Der Kunde einer Geschäftsinhaltsversicherung war ganz erheblich unterversichert, glaubte aber falsch beraten worden zu sein. Wie es für ihn ausging.
Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg hat sich in einem Hinweisbeschluss (10. August 2022, Az. 8 U 840/22, r+s 9/2023, 431-432) mit der Frage der Haftung eines Maklerpools für eine behauptete Falschberatung eines angeschlossenen Poolmaklers befasst.
Fast 80 Prozent unterversichert
Geklagt hatte ein Kunde, der 2012 bei einer als Streithelfer auftretenden Finanzmakler-Firma eine Geschäftsinhaltsversicherung mit einer Versicherungssumme von 100.000 Euro abgeschlossen hatte. Diese Summe galt für Einrichtung und Vorräte zusammen. Im März 2020 kam es zu einem Leitungswasserschaden von gut 64.000 Euro. Der Versicherer stellt jedoch einen Versicherungswert zum Schadenzeitpunkt von etwas über 471.000 Euro fest. Daraufhin machte er eine Unterversicherung geltend und regulierte den Schaden mit nur knapp 13.650 Euro.
Der Kunde wollte Schadenersatz von dem Maklerpool, weil er nicht über die Folgen einer Unterversicherung aufgeklärt worden sein will. Das zuvor eingeschaltete Landgericht hatte diese Klage jedoch abgewiesen, denn der Maklerpool habe keine eigenständige Maklerleistung gegenüber dem Kunden erbracht. Auch die Berufung vor dem OLG ist erfolglos geblieben.
Kein Beweis für eine Maklertätigkeit des Pools
Nach Meinung des OLG musste der Maklerpool nicht nach § 63 VVG auf Schadenersatz haften. Denn dafür hätte der Kunde zunächst nachweisen müssen, dass der überhaupt als Versicherungsvermittler im Sinne des § 59 VVG aufgetreten sei. Einen solchen Beweis konnte der Kläger nicht führen. Dazu waren im erstinstanzlichen Verfahren Zeugen befragt worden, und zwar sowohl der Geschäftsführer der klagenden Firma als auch der Streithelfer.
Daraus ergab sich, dass der Streithelfer aktiv auf den Kunden zugegangen war und die Versicherung von dessen Geschäftsinhalt angeboten hatte. Zum damaligen Zeitpunkt sei ein Warenbestand im Wert von 90.000 Euro festgestellt worden, die Summe wurde dann wohl auf die 100.000 Euro aufgerundet. „Das Gespräch mit dem Streithelfer habe circa zehn Minuten gedauert“, so das Gericht.
Vom Pool war (fast) keine Rede
Das Missverständnis des Klägers soll darin bestanden haben, dass er geglaubt habe, bis zu einer Summe von 100.000 Euro versichert zu sein, selbst wenn der Gesamtwert des Inventars zwischenzeitlich angestiegen sein sollte.
Aus den Aussagen des Geschäftsführers ergaben sich wohl auch keine Hinweise darauf, dass die Finanzmakler-Firma im Namen und im Auftrag des Maklerpools tätig geworden sei. Der Maklerpool sei gar nicht namentlich erwähnt und als Makler benannt worden.
Das Landgericht hatte auch eine Angebotsanforderung bewertet, die ihm vorgelegt worden war. Darin sei der Maklerpool als „Vermittler“ genannt worden. Daneben wurde aber handschriftlich die Finanzmakler-Firma notiert, der zudem auch nur allein das Formular unterzeichnet hatte. Auch sonst ergab sich aus diesem Formular kein Hinweis darauf, dass es sich um eine gezielte Beauftragung des Maklerpools für die Vermittlung einer bestimmten Versicherung enthalten habe.
Auch der Streithelfer hatte als Zeuge ausgesagt, dass er immer davon ausgegangen sei, selbst als Makler tätig zu werden, wenn auch offenbar in einer verschachtelten Konstruktion als Untervermittler eines Pools, der wiederum mit dem hier verklagten Pool zusammenarbeitete. Es lag auch eine Maklervereinbarung vor, aus der nicht hervorging, dass der verklagte Maklerpool der Makler des Kunden sein sollte.
Sind Maklerpools keine Makler?
In dem Zusammenhang werden Maklerpools definiert. „Hierbei handelt es sich um Servicegesellschaften, die akquirierte Verträge bündeln und für ihre Vertragspartner – selbstständige Versicherungsmakler – die organisatorische Abwicklung sowie insbesondere die Provisionsabrechnung mit den Versicherungsgesellschaften übernehmen“, heißt es. Und weiter: „Sie haben in der Regel keinen Kontakt zum Endkunden und sind selbst keine Versicherungsmakler.“
Daher habe der Pool auch „keine Aufklärungs- und Beratungspflichten“ gegenüber den Kunden. Die Provisionszahlung vom Versicherer zunächst an den Pool ändere daran nichts.
Inkompetent und faul?
Aus der Sachverhaltsdarstellung wird nicht deutlich, warum der Kunde in diesem Fall nicht den Streithelfer verklagt hat, der offensichtlich als Makler tätig geworden ist. Auffällig ist, dass dieser Makler offenbar weder die Kompetenz besaß, ordentliche Fragen zum Versicherungsbedarf zu stellen und richtig zu beraten, noch es in den folgenden rund acht Jahren für nötig gehalten hat, die Versicherungssumme zu überprüfen, ob sie noch zum tatsächlichen Wert des Geschäftsinhalts passt.
Es stellen sich weitere Fragen. So besitzen Maklerpools sehr wohl in der Regel eine Gewerbeerlaubnis als Versicherungsmakler. Auch die Fallschilderung in diesem Verfahren legt nahe, dass der Maklerpool keineswegs nur eine Art Inkassobüro des Maklers war. Es wird erwähnt, dass der offenbar nicht sachkundige Makler beim Maklerpool angefragt hatte, „ob wir eine Gebäudeinhaltsversicherung im Portfolio haben“. Anschließend erhielt er wohl vom Pool das Angebot des Versicherers, bei dem dieser Vertrag auch zustande kam.
Integriert in die gesamte Wertschöpfungskette
Der Pool war daher voll in die Wertschöpfungskette integriert und hat die Produktauswahl übernommen. Hätte der Pool kein Angebot besorgt, wäre der Vertrag so nicht zustande gekommen. Der Makler selbst war offenkundig nicht in der Lage, selbstständig eine eigentlich nicht besonders große und komplizierte Geschäftsinhaltsversicherung am Markt zu platzieren.
Damit hat der Pool wesentliche Bestandteile dessen übernommen, was man üblicherweise unter dem Begriff „Vermittlung“ versteht, also arbeitsteilig Makleraufgaben übernommen. Warum auch sonst sollte er dafür Provisionen vom Versicherer bekommen – für eine Inkassodienstleistung gibt es kaum einen sinnvollen Grund, und wenn, dann braucht es auch keinen Maklerpool dafür.
Nebenbei stellen sich steuerrechtliche Fragen. Sollte der Pool nach Meinung der Gerichte tatsächlich keinerlei Makleraufgaben übernommen haben, dann dürfte es schwer sein, von einer Umsatzsteuerfreiheit der Provisionen auszugehen.
Autor(en): Matthias Beenken