Wenn sich Kinder bei privater Veranstaltung verletzen

Die Verletzung von Kindern während privater Veranstaltungen wird zumeist von der privaten Haftpflichtversicherung gedeckt. Diese Einschätzung trifft Michael Salzburg, Geschäftsführer von Friedels Fairsicherungsbüro Langer & Salzburg GmbH ().

Ein exemplarischer Fall: Eltern hatten einen Bring- und Holdienst zu privatem Englischunterricht für ihre Kita-Kinder organisiert. Auf dem Weg zwischen Auto und Haustür stürzt ein Kind und zieht sich einen komplizierten Beinbruch zu. Die regionale Unfallkasse lehnt jegliche Ansprüche gegen die gesetzliche Unfallversicherung ab, da es sich um eine private Veranstaltung handelt. Die private Haftpflichtversicherung der Mutter, die die Aufsicht hatte, lehnt Schadenersatz ab, den die Eltern des verletzten Kindes von ihr wegen vermeintlicher Verletzung der Aufsichtspflicht verlangen. Begründung des Versicherers: Es handele sich um eine organisierte, geplante Betreuung.

Diese Argumentation für sich genommen dürfte falsch sein, meint Michael Salzburg. Die Tatsache, dass die Betreuung organisiert und geplant erfolgt ist, stelle noch keinen Ablehnungsgrund dar. "Dann wäre ja nur eine chaotische und spontane Betreuung versichert", so der Berliner Makler. Der Versicherer habe offensichtlich nicht die Haftung verneint, sondern die Gewährung von Versicherungsschutz verweigert. Es wäre interessant, auf welche Bedingungspassage sich der Versicherer bei der Ablehnung der Deckung beruft. "Mir fällt nämlich kein anwendbarer Ausschluss ein", so der Makler.

Der Versicherer könnte sich womöglich auf den Ausschluss einer "verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art" berufen. Gemeint seien hiermit aber nur Tätigkeiten in gehobener Position, die so außergewöhnlich sind, dass sie die Grenzen der normalen Privatsphäre überschreiten, z. B. als Vorstand eines Sportvereins. Nach Salzburgs Meinung gehört es bei Familien mit Kindern aber zum normalen Leben, wenn sie sich mit anderen Eltern darüber abstimmen, wer Kinder wann wohin transportiert, auch wenn das mit einer gewissen Regelmäßigkeit geschieht. "Wenn das nicht zur Privatsphäre zu rechnen wäre, hinge über einem Großteil Privathaftpflichtversicherter mit Kindern ein Damoklesschwert."

Möglich wäre ansonsten allenfalls der Ausschluss in den AHB auf "Haftpflichtansprüche, soweit sie auf Grund Vertrags oder besonderer Zusagen über den Umfang der gesetzlichen Haftpflicht des Versicherungsnehmers hinausgehen." Dieser Ausschluss greife aber nur dann, wenn sich die Eltern vorher hingesetzt und zur Frage der Haftung Vereinbarungen getroffen hätten. "Das spielt im Alltag aber keine Rolle", weiß der Versicherungsmakler.

Typischer sei, dass man zum Beispiel fremde Kinder zum Geburtstag des eigenen Kindes einlädt. Dann gelte ohne gesonderte Vereinbarung nur die gesetzliche Haftung - "und die ist über die private Haftpflichtversicherung gedeckt", erklärt Salzburg. Lediglich wenn der Unfall während der Autofahrt bzw. bei Ein- oder Aussteigen passiert wäre, sei die Kfz-Haftpflichtversicherung zuständig.

Unklar sei allerdings auch die Anspruchsgrundlage der Eltern des verletzten Kindes. Wofür soll denn die Frau haften, die die Aufsicht hatte? Aus Aufsichtspflichtverletzung (nach § 832 BGB) sei nur für Schäden zu haften, die das Kind Dritten zufügt. "Dies ist aber in dem geschilderten Fall gar nicht passiert", sagt der Makler.

Erleidet das Kind selbst einen Schaden, kann es Ansprüche nur wegen schuldhafter Verursachung des Schadens geltend machen (nach § 823 BGB). Dafür ist Kausalität zwischen dem Verhalten der Versicherten und dem konkret eingetretenen Schaden erforderlich. "Bloßes Nichtbeaufsichtigen reicht dann nicht", sagt Michael Salzburg. Insofern hat der Versicherer im konkreten Fall zwar Deckungsschutz generell zu übernehmen, kann aber natürlich nach Prüfung der Umstände Schadenersatz ablehnen. Dann ist die Mutter aber auch persönlich nicht haftbar zu machen, folgert Salzburg. Dies gelte auch bei Regressforderungen für die medizinische Behandlung des verletzten Kindes und auch bei bleibenden Schäden. Lediglich bei schuldhafter Verursachung des Unfalls könnte die Mutter in Regress genommen werden.

Unterstrichen wird Salzburgs Einschätzung durch ein früheres Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf, das den Eltern eines beim Kindergeburtstag verletzten Kindes Schadenersatz und Schmerzensgeld verweigert hatte (Az: 22 U 1/98). Während der Feier war die Mutter des Kindes, das die anderen eingeladen hatte, kurz zu ihrer Nachbarin gegangen. In diesem Moment kam eines der 11-jährigen Mädchen einer brennenden Geburtstagskerze zu nahe und stand plötzlich in Flammen. Die Sache ging zwar glimpflich aus, aber nicht ohne Schmerzen und Nachwirkungen. So waren die Eltern des "angebrannten" Mädchens der Ansicht, die Mutter des Geburtstagskindes hätte die Kinder nicht alleine lassen dürfen. Die Richter entschieden jedoch, dass die Frau ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt habe. Bevor sie zur Nachbarin gegangen sei, habe sie die Kinder eindringlich vor der brennenden Kerze gewarnt. Die Elfjährigen seien alt genug gewesen, um diese Warnung zu verstehen und danach zu handeln.


















Autor(en): Detlef Pohl

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