Mit der zunehmenden Regulierung könnte sich die immer noch vergleichsweise hohe Zahl an Versicherungsvermittlern deutlich reduzieren. Eine solche Entwicklung wird von vielen Branchenbeobachtern begrüßt - allerdings immer nur dann, wenn es "die Anderen" trifft.
Deutschland weist in seinem Vermittlerregister immer noch knapp eine Viertelmillion registrierte Versicherungsvermittler auf. Dies entspricht wohl etwa einem Viertel der Gesamtzahl in Europa registrierter Vermittler, was offensichtlich nicht dem Bevölkerungsanteil entspricht. Der Grund ist einfach: Mit typisch deutscher Gründlichkeit wurden hierzulande alle möglichen Vertriebsformen in die Registrierung getrieben, darunter vermutlich nicht wenige Annex- und Sondervertriebe oder Gelegenheitsvermittler mit Karteileichenstatus.
Marktbereinigung überfällig
Solche Zahlen reizen aber dazu, eine Schieflage im Vermittlermarkt zu sehen und eine Bereinigung zu fordern. "Eine Marktbereinigung bei den Vermittlern ist aus Verbrauchersicht überfällig", zitiert beispielsweise der "Versicherungsbote" Axel Kleinlein, den Vorstandsvorsitzenden des Bundes der Versicherten. "Wir haben in Deutschland ein Überangebot an Vermittlern", meint auch Lars Gatschke, Versicherungsreferent beim Verbraucherzentrale Bundesverband in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Doch nicht nur von der Verbraucherschutzseite, auch aus Vermittlerverbänden, von Vertriebsvorständen und Branchenbeobachtern hört und liest man immer wieder die These, dass es zu viele Vertreter und Makler gibt, und dass die Marktverhältnisse und das Ansehen des Berufsstands schlagartig besser werden, wenn diese Zahl deutlich reduziert würde.
Nach marktwirtschaftlichen Regeln überflüssige Diskussion
Aus ökonomischer Sicht beantwortet der Markt selbst die Frage, wie viele Anbieter er ertragen und ernähren kann. Wenn "der Verbraucher" keine Nachfrage entwickelt, verlässt der Anbieter von alleine den Markt. Da braucht es gar keine Regulierung, um nachzuhelfen.
Die Frage nach der "richtigen" Zahl der Vermittler ist genauso sinnvoll wie diejenige nach der "richtigen" Zahl der Ärzte, der Anwälte, der Frisöre, der Einzelhandelsgeschäfte, der Tankstellen, der Autohändler und so weiter. Aber wo der Staat versucht hat, diese Frage zu beantworten, hat sich der Markt eher zum Nachteil der Kunden verengt.
Marktverengung nützt den Verbrauchern nichts
Beispiel Krankenkassen: Die frühere Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt behauptete, mehr als 50 Krankenkassen bräuchte Deutschland nicht. Sie nahm den Kassen ihre wichtigste Waffe im Wettbewerb, die Freiheit der Preisfestsetzung (des Beitragssatzes) weg. Ziel sollte sein, dass die "richtige" Zahl der Kassen erreicht und danach für die Versicherten alles viel besser wird, weil Wettbewerb nur noch über Leistungen statt Beiträge ausgetragen würde. Denn, so die simple Logik, weniger Kassen bedeute weniger Vorstandsgehälter und weniger Verwaltungskosten - und schon wird die Krankenversicherung für alle viel billiger.
Nun, die 50 Kassen haben wir noch nicht ganz erreicht, aber der Schrumpfungsprozess ist in den vergangenen Jahren zügig vorangeschritten. Doch für die Mitglieder günstiger geworden ist die Krankenversicherung bisher erkennbar nicht.
Wohin eine solche Entwicklung münden kann, zeigt die extreme Marktverengung bei Energieleistungen und Treibstoffen oder in manchen Handelsbereichen, die nur noch von sehr wenigen Ketten dominiert werden. Oligopole aber nutzen den Kunden nicht, sie schaden, weil sich der Kunde kaum gegen deren Preissetzungen wehren kann. Da helfen auch Benzinpreis-Vergleichsportale nur wenig.
