Viele Unternehmen nutzten in ihrer Aus- und Weiterbildung bereits Lehr- und Lernkonzepte, die das Lernen in Präsenzseminaren mit einem computergestützten Lernen verknüpfen. Von solchen so genannten Blended-Learning-Konzepten erhoffen sie sich eine Ersparnis von (Arbeits-)Zeit und Geld. Zudem ist der Lernbedarf ist in vielen Organisationen heute so groß, dass er mit Präsenzseminaren allein nicht mehr befriedigt werden kann. Deshalb muss das Lernen aus Sicht der Unternehmen ein integraler Bestandteil der Alltagsarbeit werden.
Hinzu kommt: Viele Mitarbeiter der Unternehmen sind heute Digital Natives. Sie sind es gewohnt, den PC und die mobilen Endgeräte - vom Laptop bis Smartphone - zu nutzen, um sich zu informieren und zu kommunizieren sowie ihre (Zusammen-)Arbeit zu planen. Auch deshalb setzen die Unternehmen in ihrer Aus- und Weiterbildung verstärkt auf E-Learning.
Lernkonzepte, die in den Arbeitsalltag passen
Dieser Trend wird sich fortsetzen - nicht nur weil etwa bei Webinaren Reisezeiten und -kosten entfallen. Entscheidender ist: Mit der modernen digitalen Lerntechnik lassen sich Lernkonzepte schmieden, die sich leichter in den Arbeitsalltag integrieren lassen. Ähnlich verhält es sich beim Coachen der Mitarbeiter. Auch bei ihm setzen die Unternehmen verstärkt auf Telefon- und Online-Coaching, denn sie lassen sich kurzfristiger planen. Und beim Trainieren der Verhaltenssicherheit der Mitarbeiter entdecken die Unternehmen zunehmend die Vorzüge von Microlearning-Apps, mit denen die Mitarbeiter das Gelernte einüben.
Doch leider herrscht in vielen Betrieben noch die Überzeugung: Für das Einführen von Blended Learning genügt es, die bisherigen Lernkonzepte und -unterlagen auf die Server hochzuladen. Das ist ein Irrtum! Blended Learning setzt eine Unternehmenskultur voraus, die diese Art des Lernens unterstützt. Es erfordert zudem neben der nötigen technischen Infrastruktur die Kompetenz, diese professionell zu nutzen. Außerdem setzt es neue Lernkonzepte und eine entsprechende Content-Entwicklung voraus. Und mit am wichtigsten ist: Das Selbstverständnis der firmeninternen Trainer und Wissensvermittler muss sich wandeln.
Online-Lernen: Herausforderung für die Wissensvermittler
Auch aus folgendem Grund: Die meisten größeren Unternehmen beschäftigen zwar auch Fulltime-Trainer. Das Groh ihrer Wissensvermittler sind jedoch Führungskräfte auf der operativen Ebene oder berufserfahrene Spezialisten, die nur zuweilen in die Trainerrolle schlüpfen, beispielsweise wenn neue Mitarbeiter eingearbeitet oder Problemlösungen im Unternehmen eingeführt werden sollen. Für die meisten firmeninternen Trainer ist das Trainieren also eine Zusatzaufgabe. Sie sind zudem keine ausgebildeten Pädagogen, sondern wurden gerade wegen ihres Fachwissens und ihrer beruflichen Erfahrung als Fachtrainer ausgewählt.
Diese Parttime-Trainer kämpfen in der Regel, wenn sie künftig ihre Kollegen auch online trainieren sollen, mit zahlreichen technischen, methodisch-didaktischen, aber auch organisatorischen Fragen und Problemen. Und meist wird ihnen firmenintern bei deren Bewältigung zu wenig Unterstützung gewährt, denn: Viele Unternehmen verkennen, dass es sich beim Einführen des Blended Learning um ein Change-Projekt handelt, das auf das Schaffen einer neuen Lernkultur in der Organisation abzielt.
Diese Skills werden gebraucht
Sie unterschätzen zudem häufig, wie viele neue Kompetenzen ihre Trainer beim Online-Trainieren und -Coachen brauchen. Diese benötigen unter anderem in folgenden Bereichen neue Skills:
- Digitaltechnik: Die Trainer müssen die Möglichkeiten, die ihnen und ihrem Unternehmen die neuen, digitalen Lerntechnologien bieten, realistisch einschätzen und die Technik professionell nutzen können.
- Selbstverständnis: Die Trainer müssen sich als Lernende begreifen, die ihr (bisheriges) Trainerverhalten reflektieren und dieses Schritt für Schritt den veränderten Rahmenbedingungen anpassen.
- Methodik und Didaktik: Die Trainer müssen unter anderem einschätzen lernen, welche Lerninhalte und Skills mit der modernen Technik vermittelbar sind und welche nicht. Sie müssen zudem die Lerninhalte so präsentieren können, dass die Lernziele auch erreicht werden, wenn das Lernen online und im Selbststudium erfolgt.
- (Selbst-)Organisation: Die Trainer müssen unter anderem ihren Arbeitsalltag so strukturieren können, dass sie die Lerner in ihrem Lernprozess unterstützend begleiten können, obwohl diese oft an unterschiedlichen Orten und zu verschiedenen Zeiten lernen.
Blended-Learning-Trainer aus- und weiterbilden
Unternehmen sollten ihren Wissensvermittlern in einer Blended-Learning-Trainer-Ausbildung die ihnen noch fehlenden Skills vermitteln. Zudem sollen sie diese beim Transfer des Gelernten in der Praxis durch eine Person coachen lassen, die Erfahrung im Trainieren mit der neuen Lerntechnologie hat. Denn letztlich lautet das Ziel der Trainer-Weiterbildung: Bei den Trainern soll eine so große Verhaltenssicherheit entstehen, dass sie beim Online-Trainieren und -Coachen nicht primär mit der Technik kämpfen, sondern sich voll auf den Lernprozess und die Lerner konzentrieren können.
Sabine Prohaska ist Inhaberin des Trainings- und Beratungsunternehmens seminar consult prohaska, Wien, dessen Blended-Learning-Trainer-Ausbildung mit dem BDVT-Trainingspreis in Gold 2018/2019 ausgezeichnet wurde ( www.seminarconsult.at).
Autor(en): Sabine Prohaska