Zwei Sondergehälter für wachsende Produktivität

Während in Köln und Hamburg die Angestellten großer Versicherungskonzerne auf die Straße gehen, um gegen Stellenabbau und Lohnabstriche zu demonstrieren, bekommen in Hannover die Mitarbeiter der VHV Gruppe zwei Monatsgehälter extra als Sonderzahlung.

In den Fluren zahlreicher Hauptverwaltungen deutscher Versicherer brodelt es. Die Mitarbeiter der Allianz, Axa und Hamburg-Mannheimer bilden nur die Spitze des Eisbergs missmutiger Angestellter. Überall wurde schon in den letzten Jahren über die Maßen gespart. Jetzt soll erneut der Rotstift angesetzt werden. In Hannover ist das ganz anders. Die VHV-Mitarbeiter bekommen derzeit noch ein beträchtliches Sahnehäubchen oben auf ihre Gehälter drauf. "Wir stehen am Ende eines für unsere VHV Gruppe voraussichtlich besonders erfolgreichen Jahres", schrieb der VHV-Vorstandsvorsitzende Uwe H. Reuter in einem Brief an seine rund 2.700 Mitarbeiter. 93 Prozent von ihnen hatten sich im Frühjahr 2005 für das neu eingeführte "leistungsorientierte variable Vergütungssystem der VHV" entschieden. In der Praxis bedeutet es, dass Angestellte - die dafür stimmten - dieses Jahr 15,3 (Vorjahr: 14,5) Gehälter bekommen. Die restlichen sieben Prozent der VHV-Beschäftigten zogen es vor, bei der alten Regelung mit bisher üblichen freiwilligen übertariflichen Sonderzahlungen von bis zu 1,2 Monatsgehältern zu bleiben, die bei der hannoverschen Versicherungsgruppe zusätzlich zum tariflichen Urlaubs- und Weihnachtsgeld gezahlt werden.

Grund für die spendable Geste des Vorstands mit den diesjährigen üppigen Sonderzahlungen war ein Abkommen mit dem Betriebsrat, wonach die Mitarbeiter genau gleich wie die Vorstände prozentual an gestiegener Produktivität und guten Geschäftsergebnissen beteiligt werden. Der diesjährige Erfolg muss nicht von Dauer sein. Sinken die Ergebnisse, reduzieren sich auch die Sonderzahlungen in den nächsten Jahren.

Davon will VHV-Chef Reuter jetzt nichts wissen. Schließlich haben die Gesellschaften seiner Versicherungsgruppe in den letzten vier Jahren ihre Produktivität um 25 Prozent gesteigert - peu à peu jedes Jahr um fünf bis sechs Prozent. Deshalb gibt es jetzt die Sonderzahlung von zwei Monatsgehältern. "Wir sind - wie schon in den letzten Jahren - stärker als der Markt gewachsen, haben Produkte und Service für unsere Kunden weiter verbessert und konnten gleichzeitig unsere Kosten senken", so Reuter. Als Ergebnis zeichne auch für 2005 ein gegenüber dem Vorjahr deutlich gesteigerter Ertrag ab.

Die Gruppe hat sich neu aufgestellt. Unter der Konzerndachgesellschaft VHV Vereinigte Hannoversche Versicherung a.G. und der VHV Holding als Steuerungsorgan sind die operativen Gesellschaften Hannoversche Lebensversicherung AG (als reine Direktversicherungsgesellschaft), die VHV Lebensversicherung AG, die VHV Allgemeine Versicherung AG (die das Geschäft des ehemaligen Vereins, der ehemaligen VHV Autoversicherung AG und der ehemaligen VHV Deutsche Kautionsversicherung AG umfasst) sowie die VAV in Wien und die VHV insurance services GmbH (VHV is GmbH) angesiedelt.

Als gelungenen Schachzug bezeichnen Branchenkenner Reuters Abkommen mit dem VHV-Betriebsrat, alle Beschlüsse zur Umstrukturierung gemeinsam anzugehen. Es gelang ihm mit den Betriebsräten eine Management-Partnerschaft zu besiegeln, so dass die Flexibilisierung der Arbeitszeit, eine erfolgsabhängige Ergebnisbeteiligung für die Mitarbeiter (unter gleichen Vorzeichen wie für den Vorstand) sowie die Gründung der Servicegesellschaft "is GmbH" und das Bündeln des Kompositgeschäfts in einer Gesellschaft gemeinsam durchgezogen wurde. Mit Erfolg, denn jedes Jahr stieg die Produktivität in der VHV-Gruppe. Konkrete Zahlen nennt Reuter heute noch nicht. Sie werden erst spruchreif, wenn die Feststellung der Bilanz 2005 besiegelt ist.



Autor(en): Ellen Bocquel

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