Kaum ein Thema ist solch ein Dauerbrenner wie die Neukundengewinnung. Schließlich hängt der Erfolg des Vermittlerbetriebes davon ab, den Bestand zu erweitern.
Vermittler sollten statt Neuakquise um jeden Preis sich zunächst über ihr Geschäftsmodell klar werden, empfiehlt Heiko Reddmann, Geschäftsführer der Honorarkonzept GmbH. Welche Leistungen biete ich an, welche Leistungen kann ich zusätzlich anbieten, welche Leistung schafft keinen Mehrwert, wie will ich mich vergüten lassen, welche Klientel habe ich, welche möchte ich haben und wie kann ich Kunden gewinnen und binden? Erst dann sollten Vermittler kalkulieren, wie viele Kunden in welchem Segment sie benötigten, damit Aufwand und Ergebnis sich rechnen. Dabei bleibe es nicht aus, dass man manchem Kundenbedarf nicht nachkommen könne.
Weniger ist oft mehr
"Makler sind Unternehmer und betriebswirtschaftliche Kalkulation somit eine zwingende Notwendigkeit", so seine Meinung. Kleinere Kunden hätten häufig zwei Verträge bei der Bank, zwei bei einem Kumpel und zwei beim Makler. „Das ist für keine der Parteien auskömmlich. Solche C-Kunden müssen entweder A-Kunden des Maklers werden – oder sie gehen künftig getrennte Wege“, ist er überzeugt. Insofern hält Reddmann eine übersichtliche Kundenzahl, die der Vermittler angemessen oft sieht und informiert, für die bessere Lösung. Weniger sei auf jeden Fall mehr, wenn eine rentable Vergütungsform im Einklang mit werthaltigen Leistungen stehe.
Zielgruppenklarheit beim Zuwachs von Kunden
Unterstützt würden Vermittler bei der Kundenbetreuung durch die zunehmende Digitalisierung von Prozessen im Vermittlerbüro. Damit können zum Beispiel regulatorische Vorgaben mit geringem Aufwand erfüllt werden. „Die persönliche Beziehung des Beraters zu den meisten Kunden wird dadurch nicht überflüssig“, ist er überzeugt: "Höchstens Selbstentscheider werden auf Beratung verzichten." Zielgruppenklarheit ist auch beim Zuwachs von Kunden das A und O, ist Reddmann sicher. Denn junge Leute müssten anders angesprochen werden als etwa Gewerbekunden oder Ärzte. Während im ersten Fall Blogs und Facebook die Mittel der Wahl seien, sollte man bei gewerblicher Klientel auch traditionell über den regionalen Unternehmerverein oder eigene Kundenveranstaltungen agieren. Wichtig sei zu erkennen, woher die Zielgruppe ihre Informationen bezieht und wo sie sich aufhält: Genau da müsse man ansetzen und präsent sein.
Den Bestand sauber halten
Auch der Hannoveraner Makler Thomas Billerbeck kündigt regelmäßig Mandate. „Wir sind kein Massenmakler und unseren Bestand halten wir sauber“, bemerkt er. Nur so, ist er überzeugt, bleiben die hohen Kosten unter anderem durch Weiterbildung beherrschbar. Das Problem sei, dass viele Kunden nicht verstehen, warum ein Makler unter heutigen Bedingungen keine einzelne Privathaftpflicht- oder Zahnzusatzversicherung bearbeiten könne. „Ich kann für 50 oder 75 Euro Courtage nicht die komplexen Anforderungen von IDD und DSGVO erfüllen. Die Zeit habe ich einfach nicht, das ist betriebswirtschaftlicher Unfug“, fügt er an. In spätestens fünf Jahren wird es nach seiner Auffassung daher jede Menge Privatkunden geben, die keine Beratung mehr bekommen.
Er berät mit seiner Firma nur noch Firmen beziehungsweise das Privatgeschäft der Firmen ab einer gewissen Größenordnung. Den Schwerpunkt legt er auf die Betreuung der verbleibenden Kunden. „Gute Makler werden sich ihre Kunden aussuchen können“, wagt er einen Blick in die Zukunft. „Kunden müssen verstehen, dass Qualität und Erreichbarkeit ihren Preis haben.“ Es gehe um ganzheitliche Betreuung: Nur wenn der Makler möglichst alle Verträge des Kunden verwalten könne, sei etwa die neue umfassende und standardisierte Risikoanalyse nach DIN 77230 überhaupt sinnvoll.
Jahresgespräch ist der Kern
Die Billerbeck GmbH betreibt keinen aktiven Vertrieb, sondern betreut Kunden aktiv. Kern ist das Jahresgespräch mit jedem einzelnen Kunden. Dort wird neben neuen Angeboten im Markt und Veränderungen in der Lebenssituation des Kunden immer auch die Empfehlungsbereitschaft angesprochen. Die Berater geben ihren Kunden Flyer, die diese an Selbstständige aus ihrem Geschäfts- und Bekanntenkreis weitergeben können. Dazu kommen Anzeigen im redaktionellen Teil der Tageszeitungen von Hannover, im Schnitt 24-mal pro Jahr. „Uns kennt sowieso jeder in Hannover und Umgebung. Die Anzeigen sind nur eine Art Erinnerung an uns“, erklärt Billerbeck. Keine ganz billige, aber lohnend. Wer mit seinem Makler oder seiner Versicherung unzufrieden ist, erinnert sich an ihn, sucht seine Website auf und wird in zehn bis zwölf Fällen pro Jahr ein neuer Kunde. „Einer, den wir haben wollen und bei dem sich die ganze Tour von der Analyse und Kündigung alter Verträge über die vielen Angebote und Präsentationen bis hin zur Antragstellung auch wirklich lohnt“, macht er deutlich.
Der ausführliche Artikel zu dem Thema erschien in Versicherungsmagazin 11/18.
Autor(en): Elke Pohl