Vertrauen lässt sich nicht einfach umverteilen
Bei Versicherungsvermittlern ist noch etwas ganz anderes zu berücksichtigen. Versicherungen sind zuallererst ein Vertrauensgeschäft. Vermittler gewinnen und binden zumindest ihre Privatkunden ganz überwiegend über langandauernde, stabile Beziehungen. Das begrenzt die Zahl der Kunden auf natürliche Weise. Wenn in dieser Situation Vermittler aus dem Markt herausreguliert werden, bleibt nicht etwa für die übrigen Vermittler ein größeres Stück vom Kundenkuchen übrig. Die vertraute Verbindung geht verloren, und die Kunden werden tendenziell eher - je nach empfundener Dringlichkeit des Versicherungsabschlusses - in Internet- und andere Direktformen ausweichen, zum Beispiel bei Pflichtversicherungen wie Kfz, oder auf Beratung und Kauf von Versicherungsschutz künftig verzichten.
Der Glaube an eine rein statische Umverteilung eines Kundenkuchens ist ungefähr so realistisch wie die Meinung der Gewerkschaften in den 1980er Jahren, dass durch eine Verkürzung der Arbeitszeit auf 35 Stunden mehr Arbeitnehmer an dem vermeintlich statischen Arbeitskuchen teilhaben können. Die Gewerkschaften haben vor vielen Jahren realisiert, dass der Arbeitskuchen keineswegs statisch ist, sondern ins Billiglohnausland wegbröckelt, wenn man die Arbeit hier zu teuer werden lässt.
Kuchen verteilen, ohne dass er zerbröselt
Nun ist es Zeit zu realisieren, dass auch der Versicherungsvermittlungskuchen nicht statisch ist und einfach nur neu verteilt werden muss, ohne dass bedeutende Stücke wegbröckeln. Die Folgekosten trägt dann übrigens der Steuerzahler in Gestalt von höheren Grundsicherungs- und anderen Sozialleistungen. Nur in einem Punkt sind sich die Betroffenen im Vermittlerlager einig. Wenn es um die Frage geht, wer denn ihrer Meinung nach aus dem Markt herausreguliert werden sollte, dann sind es definitiv immer "die Anderen". Ob das wohl eine realistische Sicht der Dinge ist?
Deutschland weist in seinem Vermittlerregister immer noch knapp eine Viertelmillion registrierte Versicherungsvermittler auf. Dies entspricht wohl etwa einem Viertel der Gesamtzahl in Europa registrierter Vermittler, was offensichtlich nicht dem Bevölkerungsanteil entspricht. Der Grund ist einfach: Mit typisch deutscher Gründlichkeit wurden hierzulande alle möglichen Vertriebsformen in die Registrierung getrieben, darunter vermutlich nicht wenige Annex- und Sondervertriebe oder Gelegenheitsvermittler mit Karteileichenstatus.
Marktbereinigung überfällig
Solche Zahlen reizen aber dazu, eine Schieflage im Vermittlermarkt zu sehen und eine Bereinigung zu fordern. "Eine Marktbereinigung bei den Vermittlern ist aus Verbrauchersicht überfällig", zitiert beispielsweise der "Versicherungsbote" Axel Kleinlein, den Vorstandsvorsitzenden des Bundes der Versicherten. "Wir haben in Deutschland ein Überangebot an Vermittlern", meint auch Lars Gatschke, Versicherungsreferent beim Verbraucherzentrale Bundesverband in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Doch nicht nur von der Verbraucherschutzseite, auch aus Vermittlerverbänden, von Vertriebsvorständen und Branchenbeobachtern hört und liest man immer wieder die These, dass es zu viele Vertreter und Makler gibt, und dass die Marktverhältnisse und das Ansehen des Berufsstands schlagartig besser werden, wenn diese Zahl deutlich reduziert würde.
Nach marktwirtschaftlichen Regeln überflüssige Diskussion
Aus ökonomischer Sicht beantwortet der Markt selbst die Frage, wie viele Anbieter er ertragen und ernähren kann. Wenn "der Verbraucher" keine Nachfrage entwickelt, verlässt der Anbieter von alleine den Markt. Da braucht es gar keine Regulierung, um nachzuhelfen.
