Beim Vertrieb von Rechtsschutzversicherungen verlieren Mehrfirmenvermittler immer mehr Marktanteile. Demgegenüber gibt es ein deutliches Wachstum beim Direktvertrieb. Gleichzeitig können Einfirmen-Vermittler ihren hohen Marktanteil halten.
Das geht aus einer Analyse hervor, die die Örag-Versicherung aus Düsseldorf auf der MCC-Tagung "Rechtsschutzversicherung 2017" vorstellte. Nach Einschätzung von Örag-Vorstand Andreas Heinsen hätten Versicherungsmakler und Mehrfachagenten große Probleme mit Rechtsschutz. Für gewerbliche Vermittler sei diese Sparte oft die einzige im Portfolio, die in den roten Zahlen stecke. Doch eine Umdeckung von Firmenrechtsschutz zu günstigen Konditionen sei heute kaum noch möglich. Daher würden auch so genannte Zweckabschlüsse im gewerblichen Bereich immer problematischer.
Steigende Prämien im privaten Sektor
"Mir ist beispielsweise ein Fall bekannt, bei dem ein Unternehmen mit drei Einzelfirmen einen Bereich schließen wollte und vom Makler so beraten wurde, dass zu diesem Zeitpunkt dann eine neu abgeschlossene Firmenrechtsschutzversicherung alle Arbeitsstreitigkeiten finanzieren muss", erläuterte Heinsen. Mit solchen Abschlüssen heimsten sich heute die Vermittler Ärger ein, weil die Police nach den Schadenfällen in der Regel teurer werde oder aufgegeben werden müsse. Im privaten Bereich müssen die Vermittler mit deutlich steigenden Prämien rechnen, was ebenfalls zu Problemen mit den Kunden führe. "Viele Mehrfachvermittler beraten daher anscheinend die Rechtsschutzversicherung gar nicht mehr", schätzt Heinsen. Damit würden sie sich dann unter Umständen ein Haftungsproblem ins Haus holen, denn der Hinweis auf eine Absicherung von Rechtsstreitigkeiten sei eigentlich unerlässlich.
Für die künftige Marktentwicklung zeichnet Heinsen ein düsteres Szenario. Er rechnet mit einer Kündigungswelle durch Versicherer, weil sie schlecht verlaufende Verträge im Bestand haben und die Schadenquote bei einzelnen Unternehmen bis zu 180 Prozent betragen würde. Grund sei oft das Direktgeschäft, vor allem über Vergleichsportale. Das so generierte Geschäft hätte sehr schlechte Schadenverläufe. "Das liegt daran, dass Kunden, die beispielsweise im Mietbereich oder im Beruf künftig Probleme erwarten, aktiv im Internet nach Rechtsschutz suchen." Dann könnten sie nach der Wartezeit, wenn der Vermieter oder der Arbeitgeber kündigt, kostenfrei streiten. Viel besser sei die Schadenquote, wenn Vermittler ihre Kunden anlassfrei beraten würden.
Investitieren, um neue Kunden zu gewinnen
Nach Einschätzung des Örag-Vorstands müssten Rechtsschutzversicherer derzeit sehr umfangreich in neue Technik und neuen Service investieren. Dabei geht es etwa um die Gewinnung von neuen Kunden. Die Rechtsschutzversicherer stehen nämlich zunehmend in Konkurrenz zu Legaltech-Unternehmen, die mit neuen Geschäftsideen Rechtsdienstleistungen anbieten. Zwar zielen diese Anbieter vor allem auf Kunden, die keine Rechtsschutzversicherung haben und somit aus Kostengründen den Gang zum Anwalt meiden. Sie greifen aber mit ihrem Service stark in das Nachfrageverhalten nach Rechtsdienstleistungen ein und beeinflussen vor allem junge Menschen.
Der Rechtsschutzversicherung stehen somit nach Einschätzung von Experten harte Zeiten bevor. Massenverfahren, geringere Vertriebsleistungen und hohe Schadenquoten belasten die Branche. Die Zeichen für eine starke Marktbereinigung mehren sich. „Ich schätze, dass im Jahre 2020 rund ein Drittel der heutigen Rechtsschutzversicherer nicht mehr selbst am Markt aktiv ist“, so Heinsen. Entweder würden die Unternehmen das Geschäft ganz einstellen oder nur noch an andere Gesellschaften Verträge vermitteln.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek