Wie wir uns bei der Arbeit am Schreibtisch wohler fühlen

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Viele Menschen arbeiten heute am Computer. Tägliches stundenlanges Sitzen in einseitiger Haltung ist aber wider die Natur des Menschen. Schmerzen und Verspannungen können auftreten, dabei gibt es einfache Methoden, um dem vorzubeugen. Im ersten Teil dieser Serie beschreiben Bettina Halbach und Helene Moser, wie sich Kopf, Schultern und Nacken nach der Franklin-Methode lockern lassen.

Den Atem zulassen

Gelingt es uns, während der Arbeit weiter zu atmen, bleiben die Muskeln des gesamten Körpers locker. Für das Atmen ist ein beweglicher Brustkorb wichtig. Mit jedem Ausatmen legt sich dieser in Richtung der zentralen Körperachse zurück, mit jedem Einatmen heben sich die Rippen. Der Brustkorb ist kegelförmig, oben schmal und unten weit. Form und Bewegung des Brustkorbs lassen sich mit einem Schirm vergleichen. Dessen Spitze ist beim obersten Halswirbel lokalisiert, der Stock stellt die zentrale Körperachse dar, und der Griff ist nahe beim Becken. Wir sehen vor unserem inneren Auge, wie sich der Schirm beim Einatmen öffnet, beim Ausatmen legt er sich wieder zusammen. Es sollte darauf geachtet werden, dass sich der imaginierte Schirm besonders im unteren Bereich gut öffnet, denn hier ist die Bewegung nach allen Seiten am größten. Beim Ausatmen legt sich der Schirm um die zentrale Achse, also um seinen Griff, und der Schirmstab geht dabei nach oben

Den Kopf schaukeln

Unser Kopf wiegt rund fünf Kilogramm und wird von einem recht kleinen Punkt am oberen Ende der Wirbelsäule getragen. Wenn wir uns im Nacken verspannen kann das auch daran liegen, dass wir uns das Kopf-Nacken-Gelenk an der falschen Stelle vorstellen, nämlich hinten am Nacken. In Wirklichkeit ruht der Kopf weiter vorne: Auf dem Atlas, also auf dem obersten Halswirbel. Den Standort des Atlas, also die Stelle wo der Kopf auf der Wirbelsäule balanciert finden wir, indem wir die Zeigefinger nehmen und in die Vertiefung unter den Ohrläppchen legen, gleich hinter den Kieferknochen. Der oberste Halswirbel liegt genau in der Mitte der Verbindungslinie zwischen den beiden Fingern. Wenn wir die Finger nun als Reminder dort wo das Kopf-Nacken-Gelenk ist liegen lassen, uns die Drehachse in Höhe der Finger vorstellen und mit dem Kopf eine Weile auf dem obersten Halswirbel schaukeln, lösen wir die vielen kleinen Muskeln im Nacken und fühlen uns gleich aufrechter.

Die Kiefergelenke befreien

Unsere Kiefergelenke sind sehr kräftige Gelenke, mit einer Vielzahl an Bewegungsmöglichkeiten: Sie können sich öffnen, schließen, zur Seite gleiten und sich vorwärts und rückwärts bewegen. Wir gebrauchen sie fortwährend, während wir sprechen, essen, trinken und schlucken. Besonders wenn wir Stress haben oder wenn wir uns zu sehr in unsere Arbeit vertiefen neigen wir dazu, den Ober- und Unterkiefer fest zusammen zu pressen und den großen Kaumuskel anzuspannen. Diese Gewohnheit verhindert, dass wir uns locker und frei bewegen und mit Leichtigkeit Tastatur und Maus bedienen. Auf die Dauer schaden wir uns damit also selber. Es hilft, den Kaumuskel regelmäßig etwas auszustreichen oder die Wangen mit den Fingerkuppen abzuklopfen, um ihn zu lösen. Während wir das tun, können wir den Unterkiefer bewegen, vor und zurück, auf und ab, nach rechts und links.

Den Nacken verlängern

Dem Nacken tut es gut, wenn wir uns vorstellen, dass unser Kopf ein Ballon ist, der mit Gas gefüllt ist. Er schwebt mit großer Leichtigkeit zum Himmel. Dadurch verlängern sich die Muskeln und Faszien des Nackens, wir richten uns unwillkürlich etwas auf. Besonders wirksam ist die kleine Übung, wenn wir dabei gleichmäßig atmen. Jedes Ausatmen nimmt einen Teil des Alltagsstresses mit sich. Unser Kopf leert sich, er wird immer leichter, zwischen den Ohren ist viel Raum und Platz, negative Energien und Gedanken fliegen davon.

Die Schultern entspannen

Der Schultergürtel trägt die Arme. Zu ihm gehören die Schulterblätter und die Schlüsselbeine. Er ist ein offener Ring der auf dem Brustkorb ruht. Dabei sind die Schulterblätter hinten am Rücken und die Schlüsselbeine liegen vorne. Ein Gelenk an dem zahlreiche Muskeln ansetzen verbindet die Schulterblätter mit den Schlüsselbeinen. Weil die Arm etwas seitlich versetzt und nicht direkt am Brustkorb befestigt sind, können sie sich freier bewegen. Oben am Brustbein sind die Schlüsselbeine über ein Gelenk mit dem Brustbein verbunden. Um die Schultern zu entspannen können wir die Schultern während der Arbeit bewusst nach oben ziehen und wieder senken. Dabei können wir uns vorstellen, dass die Schulterblätter so leicht wie nasse Seifenstücke auf einer glatten Oberfläche nach oben gleiten und anschließend wieder nach unten rutschen.

