die eingegangenen Risiken zu unterlegen sind, dann kann durch diese Kapitalhöhe auch noch der durchschnittliche Verlust im Fall des zuvor beschriebenen Verlustereignisses aufgefangen werden, d.h. im Beispiel die Höhe eines durchschnittlichen „100-Jahres-Schadens“.
3. Unterscheidungen: Im Gegensatz zum VaR berücksichtigt der CVaR nicht nur die Ausfall- bzw. Verlustwahrscheinlichkeit, sondern auch die Ausfall- bzw. Verlusthöhe. Ferner ist die Eigenschaft der Subadditivität unter relativ allgemeinen Bedingungen (Verlustvariablen mit Dichtefunktion) gewährleistet, d.h. das Gesamt-Risikokapital auf Basis des CVaR verringert sich bei einem Zusammenlegen von Risikokollektiven und es können damit Effekte des Risikoausgleichs im Kollektiv bzw. der Diversifikation erfasst werden. Im Fall von Verlustvariablen mit Dichtefunktion stimmt der CVaR ferner mit dem Expected Shortfall überein, der als Durchschnitt (formal: Integralbildung) der VaR-Größen zu all denjenigen Konfidenzniveaus definiert ist, die ein vorgegebenes Konfidenzniveau überschreiten.
4. Anwendungen: Anwendungen findet der CVaR im Hinblick auf die Unterlegung von Risiken mit Risikokapital, in der Portfoliotheorie unter Einsatz alternativer Risikomaße sowie im Rahmen der Kapitalallokation. Das CVaR-Prinzip ordnet hier jedem Geschäftssegment dessen erwarteten Beitrag an denjenigen Verlusten auf der Gesamtunternehmensebene zu, die zu einer Überschreitung des VaR auf der Unternehmensebene führen.
Autor(en): Prof. Dr. Peter Albrecht