Wechsel in PKV: Aufsicht will gegen störrische Ersatzkassen helfen

Kunden, denen unberechtigt ein Umstieg in die Private Krankenversicherung (PKV) verwehrt wird, will nun das Bundesversicherungsamt (BVA) in Bonn helfen. Das Amt hatte in einem Rundschreiben alle unter seiner Aufsicht stehenden Krankenkassen darüber informiert, dass Mindestbindungsfristen von Wahltarifen beim Austritt aus der gesetzlichen Krankenversicherung keine Wirkung entfalten. Demgegenüber hat aktuell die KKH-Allianz erklärt, sie teile diese Rechtsauffassung nicht.

Begründet wird dies mit einem Urteil des Sozialgerichts Duisburg. Auch der Verband der Ersatzkassen (VDEK) behauptet, das die Mindestbindungsfristen abgelaufen seinen müssen, bevor in die PKV gewechselt werden kann. Der Verband vertritt alle sechs Ersatzkassen mit rund 25,5 Millionen Versicherten und spricht so für Bamer GEK oder Techniker Krankenkasse. Gerade Ersatzkassen haben überproportional viele gut verdiendende Mitglieder, die jetzt aufgrund des Fallens der allgemeinen Drei-Jahres-Wartefrist in die PKV wechseln können.

"Sollten uns Fälle bekannt werden, in denen sich Krankenkassen nicht an unsere Rechtsauffassung halten, werden wir mit den betroffenen Krankenkassen in Kontakt treten", erklärt BVA-Sprecher Tobias Schmidt. "Betroffene können sich mit den ablehnenden Bescheiden oder Schreiben an unser Haus wenden", so Schmidt. Der Verband der Privaten Krankenversicherer begrüßte die Klarstellung des Amtes. Je nach Art des Wahltarifs, die es beispielsweise für Beitragsrückgewähr oder Selbstbeteiligung gibt, müssten Wechselwillige unberechtigt bis zu drei Jahren weiter in ihrer gesetzlichen Krankenkasse bleiben. Das kann für die Betroffenen fatale Folgen haben. "Vor dem Eintritt in die private Krankenversicherung steht immer eine Gesundheitsprüfung", erläutert Peter Schramm, unabhängiger PKV-Sachverständiger aus Eschborn. Wer als potenzieller Wechsler während der zusätzlichen Wartezeit in der gesetzlichen Krankenkasse krank wird, muss unter Umständen einen hohen Risikozuschlag zahlen oder wird von den privaten Krankenversicherungen gar nicht mehr angenommen.

Automatische Freiheit
Nach Meinung der Aufsichtsbehörde geht es aber beim Umstieg von einer gesetzlichen Krankenkasse zu einem privaten Anbieter nicht um eine Kündigung. Die freiwillige Mitgliedschaft in der Krankenkasse entstehe bei Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze Kraft Gesetz automatisch. Der Kunde muss nur seinen Austritt erklären, um in eine private Kasse zu wechseln. Die Grenze lag im Jahr 2010 bei 49.950 Euro und wurde Anfang 2011 sogar leicht auf 49.500 Euro abgesenkt. "Wörtlich kann man die Auffassung, dass die Mindestbindefrist von Wahltarifen für Wechsel keine Geltung haben, dem Gesetz nicht entnehmen", begründet Stefan Sieben vom VDEK die Praxis der Ersatzkassen. Demgegenüber wollen die rund 120 Betriebskrankenkassen freiwillige Mitglieder, die zu einem Privatanbieter wechseln wollen, ohne besondere Frist ziehen lassen. "Wir kennen das BVA-Rundschreiben und sind ebenfalls der Meinung, dass die Versicherungsfreiheit als höherwertiges Recht jeder Bindung aus Wahltarifen vorgeht", sagt Christine Richter, Pressesprecherin des BKK Bundesverbandes aus Berlin.

Einfach aussteigen
Wenn keine Einigung mit der Aufsichtsbehörde erfolgt, müssen Betroffene notfalls ihren Umstieg einklagen. "Sicherheitshalber können Wechselwillige mit einem privaten Anbieter eine große Anwartschaft vereinbaren", rät Experte Schramm. Dabei wird sowohl die Gesundheit als auch das Eintrittsalter auf den derzeitigen Stand eingefroren. Der tatsächliche Versicherungseintritt in den schon ausgewählten künftigen Tarif kann dann später erfolgt. Der Service muss jedoch zusätzlich bezahlt werden. Möglich ist es zudem, per Zusatzversicherung, etwa für Chefarzt plus Einbettzimmer und Option auf Höherversicherung den künftigen Einstieg in die PKV zu organisieren. Schramm: "Dann muss aber der Versicherer schriftlich bestätigen, dass der Wechsel nach Ablauf der Bindungsfrist erfolgen kann."

Ganz Mutigen schlägt der Experte noch einen anderen Weg vor: Wer versicherungsfrei werde, können einfach in eine private Kasse eintreten und seinen Arbeitgeber einfach anweisen nicht mehr an die gesetzliche Kasse zu zahlen. "Mit dem BVA-Rundschreiben im Rücken, sollte der Kunde eine Klage seiner Kasse erfolgreich abwehren können", glaubt Schramm.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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