Wenn die Rechtsformumwandlung für den Versicherungsvertreter zum Fallstrick wird

Steuerliche Aspekte tragen ebenso wie neue Haftungsnormen im Vermittlerrecht dazu bei, dass viele Versicherungsvertreter überlegen, die Rechtsform ihres Unternehmens zu ändern. Ein Weg zur Haftungsbeschränkung führt über die Umwandlung des bisher einzelkaufmännisch geführten Unternehmens in eine GmbH.

Dass eine solche Umwandlung jedoch nicht nur eine „interne Angelegenheit“ des Versicherungsvertreters ist, zeigt eine Entscheidung des Landgerichts (LG) Göttingen vom 21. März 2007.

Fristlose Kündigung droht
Ursprünglich war der Handelsvertretervertrag über die Vermittlung von Versicherungen und Finanzdienstleistungen mit dem Vertreter als Einzelperson geschlossen worden. Im Jahr 2005 beabsichtigte der Vertreter, sein Unternehmen in eine GmbH umzuwandeln, um sein Haftungsrisiko zu minimieren. Er zeigte dies dem vertretenen Unternehmen an. Das erklärte sich jedoch mit der beabsichtigten Umwandlung nicht einverstanden.

In der Folge wurden zwar Alternativen besprochen. Es kam jedoch zu keiner Einigung. Der Vertreter veranlasste daher die Umwandlung „im Alleingang“ und unterrichtete das vertretene Unternehmen nur noch vom Abschluss des Umwandlungsverfahrens. Das Unternehmen sprach daraufhin die fristlose Kündigung des Vertretervertragsverhältnisses aus.

Kündigung ist berechtigt
Diese Kündigung hielt das Landgericht Göttingen für berechtigt. Den wichtigen Grund sah das Gericht darin, dass die Vertrauensgrundlage zwischen den Vertragsparteien durch die Umwandlung verletzt worden sei. Durch die Umwandlung nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes sei das einzelkaufmännische Unternehmen vollständig erloschen. Alle Rechte und Pflichten – auch aus dem Handelsvertretervertrag – seien auf die GmbH übergegangen.

Dem vertretenen Unternehmen werde auf dieses Weise ein „anonymes Gebilde“ als Vertragspartner aufgezwungen, bei dem das Unternehmen nicht mehr sicher sein könne, ob dort noch der ursprüngliche Vertragspartner tätig sei, oder durch den Verkauf von Gesellschaftsanteilen möglicherweise unbekannte Dritte Einfluss auf die neue GmbH nehmen könnten.

Besonderes Vertrauensverhältnis
Bestehe zwischen dem vertretenen Unternehmen und dem ursprünglichen Vertragspartner ein besonderes Vertrauensverhältnis, gebe es ein außerordentliches Kündigungsrecht bei dessen Verletzung. Das besondere Vertrauensverhältnis folge hier aus dem vormals abgeschlossenen Handelsvertretervertrag,
  • der mit dem Vertreter als natürlicher Person abgeschlossen worden sei,
  • nach dem der Vertreter als selbständiger Gewerbetreibender im Hauptberuf ausschließlich für das vertretene Unternehmen tätig sein sollte und
  • der die Wahrnehmung der Interessen des Unternehmens sowie die Mitwirkung bei der Umsetzung geschäftspolitischer Entscheidungen vorsehe.
Außerdem seien die Regelungen zur Bestandspflege und Kundenbetreuung sowie zur unbeschränkten persönlichen Haftung nach den gesetzlichen Vorschriften ebenfalls Indiz für das besondere Vertrauensverhältnis.

Fazit
Da fast jeder Versicherungsvertretervertrag solche oder ähnliche Regelungen enthält, könnte nach der Rechtsprechung des LG Göttingen nahezu immer ein außerordentliches Kündigungsrecht des Unternehmens bestehen, wenn der Vertreter sein Unternehmen ohne Zustimmung des Versicherers in eine GmbH umwandelt. Die Kündigung hat schwerwiegende Konsequenzen, die weit über den plötzlichen Verlust der Einnahmequelle hinausreichen (Verlust des Ausgleichsanspruchs, negativer AVAD-Eintrag usw.).

Übrigens: Das Urteil des LG Göttingen ist vom Berufungsgericht, dem Oberlandesgericht Braunschweig, durch Zurückweisung der Berufung bestätigt worden.

Jedem Versicherungsvertreter kann nur dringend empfohlen werden, eine Rechtsformumwandlung nur mit vorheriger Zustimmung des oder der vertretenen Unternehmen durchzuführen. Eine Zustimmung zur Vertragsübertragung wäre ohnehin zwingend notwendig, wenn die GmbH nicht durch Umwandlung, sondern durch Neugründung und Übertragung den Geschäftsbetrieb übernehmen soll.

Das Urteil des LG Göttingen vom (Az: 5 O 247/06) finden Sie im Volltext unter .

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Autor(en): Dr. Michael Wurdack

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