Wann die KLV bei Bedürftigkeit zum Schonvermögen zählt

Wer sei 2003 mehr als 200 Euro Vermögen pro Lebensjahr besitzt, gilt nicht als bedürftig. Lediglich in Härtefällen kann er auf Arbeitslosenhilfe (heute: ALG II) hoffen, entschied das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 25. Mai 2005 (Az.: B 11a/11 AL 51/04). Wie schon in einem anderen Urteil, in dem ein Mann (58) seinen Bausparvertrag vorzeitig kündigen sollte, ging es um Kriterien, nach denen eine private Altersvorsorge bei Bedürftigkeit vorzeitig angegriffen werden muss.

Eine Frau hatte im Februar 2003 Arbeitslosenhilfe beantragt. Da sie zwei Lebensversicherungen mit einem Rückkaufswert besaß, der den ab 2003 gültigen Freibetrag von 200 Euro je Lebensjahr überstieg, zahlte das Arbeitsamt nicht. Sowohl das Sozialgericht Berlin als auch das Landessozialgericht Berlin (LSG) fanden das so in Ordnung. Begründung des LSG: Die Arbeitslosenhilfe-Verordnung besitze den Rang eines formellen Parlamentsgesetzes und sei als Bestandteil des so genannten Hartz-I-Gesetzes verfassungsgemäß.

Diese Auffassung hat das BSG nun zurückgewiesen. Die Verordnung sei eben nicht ermächtigungskonform, weil sie keine allgemeine Härteklausel für die Nichtverwertbarkeit von Vermögen mehr enthält. Das oberste Sozialgericht hatte die Verordnung bereits kurz vor Weihnachten 2004 mit zwei Urteilen massiv kritisiert und auseinander genommen. Seither gilt: Erstens gebe es kein Gesetz, dass jemanden zwingen könne, vorhandenes Vermögen gänzlich zu verbrauchen, bevor die Arbeitslosenhilfe bzw. ALG II einsetzt. Zweitens sind Härtefälle in jedem einzelnen Fall zu berücksichtigen, wobei die geltenden Freibetragsregelungen unzureichend seien. (Az.: B 7 AL 30/04 und 44/04).

Im Fall der Frau meinten die Richter, dass die Prüfung des Härtefalles zwingend vorzunehmen. Das LSG Berlin muss diese Prüfung jetzt nachholen. Die Chancen der Frau, ihre KLV als Schonvermögen behalten zu dürfen, stehen nicht schlecht. Immerhin hatte sie ihre Berufstätigkeit rund zehn Jahre für eine neuerliche Ausbildung samt Studium unterbrochen. Daher gebe es für sie deutlich weniger Altersrente, was zusätzlichen Absicherungsbedarf ausgelöst haben könne.

Seit 2005 hat der Gesetzgeber wieder eine allgemeine Härteklausel eingeführt. Insofern dürften wieder mehr KLV-Verträge als Schonvermögen anerkannt werden, zumal nun neben dem allgemeinen Grundfreibetrag von 200 Euro pro Lebensjahr ein zusätzlicher Freibetrag von 200 Euro pro Lebensjahr bei einer Altersvorsorgebindung des Vermögens eingeführt worden ist (Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB II). Generell gilt jedoch: Lebensversicherungen durften in erhöhtem Maß auf Arbeitslosenhilfe bzw. ALG II angerechnet werden. Nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit bedeutet eine besondere Härte, dass ein Betroffener durch die Kündigung mehr als zehn Prozent Verlust machen würde. "Wie sich der Verlust rechnerisch definiert, ist allerdings noch nicht rechtsverbindlich geklärt", weiß Rupert Lettenthaler vom Versicherungsmakler Marsh.

Da ALG II aus Steuergeldern finanziert wird, leitet der Staat eine grundsätzliche Zugriffsmöglichkeit auf privates Vermögen ab. Auf das ALG II können daher Ersparnisse und Altersvorsorgeprodukte angerechnet werden. "Der Zugriff ist jedoch ausgeschlossen bei Produkten, die im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossen wurden", sagt Lettenthaler. Auch bei anderen Vorsorgeformen gibt es Ausnahmen, insbesondere bei der Riester- und der Rürup-Rente. Bei Riesterverträgen gilt: Sämtliche Ansparungen (auch Zulagen) und Erträge dürfen gar nicht als Vermögen angerechnet werden. "Dieses Privileg gilt inzwischen auch für die neu eingeführte Basisrente", so Lettenthaler.

Besitzer einer KLV sollten vor Beantragung des ALG II die so genannte Hartz-Klausel in ihre Police aufnehmen lassen. Die Klausel besagt, dass eine Verwertung des privaten Altersvorsorgeproduktes vor Erreichen des Rentenalters unwiderruflich ausgeschlossen ist.





Autor(en): Detlef Pohl

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