Die Frage nach der "richtigen" Zahl der Vermittler ist genauso sinnvoll wie diejenige nach der "richtigen" Zahl der Ärzte, der Anwälte, der Frisöre, der Einzelhandelsgeschäfte, der Tankstellen, der Autohändler und so weiter. Aber wo der Staat versucht hat, diese Frage zu beantworten, hat sich der Markt eher zum Nachteil der Kunden verengt.
Marktverengung nützt den Verbrauchern nichts
Beispiel Krankenkassen: Die frühere Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt behauptete, mehr als 50 Krankenkassen bräuchte Deutschland nicht. Sie nahm den Kassen ihre wichtigste Waffe im Wettbewerb, die Freiheit der Preisfestsetzung (des Beitragssatzes) weg. Ziel sollte sein, dass die "richtige" Zahl der Kassen erreicht und danach für die Versicherten alles viel besser wird, weil Wettbewerb nur noch über Leistungen statt Beiträge ausgetragen würde. Denn, so die simple Logik, weniger Kassen bedeute weniger Vorstandsgehälter und weniger Verwaltungskosten - und schon wird die Krankenversicherung für alle viel billiger.
Nun, die 50 Kassen haben wir noch nicht ganz erreicht, aber der Schrumpfungsprozess ist in den vergangenen Jahren zügig vorangeschritten. Doch für die Mitglieder günstiger geworden ist die Krankenversicherung bisher erkennbar nicht.
Wohin eine solche Entwicklung münden kann, zeigt die extreme Marktverengung bei Energieleistungen und Treibstoffen oder in manchen Handelsbereichen, die nur noch von sehr wenigen Ketten dominiert werden. Oligopole aber nutzen den Kunden nicht, sie schaden, weil sich der Kunde kaum gegen deren Preissetzungen wehren kann. Da helfen auch Benzinpreis-Vergleichsportale nur wenig.
Vertrauen lässt sich nicht einfach umverteilen
Bei Versicherungsvermittlern ist noch etwas ganz anderes zu berücksichtigen. Versicherungen sind zuallererst ein Vertrauensgeschäft. Vermittler gewinnen und binden zumindest ihre Privatkunden ganz überwiegend über langandauernde, stabile Beziehungen. Das begrenzt die Zahl der Kunden auf natürliche Weise. Wenn in dieser Situation Vermittler aus dem Markt herausreguliert werden, bleibt nicht etwa für die übrigen Vermittler ein größeres Stück vom Kundenkuchen übrig. Die vertraute Verbindung geht verloren, und die Kunden werden tendenziell eher - je nach empfundener Dringlichkeit des Versicherungsabschlusses - in Internet- und andere Direktformen ausweichen, zum Beispiel bei Pflichtversicherungen wie Kfz, oder auf Beratung und Kauf von Versicherungsschutz künftig verzichten.
Der Glaube an eine rein statische Umverteilung eines Kundenkuchens ist ungefähr so realistisch wie die Meinung der Gewerkschaften in den 1980er Jahren, dass durch eine Verkürzung der Arbeitszeit auf 35 Stunden mehr Arbeitnehmer an dem vermeintlich statischen Arbeitskuchen teilhaben können. Die Gewerkschaften haben vor vielen Jahren realisiert, dass der Arbeitskuchen keineswegs statisch ist, sondern ins Billiglohnausland wegbröckelt, wenn man die Arbeit hier zu teuer werden lässt.
Kuchen verteilen, ohne dass er zerbröselt
Nun ist es Zeit zu realisieren, dass auch der Versicherungsvermittlungskuchen nicht statisch ist und einfach nur neu verteilt werden muss, ohne dass bedeutende Stücke wegbröckeln. Die Folgekosten trägt dann übrigens der Steuerzahler in Gestalt von höheren Grundsicherungs- und anderen Sozialleistungen. Nur in einem Punkt sind sich die Betroffenen im Vermittlerlager einig. Wenn es um die Frage geht, wer denn ihrer Meinung nach aus dem Markt herausreguliert werden sollte, dann sind es definitiv immer "die Anderen". Ob das wohl eine realistische Sicht der Dinge ist?
Autor(en): Matthias Beenken