Bei jungen Menschen ist die Bereitschaft für eine aktienbasierte Altersvorsorge deutlich gestiegen. Das geht aus einer Umfrage hervor, die die Swiss Life Deutschland auf dem Handelsblatt „Strategiemeeting Lebensversicherung 2022“ vorstellte. Danach favorisierten 2020 noch rund 42 Prozent der jungen Menschen aus der Generation Z eine Altersvorsorge mit Aktien, 2022 waren es hingegen schon 55 Prozent. Demgegenüber verharrt der Anteil in der Generation der Babyboomer, die offen für eine aktienorientierte Vorsorge sind, auf einem niedrigen Wert von 27 Prozent.
Auch das Finanzwissen ist nach Eigeneinschätzung bei jungen Leuten gewachsen. 2020 lag es noch bei 48 Prozent nun ist es auf 56 Prozent gestiegen. Sehr mäßig ist hingegen noch das Wissen über die Altersvorsorge. "Nur 31 Prozent der jungen Menschen meinen hier gute Kenntnisse zu haben", sagte Jörg Arnold, Vorstandschef der Swiss Life Deutschland. Zwar seien sich die meisten jungen Menschen darüber bewusst, dass sie ihre Arbeitskraft absichern und zusätzlich für den Ruhestand sorgen sollten.
Je komplexer das Produkt, desto wichtiger die persönliche Beratung
Doch was man genau machen müsste, sei den meisten vollkommen unklar. „Zudem haben sie totale Sorgen an den Falschen zu geraten und etwas zu machen, was sie hinterher bereuen“, erläuterte Arnold. Während 44 Prozent der jungen Menschen Aktien online kaufen würden und 43 Prozent Fonds, liegt der Anteil für einen Online-Abschluss für die Arbeitskraftabsicherung bei lediglich 17 Prozent und für die Altersvorsorge nur bei rund 16 Prozent. "Je komplexer das Produkt wird, desto wichtiger ist noch die persönliche Beratung", stellte Arnold fest.
Trotzdem dürfte die Digitalisierung immer stärker in den Vertrieb einziehen. So wünscht sich 48 Prozent der Generation Z ein digitales Kundenportal und 46 Prozent sogar eine umfassende Finanz-App, die anbieterübergreifende Informationen enthält. "Digitale Rententransparenz ist nur möglich, wenn die App brutal einfach ist", erläuterte Andreas Hackethal, Professor an der Goethe Universität in Frankfurt am Main. Der Wissenschaftler hat ein Renten Cockpit speziell für Frauen zwischen 30 und 50 Jahren entwickelt. Die Antwort auf die einfache Frage, „was bekomme ich im Ruhestand“, sei in der digitalen Umsetzung nur mit sehr hohem Aufwand zu beantworten. Die Menschen würden hier eine Zahl erwarten.
Renteninformation muss brutal einfach sein
Es müssten aber Szenarien hinterlegt werden, die Inflation, Arbeitslosigkeit oder Scheidung durchspielen könnten. Daher sei es höchst anspruchsvoll aus Daten Wissen zu machen. Der Aufwand für Autorisierung und Zugang müsse sehr einfach sein. Zudem müsse die App medienbruchfrei funktionieren. Am Ende gäbe es aber ein unglaubliches Potential, das auch für Vermittler eine große Hilfe sein könnte. Derzeit wird ein einfaches Frontend entwickelt, dass auch über Arbeitgeber Frauen ansprechen soll. Der Start ist für spätestens für Anfang 2023 geplant. In der Diskussion bestätigte Volker Priebe, Mitglied des Vorstands der Allianz Lebensversicherung die hohe Nachfrage nach Renteninformationen. So würden derzeit viele User den Rentenkompass der Allianz im Netz nutzen, um die Auswirkungen der Inflation durchzuspielen. Rund 500.000 Nutzer habe der Rentenkompass bisher erreicht. Die Daten müssen aber noch händisch eingegeben werden.
Das Teilen von Gesundheitsdaten dürfte bald auch in Deutschland bei Versicherern einen stärkeren Stellwert haben. Davon ist Patrick Dahmen, Leiter des Insurlab Germany, überzeugt. In einer umfassenden Studie wurden weltweit neue Projekte untersucht, die Versicherung und Digitalisierung miteinander verbinden. "Die Disruption könnte im ersten Schritt im Bereich der Biometrie, also bei der Arbeitskraftabsicherung und der Risikolebensversicherung, einsetzen", schätzt Dahmen. Auch das Underwriting werde weltweit ganz neu gedacht. Es entwickelt sich von einem statischen Underwriting beim Vertragsabschluss hin zu einer dynamischen Begleitung des Versicherten.
Mega-Trend Gesundheitsprävention
Vor allem Gesundheitsprävention sei ein Megatrend. Aktuell entwickle der Rückversicherer Scor mit dem Vergleichsportal Check 24 eine Gesundheits-App. Zwei Beispiele stellte auch die Nürnberger Versicherung mit Better Doc und der Kooperation mit Humanoo, einer Plattform für betriebliches Gesundheitsmanagement, vor. Rund 7.000 Kunden nutzen über die Nürnberger die App aktiv. Better Doc hilft bei der schnellen und richtigen Arztwahl. „Wir wollen über diesen Service die Relevanz für unsere Kunden erhöhen“, erläuterte Harald Rosenberger, Mitglied des Vorstands der Nürnberger Versicherung. Er appellierte an die Branche, ähnliche Produkte auf den Markt zu bringen.
Die Idee, Kunden gesund zu erhalten oder wieder gesund zu machen, könnte das Image der Versicherer deutlich verbessern. Langfristig hofft Rosenberger, dass sich damit auch die Kundenzahlen erhöhen. Denn noch immer wären beispielsweise zwei Drittel der Menschen in Deutschland ohne Arbeitskraftabsicherung.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek