Risiko
I. Allgemein: 1. Begriff: Möglichkeit des Eintretens eines negativen Ereignisses oder einer adversen Entwicklung. Risiken liegen in der unvollständigen Information über die Ausprägung künftiger Ereignisse (Zustände) oder den Verlauf künftiger Entwicklungen begründet. Die Möglichkeit des Eintretens eines günstigen Ereignisses oder einer günstigen Entwicklung wird als „Chance“ bezeichnet. „Sicherheit“ hingegen ist ein Zustand des Nichtvorhandenseins von Risiken. Das Phänomen des Risikos durchdringt praktisch alle Bereiche des menschlichen Lebens und berührt eine Vielzahl ökonomischer, politischer, soziologischer, philosophischer sowie technologischer Fragestellungen und Problemkreise.
2. Merkmale: Im Hinblick auf die Dimensionen des Risikos kann zwischen Risikoursachen (kausale Dimension) und Risikowirkungen (finale Dimension) unterschieden werden. Die Risikoursachen umfassen diverse Risikoarten, die die Risikoentstehung begründen. Bei der finalen Risikodimension stehen die ökonomischen Konsequenzen der Risiken im Fokus.
3. Entwicklungen: Der Begriff Risiko leitet sich vom griechischen Wort für „Klippe“ („Rhizikon“) ab und charakterisiert die Gefahr eines Schiffbruchs. In dieser Verwendung fand das Wort Eingang in die Kaufmanns- und Versicherungssprache.
II. Entscheidungstheorie: In der Theorie wirtschaftlicher Entscheidungen (Entscheidungstheorie) werden nach Frank Knight die Kategorien Risiko und Ungewissheit im Hinblick auf das Phänomen der Unsicherheit unterschieden. In Risikosituationen besitzt der Handelnde eine Kenntnis über (subjektive oder objektive) Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten möglicher Zustände, in Ungewissheitssituationen nicht.
III. Finanzrisiko: 1. Begriff: Ist vom Risiko die finanzielle Position einer Person oder einer Institution betroffen, so liegt ein finanzielles Risiko bzw. Finanzrisiko vor. Hierzu zählen insbesondere das Erleiden finanzieller Verluste, aber auch die Nichterreichung angestrebter Mindestrenditen (Zielrenditen) oder Mindestvermögensstände (Zielvermögen). Finanzrisiken spielen eine zentrale Rolle für alle institutionellen und privaten Teilnehmer an den Finanz- und Versicherungsmärkten, seien es die Finanzintermediäre (Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen, Investmentgesellschaften) oder die „Endnutzer“ (private Haushalte, Unternehmen, öffentliche Hand).
2. Arten: Zu den finanziellen Risiken zählen Risiken der Finanzmärkte sowie Versicherungsrisiken. Auch die Finanzintermediäre selbst sind spezifischen Risiken ausgesetzt. Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen tragen Liquiditätsrisiken sowie Erfolgsrisiken, insbesondere Überschuldungsrisiken (Überschuldung). Versicherungsunternehmen sind überdies artspezifischen Risiken ausgesetzt (versicherungstechnisches Risiko).
IV. Versicherungsrisiko: Der Kern des Versicherungsgeschäfts besteht in der Übernahme von Risiken (Risikotransfer). Der Versicherungsmathematiker Hans Bühlmann charakterisiert in seinem Hauptwerk „Mathematical Methods in Risk Theory“ „Risiko“ – ohne weitere inhaltliche Definition – durch seine beiden Kerneigenschaften „Payer of Premiums“ (Prämienzahler) und „Producer of Claims“ (Verursacher von Schadenzahlungen). Das Risiko wird hier insofern mit dem einzelnen Versicherungsvertrag gleichgesetzt. Auch der Gegenstand der Versicherung (versichertes Risiko) sowie das versicherte Objekt bzw. Subjekt in der Sachversicherung bzw. in der Personenversicherung werden ebenso wie die versicherte Gefahr, die im Rahmen des Versicherungsvertrags definiert ist, als Risiko bezeichnet.
Autor(en): Prof. Dr. Peter Albrecht