Die Ellenbogengelenke schweben lassen

Unser Ellenbogengelenk ist ein zusammengesetztes Gelenk, das aus drei Teilgelenken besteht. Diese haben eine gemeinsame Gelenkkapsel. In der Gelenkkapsel treten der Oberarmknochen und die beiden Unterarmknochen jeweils mit einem der gegenüberliegenden Knochen in Verbindung. Wir können den Unterarm gegenüber dem Oberarm beugen und strecken. Darüber hinaus ist das Gelenk funktionell an den Umwendebewegungen der Hand beteiligt. Während wir am Schreibtisch arbeiten sind die Ellbogengelenke in einer gebeugten Stellung, wenn wir genau hinfühlen finden jedoch laufend kleine Bewegungen in ihnen statt, während wir mit den Fingern arbeiten. Es kann die Ellenbogengelenke entlasten, wenn wir uns vorstellen, dass die Ellbogen Bojen sind, die auf dem Meer schwimmen oder wenn wir daran denken, dass sie stets gut mit Gelenkflüssigkeit versorgt sind.

Die Handgelenke schütteln

Die Hände des Menschen sind sehr komplex und bestehen je aus 19 Knochen mit 36 Gelenken, die von 39 Muskeln bewegt werden. Ihre Aufgaben sind fühlen, greifen und kommunizieren. Wenn wir die Finger leicht beugen dient uns die Hand sogar als Gefäß, mit dem wir Wasser zum Mund führen. Auch kann sie jedes Werkzeug, das wir verwenden, imitieren. Besonders unsere Handgelenke werden beim Schreiben stark beansprucht. Wir können sie entlasten, indem wir die folgende kleine Übung regelmäßig in den Arbeitsalltag einstreuen: Wir halten die rechte Handwurzel mit unserer linken Hand. Der Daumen liegt auf der Innenseite, die übrigen Finger auf der Außenseite. Nun bewegen wir die rechte Hand mit Hilfe der linken Hand nach vorne und nach hinten, wir stellen uns vor, wir läuten zahlreiche kleine Glöckchen. Fühlen wir, wie die Knochen, Gelenke und Muskeln der Hand locker werden? Nun schütteln wir das linke Handgelenk mithilfe der rechten Hand. Wie ist das? Fühlen wir auch eine Lockerheit in den Schultern?

Hände ausschütteln - Franklin Methode

Die Vorstellungskraft als Echolot

Die Vorstellungskraft ist das Echolot, das den Körper anregt, sich gesund zu bewegen. Jeder Mensch reagiert individuell auf Bilder aus der Franklin-Methode, deren Wirksamkeit in einer neueren wissenschaftlichen Studie mit Parkinson-Patienten unlängst gezeigt wurde. Die Gedankenbilder sind nicht mit sofort wirksamen Medikamenten zu vergleichen, sondern man trainiert die Imagination genauso wie jeden anderen Sport. Ein Kennzeichen dafür, dass ein Bild auf den Körper wirkt, besteht darin, dass man tiefer atmet: Das Verbinden von Gedankenbildern, erlebter Anatomie sowie Bewegung entspannt und lockert den Körper während der Arbeit am Schreibtisch. Beweglichkeit und Wohlbefinden stellen sich ein.

Über die Franklin-Methode

Die Franklin-Methode fördert kognitive Fähigkeiten zur Harmonisierung von Bewegungsabläufen und Körperfunktionen. Sie entstand in den 1980er Jahren, die Ursprungswissenschaft ist die Ideokinese (Ideo = Idee, Kinesis = Bewegung) aber es fließen auch Elemente der Sportwissenschaft, die Psychomotorik sowie verschiedene Bewegungslehren ein. Die wichtigsten Kennzeichen der Methode sind eine spezielle Lernspirale, Imagination und Verkörperung. Imaginiert wird in Ruhe, im Rahmen von Alltagstätigkeiten oder beim Sport. Einsteiger begleiten zunächst ganz einfache Gymnastik oder Alltagsbewegungen wie Gehen, Stehen, Sitzen und Liegen mit Vorstellungsbildern, um dann später auch während komplexeren Bewegungen ihre Vorstellungskraft gezielt einsetzen zu können. Dabei liegt den Vorstellungsbildern eine bestimmte Systematik zugrunde.

Die Ernährungswissenschaftlerin Bettina Halbach ist lizenzierte Trainerin der Franklin-Methode und arbeitet als freie Journalistin.  Helene Moser ist Doktorandin sowie Therapeutin und Lehrerin der Franklin-Methode. Außerdem ist sie als internationale Dozentin in der Beckenbodenrehabilitation tätig und führt eine eigene Physiotherapiepraxis.

Autor(en): Bettina Halbach, Helene Moser

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